Kapitel 52

522 36 16
                                    

POV Tim
Hamburg, Juli 2013
Ich war zum ersten Mal seit langem auf Tour mit Lukas und mir kamen schon anfangs Zweifel, wie wir das Ganze machen sollten – er und ich, mit Sex, mit Kuscheln, wie wir das mit den anderen machen würden, ob wir überhaupt Zeit dazu hätten und wie es mit Drogen (meinerseits zumindest) aussehen würde. Letzteres interessierte natürlich nur mich und ich wurde auch letztendlich von Bastis Spezialimport nicht enttäuscht. Wer jedoch am Ende enttäuscht war, war dann Lukas. Ich hatte versucht, ihn langsam auf meinen Drogenkonsum vorzubereiten, und doch passierte es immer wieder, dass er mich auf etwas sehen würde, von dem er wahrscheinlich nie gedacht hätte, dass ich es konsumieren würde (so wie Speed oder Kokain). Als ich damals bei Basti auf LSD war und mich vor versammelter Mannschaft ausziehen wollte, war Lukas ziemlich geschockt gewesen. Das war das erste Mal, an dem er mich auf etwas anderem als Gras gesehen hatte und nein, es gefiel ihm ganz und gar nicht. Er hatte mich irgendwann zu sich nachhause mitgenommen und wusste dann nicht so genau, was er mit mir anfangen sollte, bis die durch das LSD erhöhte Libido bei mir einsetzte und ich ihn stundenlang fickte (was ihm natürlich gefiel). Doch was ein paar Jahre später kam, gefiel ihm noch weniger und mir tat es am Ende wahnsinnig leid, vor allem, da ich nicht wusste, ob man das, was ich getan hatte, noch richten konnte...

Bei Basti zuhause, jetzt
„Bitte, Timmähh, nur eine Line, Alter! Ist doch nicht das erste Mal für dich. So schlimm wird das schon nicht sein. Du mixt doch eh immer alles!" Ich rollte die Augen, grinste jedoch, als ich Bastis Hundeblick bemerkte.
„Hmmm...Ok, aber nur, weil's gratis ist!"
„Für dich immer doch, Brudi!"
„Und nur eine!"
„Sowieso." Um ehrlich zu sein, dachte ich gar nicht an Lukas. Er war übrigens auch gar nicht da, er wollte an seinem Album arbeiten und hatte mich alleine zu Basti geschickt. Auch wenn ich mir das Drogenkonsumieren generell nicht ausreden ließ, war es im Endeffekt eine schlechte Idee, wie er mich ohne ihn dorthin gehen ließ. Eine Line wurde schnell zu drei Lines und mir ging es prächtig – wie immer, wenn ich Drogen nahm. Es war tatsächlich nicht das erste Mal, dass ich kokste, doch war es das erste Mal, dass ich so eine Reaktion darauf hatte, wie ich sie wenig später an dem Abend haben sollte. Ein paar Stunden später zog ich noch eine letzte Line und ging dann nachhause zu Lukas, der immer noch in seinem Studio saß und an irgendetwas werkelte. Und ich? Ich war ungeduldig, zappelig, hibbelig. Wollte jetzt was machen, mit Lukas, weshalb ich auch ständig in sein Büro ging und ihn nervte:
„Luuuukiiii! Jetzt hör doch auf und komm zu mir!"
„Ich würde ja gerne, aber ich muss das hier echt noch fertigbekommen, Timi. Das ist wirklich wichtig, ich bin in einer Stunde fertig." Der Mann hatte eine Engelsgeduld. Aus dieser einen Stunde wurden schnell zwei und langsam verlor ich die Geduld. Ich wollte etwas machen, ich war immer noch energiegeladen, euphorisch und ungeduldig, weshalb ich Lukas immer weiterhin belästigte, bis er endlich von seinem Stuhl aufstand und mit saurer Miene auf mich zuging. Ich glaube, ich hatte ihn noch nie so genervt und wütend gesehen. Auch wenn gestern Abend ich derjenige gewesen war, der wütend war, der ihn angeschrien hatte. Wir hatten den gestrigen Streit zwar nicht vergessen, jedoch hatte wir beide versucht, ihn zu verdrängen. Und jetzt kam alles wieder hoch.

„Tim. Ich. Arbeite. Hier. Lass. Mich. In. Ruhe", presste er hinter zusammengebissenen Zähnen hervor.
„Meine Fresse, bist du drauf. Nie hast du Zeit für mich, du wolltest schon nicht mit auf die Party, jetzt arbeitest du wieder, wahrscheinlich die ganze Nacht lang..." Ich kam nicht weiter, da Lukas mich aus dem Zimmer schob und mir die Tür vor der Nase zuschlug. Und dann gingen bei mir alle Sicherungen durch, wie es normalerweise nie passieren würde.
„MACH DIE SCHEISS-TÜR AUF!" Ich hämmerte dagegen und im Nachhinein bin ich erstaunt, dass die Nachbarn sich nicht beschwert hatten, vor allem bei dem, was danach kam. Vielleicht hatten sie sich dann doch bei Lukas beschwert. Ich hoffte nicht.
„Ich muss arbeiten! Geh weg, Tim." Ich wurde immer aggressiver (danke, Kokain), bis Lukas schließlich erschöpft die Tür aufmachte und auf eine Erklärung wartete.
„Was soll das? Du arbeitest schon den ganzen Abend! Mach mal Feierabend."
„Ich könnte dich das gleiche fragen! Was hast du eigentlich genommen, dass du so drauf bist? Ich habe dich noch nie so gesehen, Tim." Er war ruhig. Wie immer war Lukas total ruhig. Und dies entfachte meine Aggression noch viel mehr. Ich ging einen Schritt auf ihn zu, woraufhin mein Freund sofort zurückwich.
„Ich tu dir doch nichts! Wieso reagierst du denn so verschreckt?"
„Weil du offensichtlich irgendetwas eingeschmissen hast, was deinen Charakter verändert hat und mir das, was ich hier sehe, nicht gefällt. Weil ich nicht weiß, wie du reagieren wirst, weil das, was du gerade machst, mir Angst macht."
„Mensch, Lukas, vielleicht hätte ich gerne gehabt, dass du mitkommst?! Vielleicht will ich auch mal was mit dir zusammen erleben, nicht immer alleine rausgehen."
„Ich bin doch eh immer dabei! Ich wollte nur heute mal was schaffen."
„Mal was schaffen? Weil ich nichts hinkriege, oder was?"
„Was? Nein, Tim, was für mein Album schaffen. Wie kommst du denn jetzt darauf?"

Gib mir die HandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt