Wärmflasche

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Langsam wurde es im Raum immer dunkler. Ich war müde, hatte Hunger und fühlte mich ziemlich dreckig, weil ich seit vorgestern nicht mehr geduscht hatte. Hoffentlich fiel Liam das nicht auf. Auf einmal öffnete sich die Bodenluke. Heraus kam eine Wärmflasche. Ich sprang sofort

auf und griff nach ihr, Liam ebenfalls. Wir knallten hart aneinander. Er rieb sich den Kopf und verzog sein Gesicht. "Hey, das ist meine!" knurrte er. Ach ja... Zögernd trat ich einen Schritt zurück. Sofort griff Liam sich die Flasche und presste sie an sich. Unwillkürlich musste ich zittern. Scheiße... Hätte ich mir auch die Haare abschneiden sollen? durchfuhr es mich. Zögernd legte ich mich in mein Bett und wickelte meine Wolldecke um mich. Noch war es einigermaßen warm... Liam blickte mich an, als wolle er mich durchbohren. Ich hätte zu gerne gewusst, was er gerade dachte. Mit diesen Gedanken dämmerte ich ein.

Ich wurde durch mein eigenes Zähneklappern geweckt. Um mich herum war es so schwarz, dass ich garnichts erkennen konnte. Mit einemmal bekam ich Angst. Würde ich jetzt erfrieren? Wieso teilte Lian die Wärmflasche nicht mit mir? Wollte er mir nicht wieder so nahe kommen wie gestern? Oder dachte er garnicht an mich? Dachte überhaupt jemand an mich? Meine Mutter? Cookie? Ich fing an zu schluchzen. Mein ganzer Körper zitterte, teils durch das Weinen, teils durch die schneidende Kälte. Meine Zehen taten weh. Es fühlte sich an, als würde unser Entführer noch zusätzlich kalte Luft durch alle Ritzen im Boden blasen. Auf einmal fühlte ich eine Hand auf meiner Schulter. Ich schrie auf! Scheiße! Voller Panik schlug ich auf die Hand ein. Ich konnte garnichts sehen. Plötzlich hörte ich ein Stöhnen. "Mann Manu, ich bin es nur, ich lebe hier auch, schon vergessen?"

Liam.

"Was willst du?" schrie ich, während mir Tränen über dir Wangen liefen. Er kam näher. Seine Hand wanderte suchend meinen Hals entlang, bis er mein Gesicht erreichte. Ich drehte meinen Kopf weg, doch er zog ihn wieder zu sich. "Weinst du?" "NEIN!" brüllte ich. "Warum sollte ich weinen, mir GEHTS DOCH TOTAL GUT!" Seine Hand wischte ein paar meiner Tränen weg. Als er meine kalte Haut berührte zuckte er zusammen. "Wow, ist dir echt so kalt? Gestern war das doch nicht so!" "Die müssen hier irgendwie kalte Luft reingeblasen haben." murmelte ich und fing wieder an zu zittern.

Liam sagte nichts. Dann drehte er mich langsam zu sich um und legte zögerlich einen Arm um mich. Von seiner Wärme angezogen drückte ich mich sofort dicht an ihn. Sein Körper war durch die Wärmflasche so angeheizt dass mir ein Schauer über den Rücken lief. Liam sagte immer noch nichts, legte aber seinen anderen Arm auch um mich und hob mich hoch. Erschrocken wollte ich mich von ihm losmachen, aber er war zu stark. "Lass mich los!" flüstere ich, aber er presste mich nur noch stärker an sich und ging mit mir zu seinem Bett. "Hier!" murmelte er und drückte mir seine Wärmflasche in die Hand. Meine steifen Finger spürten schon die Wärme aber ich stoppte. "Und was ist mit dir?" Er schwieg. Da tastete ich mich langsam zu ihm hin und kuschelte mich wieder an ihn, die Flasche zwischen uns gedrückt. Er zuckte kurz, aber schlang sofort wieder seine Arme um mich. Wir sagten kein Wort. Aber ich fühlte mich sicher bei ihm. Er war so stark, ich konnte es durch seinen Pullover hindurch spüren. Ich presste meinen Kopf an seine Schulter und atmete tief ein. Seine Brust hob und senkte sich regelmäßig und dadurch beruhigt fiel ich langsam in den Schlaf. Das letzte was ich spürte waren Liams Arme, die eine Wolldecke fest um uns wickelte.

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