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Mit großen Schwimmzügen schwamm ich auf den Stein in der Mitte des Tümpels zu. Pflanzen umgaben meine Beine und ich verschluckte mich fast an dem eiskalten Wasser. Endlich hatte ich den Stein umfasst und zog mich hoch. Meine Unterwäsche klebte an mir und meine Finger waren blau. Trotzdem griff ich fast zu hektisch nach dem Medizinfläschchen. Als ich das Plastik fühlen konnte, schluchzte ich vor Erleichterung auf. Danke Gott! Doch noch war ich nicht am Ende...

Schnell steckte ich die Flasche in meinen BH und sprang wieder ins Wasser. Es war ganz still und ruhig, nur die Wellen von meinen Schwimmbewegungen durchbrachen die spiegelglatte Oberfläche des Tümpels. Ich schwamm immer schneller. Endlich umfasste ich das rettende Ende meines "Seils": meine Hose, die über dem Wasser baumelte. Ich schaute nach oben, die Klippe war steil und kantig. Wie soll ich das je schaffen? Ich MUSSTE da hoch. Ich war zwar nicht ganz unsportlich, aber ein solches "Seil" hochzuklettern war für mich fast unmöglich. Ich klammerte mich fest an mein eines Hosenbein, um nicht unterzugehen.

Doch auf einmal wurde ich mit dem Seil in die Höhe gezogen! Ich fing an zu schreien, als würde ich sterben. Ich schrie und schrie. Meine Beine wurden von den scharfen Steinen und Kanten der Klippe aufgeratscht und meine Hand umklammerte das Seil so fest, dass die Knöchel weiß hervortraten. Plötzlich wurde ich mit einem letzten Ruck auf festen Boden gezogen.

Sofort fing ich an zum Gang zurück zu rennen, um zum Eingang zu gelangen. Ich drehte mich nicht um, um zu gucken, wer mich da heraufgezogen hatte. Ich hörte nur mich verfolgende Schritte und lief schneller, nur in Unterhose und BH, in dem noch immer die Medizin eingeklemmt war. Ich sprang über Steine und Wurzeln, mein Atem ging keuchend. Als ich mich dann doch umdrehte, sah ich eine schwarze Kapuze und wusste sofort wer mich verfolgte, und dass ließ mich nur noch schneller rennen. Ich hatte schreckliches Seitenstechen. Scharfe Kurven nach links und rechts. Wie bei Temple Run! schoss es mir durch den Kopf. Ich konnte nicht mehr.

Ich stürzte aus dem dunklen Gang heraus, Licht umschloss mich und ich sah nichts mehr. Mit einem Satz sprang ich in den Kanal und spürte,  wie mich ein Strudel erfasste und nach unten zog. Das letzte was ich sah, war eine schwarze Gestalt...

In mir drehte sich alles. Schwarze Kapuzen, die Höhle, der Gang... und Liam... Langsam wurde mein Kopf wieder klarer. Ich sah mich um und erschrak: ich saß, nur in Unterwäsche, auf dem großen Tablett, neben mir zwei Schalen mit Brei. Das Tablett surrte wie ein Aufzug nach oben, und als ich nach unten blickte, erkannte ich den Schacht, in den ich hineingefallen war, als Liam mich losgelassen hatte. Sein Ende konnte man nicht erkennen, er endete in schwarzer Finsternis. Aber ich wusste wo ich war und das beruhigte mich; denn eins war klar: ich wurde zurück gebracht, in den Raum in dem ich mit Liam eingesperrt worden war. Über mir öffnete sich die Luke und das Licht blendete mich. Sofort schoss mir Wärme in den Körper. Liam? Die Luke schloss sich unter mir. Ich erkannte den Raum...und ich sah IHN. Liam.

Er blickte mich an, seine Augen waren dunkel und sein Gesicht war blass. Ich zitterte. "Manu?" flüsterte er mir zu, und ich sah im nur in seine Augen und fing an zu weinen. Liam stürzte auf mich zu und riss mich unsanft hoch. "SCHEIßE! Was ist mit dir denn passiert?" brüllte er und riss mich herum. Vor meinen Augen drehte sich alles und ich fing an zu heulen, Tränen liefen über meine Wange und mein Kinn hinunter.

Sofort hörte Liam auf zu schreien. Sein Blick wurde sanft. Er strich mir mit seiner warmen Hand über den Nacken und wischte die Erde und den Schlamm aus meinem Gesicht. Mein Körper fing an zu kribbeln. Mit großen Augen starrte ich ihn an. "Ich hab dich echt... ich hab dich..." stammelte ich. Ich wollte ihm sagen, wie oft ich an ihn gedacht hatte, wie wichtig er mir jetzt schon war. "Was?" murmelte er, während er konzentriert meine Haarsträhnen hinter mein Ohr steckte. "Ich hab dich vermisst!" Wieder musste ich schluchzen, und als ich wieder zu Liam aufblickte, lag eine Mischung aus Sorge, Angst und Trauer in seinen braunen Augen. "Ich weiß." sagte er nur kurz. Seine Hände umfassten meine Schultern und strichen meinen Rücken entlang. Ganz langsam zog er mich zu sich ran. Ich hielt es nicht mehr aus. Wie eine Ertrinkende presste ich mich an ihn und umklammerte seinen Hals.Ich fühlte, roch und sah nur noch Liam. Seine Wange strich meinen Hals entlang und er drückte mich fest an sich. Wir taumelten gegen die Wand und fielen auf mein Bett und in meinem Bauch wirbelte alles durcheinander. Ich konnte nur noch an eines denken: Liam.

EntführtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt