Allein

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Stunden saß ich neben dem Bett, an die Wand gelehnt. Tränen flossen aus meinen Augen und tropften über meine Wangen bis auf den Boden. Ich war alleine. Liam war weg. Jetzt gab es keine Umarmungen mehr, kein Lachen und keine ... keine Küsse. Ich konnte nicht mehr. Das einzige was ich wollte, war Liam, und den hatte man mir weggenommen. Ich schlang meine Arme um meine Knie und schluchzte. Ich weiß nicht wie lange ich da saß und einfach nur heulte. Aber als ich endlich meinen Kopf hob und meine Arme aus der Umklammerung löste, fühlte es sich an, als hätte ich all meine Tränen aus mir herausgeweint. Meine Augen waren wieder trocken, aber in meinem Herzen war alles kaputt. Ich hatte Angst. Was würden meine Entführer mir noch antun? Sofort zog sich meine Brust schmerzhaft zusammen und es stiegen wieder Tränen in meine Augen. Ich sah alles nur noch verschwommen, stand aber trotzdem auf und torkelte auf Liams Bett zu. Ich ließ mich auf die Matratze fallen und roch an Liams Kopfkissen. Es roch wunderbar nach ihm, und erneut tropften Tränen in das Kissen. Liam... Mit den Gedanken bei ihm schlief ich ein.

Ich erwachte durch eine Hand, die mich grob an der Schulter rüttelte. Erschrocken riss ich die Augen auf. Vor mir stand ein Mann mit schwarzem Umhang. Sofort zuckte ich zusammen und stieß seine Hand weg. Zum ersten Mal konnte ich das Gesicht eines dieser Männer sehen: er hatte ein kantiges Gesicht, Bartstoppeln am Kinn und einen merkwürdigen stechenden Blick. Schnell wandte ich meinen Kopf von ihm ab und rutschte von ihm weg an die Wand. Angst überkam mich. Panisch überlegte ich, was ich machen sollte. Hilfe! Was hatte der Mann mit mir vor? Doch zu meinem großen Erstaunen setzte er sich einfach auf das gegenüberliegende Ende des Bettes, nicht ohne mich weiterhin durchdringend zu beobachten. Mein Herz klopfte. Ich versuchte überall anders hinzugucken als zu ihm. Und ich wusste, dass ich keine Chance gegen ihn hatte. Er war fast zwei Köpfe größer als ich und unter seinem Mantel konnte man seine kräftige Armmuskeln erkennen. Ich war verloren.

Ängstlich versuchte ich tief aus und ein zu atmen um mich zu beruhigen. In dem Moment sprang die Projektion über meinem Bett an. Ich schrie auf. Denn neben unserem Entführer sah man keinen anderen als Liam sitzen. Sein rechtes Auge war geschwollen und er hatte eine große Beule an seinem Hinterkopf. Sein Gesichtsausdruck war kalt und hasserfüllt, doch als er mich sah, fingen seine Augen an zu strahlen. Glücklich lächelte ich ihn an. Doch auf einmal verhärteten sich seine Gesichtszüge. Ich begriff den Grund dafür, als eine kalte Hand sich auf meine Schulter legte. Schnell drehte ich mich um, und wollte mich dem Mann entziehen. Doch er drückte mich noch fester an sich. "Hey!" schrie ich ihn an, aber er grinste nur hämisch. Erschrocken wand ich mich in seinem Griff. Das hätte ich nicht tun sollen, denn er kniff die Augen zusammen, schlug mir ins Gesicht und ließ mich los.

Ich taumelte zurück. Meine Wange brannte und pochte schmerzhaft. Scheiße! Tränen traten mir in die Augen. Nur jetzt nicht heulen...nicht heulen...Ich sah zu Liam. Sein ganzer Körper war angespannt und in seinen Augen konnte ich die unglaubliche Wut sehen, die in ihm aufstieg. Ein Geräusch ließ mich herumfahren. Der Mann stand vor mir und hob die Faust. Mein Herschlag setzte für einen Moment aus. Bitte nicht...Ich konnte nur noch "Nein!" keuchen, als ein Hagel von harten Schlägen auf mich niederprasselte. Schläge in meinen Bauch und mein Gesicht. Ich schrie auf. Das einzige was ich fühlte war Schmerz. Als ich erneut einen harten Faustschlag in meinen Magen bekam, fiel ich zu Boden. Ich musste würgen und bekam keine Luft mehr. Mein Kopf dröhnte und ich schrie und schrie. Der Mann trat mir ins Gesicht und ich fühlte meine Haut aufreissen. Endlich ließ er von mir ab. Ich spürte Blut von meiner Stirn laufen. Die Schmerzen erfüllten meinen Körper und ich hatte das Gefühl, als ob ich nie mehr aufstehen könnte. Mein Blick ging zu der Projektion. Liam saß wie versteinert auf seinem Stuhl, aber sein Gesicht zeigte keine Gefühle. Ich schluckte. Wieso? War ihm das egal? Tränen liefen mir über die Wangen und ich fing an zu zittern. Liam war das egal!  

Plötzlich stand der Mann wieder über mir. Ich zuckte zusammen. Alles würde ich machen, nur um nicht nocheinmal solche Schmerzen aushalten zu müssen. Doch stattdessen zog er mich sachte hoch und stellte sich dicht vor mich. Stocksteif blieb ich stehen. Ich hatte Angst, dass nur eine kleine Bewegung von mir ihn dazu bringen würde, mich wieder zu schlagen. Aber er zog mich nur immer näher zu sich. Eigentlich wollte ich jetzt nur, vom Ekel gepackt, weglaufen. Doch ich konnte nicht. Die Angst lähmte mich. Immer näher kam sein Gesicht meinem. Verzweifelt blickte ich auf die Projektion zu Liam. Er hatte den Blick abgewandt und schaute zu Boden. Plötzlich aber trat unser Entführer neben ihm und drehte seinen Kopf nach oben, sodass Liam gezwungen war, mich anzugucken. In seinen braunen Augen lag Schmerz, der aber sofort verschwand, als der Entführer ihm in die Seite stieß. Sofort war Liam wieder gleichgültig. Ich schluckte.

Als ich meinen Blick von Liam abwandte, sah ich direkt in die schwarzen Augen des Mannes mit dem Mantel. Ich konnte seinen Atem auf meinem Gesicht spüren. Und jetzt wusste ich, was er vorhatte. Gerade als ich alles begriff, lagen seine Lippen auf meinen. Er küsste mich. Seine Hände griffen in meine Haare und sein Mund drückte sich stärker auf meinen. Ich erstarrte. Ekel stieg in mir auf. Nein! Ich wollte nur Liam küssen. Verzweifelt wollte ich den Mann von mir stoßen, doch er packte meine Handgelenke mit seinen eiskalten Fingern und hörte nicht auf, mich zu küssen. Es fühlte sich schrecklich an. Die Wärme aus Liams Kuss fehlte, und seine Lippen waren kalt und hart. Er küsste mich nicht sanft, sondern gierig und fordernd. Ich fing an zu weinen. Als Antwort darauf krallte er seine Finger in meine Seite. Ich keuchte. Auf einmal ließ er mich los. Ich fiel auf Liams Bett. Sofort fuhr ich mit meinen Händen über meinen Mund, ich wollte alles von diesem Kuss einfach wegwischen. Ich fühlte mich benutzt und wertlos. Fast so, als wäre ich vergewaltigt worden. Was ich ja auch eigentlich war. Ich schluchzte. Der Mann stand auf. Ohne ein Wort zu sagen öffnete er die Tür und verschwand. Ich blickte zur Projektion. Liam saß dort, alleine. Sein Blick war starr. Als ich ihm in die Augen schauen wollte, drehte er seinen Kopf zur Seite. Trauer durchfuhr mich. Irgendwie war mir alles egal. Keiner interessierte sich für mich. Selbst Liam nicht. "Liam!" schrie ich ihn an. "Wie kannst du einfach so tun, als würde dir das egal sein?" Meine Stimme überschlug sich und mein Kopf pochte. Jetzt spürte ich wieder alle Schmerzen und ich keuchte auf. Das letzte was ich sah, war der Entführer, der Liam wegbrachte. Dann verschwand die Projektion. Ich fiel in ein schwarzes Loch.

Halloo :) ich wollte nur mal fragen, was ihr jetzt so über Liam denkt, oder ob ihr schon Ideen habt, warum er so reagiert hat!? Ich hoffe euch gefällt das Kapitel und wenn ihr noch mehr Ideen für Aufgaben usw für Liam und Manu habt, schreibt es einfach in die Kommentare!

Und achja: Daankee dass ihr immer so viel voted und kommentiert! Ihr wisst garnicht wie ich mich darüber immer freue :D

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