19. Artemia

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Bald schlägt es Mitternacht. Ich habe in weniger als zwanzig Minuten Geburtstag und werde eine Hüterin. Meine Gefühle fahren Achterbahn, zuerst Arsena, der mich im Sturm erobert hat und mir seine Geheimnisse anvertraut hat, dann Mia die mir ihre Liebe zu Michael gestanden hat und noch die Tatsache, dass ich eine Hüterin bin. Natürlich nicht vollständig, jedoch nah dran. Sollte ich mich nicht schon anders fühlen? Ich binde meine Haare zu einem chaotischen Dutt und mache mich auf die Suche nach etwas essbarem. Der Tag flog förmlich an uns vorüber, die Stunden mit Arsena sind so schnell an mir vorbei gerast, ich habe ich nicht mal mitbekommen wie lange wir uns geliebt haben, nur sein plötzliches Verschwinden nach dem Sex habe ich nüchtern realisiert. Er gab mir noch einen flüchtigen Kuss bevor er durch die Türe verschwand. Jovuska war zu dieser Zeit schon zu Hause. Wann sie gekommen war wusste ich nicht, ich hatte sie einfach nicht gehört, obwohl meine Hörweite erstaunlich war. Wo steckt Arsena bloss? Gerade als ich mein Handy suchen möchte, höre ich es auf dem Küchentresen klingeln. Eine unbekannte Nummer, ich beschliesse es klingeln zu lassen. Nach nur kurzer Zeit halte ich es nicht aus und gehe ran.

"Ja, Hallo?", sage ich lässig.

"Mia", meinen Namen in seinem Mund zu hören macht mich schon feucht. Arsena.

"Wo bist du?", ich muss nicht fragen wer es ist, ich spüre es.

"Unwichtig, ich werde gleich zu euch stossen. Mia, wo bist du genau?", was sollte diese Frage?

"Ich bin natürlich in deiner Wohnung, wo sollte ich sonst sein?", langsam fange ich an mich zu fragen ob er auf Drogen ist. Er kommt mir ziemlich komisch vor.

"Aha und die wäre wo?", ich verstehe nicht. Gerade als ich weiterreden möchte, sehe ich Jovuska im Augenwinkel auf mich zu kommen. Sie sieht mich fragend an. Ich deute mit dem Finger auf mein Handy und forme mit meinen Lippen Arsena. Sie deutet meinen Blick richtig und sagt mir ich solle auf Laut stellen, genau in dem Moment spricht Arsena weiter.

".. nun ich weiss Schatz, wie sich das für dich anhört aber ich muss wissen wo du genau bist", dieses genau, betont er ziemlich und er nennt mich nie Schatz.

"Verpiss dich du elender Dervit!", höre ich Jovuska in das Handy schreien. Sie nimmt es mir aus der Hand und wirbelt herum bis zum Wohnzimmer, öffnet ein Fenster und schmeisst es weg. Nicht nur aus dem Fenster, sondern echt weit weg. Die Frau hat einen guten Wurfarm. Ich bin noch mehr verwirrt als vorhin.

"Was zur Hölle soll das? Kannst du mir das erklären?", ich sehe sie an und sie dreht sich gefährlich zu mir herum.

"Wieso würde Arsena dich fragen wo du bist, wenn du doch ganz genau weisst was seine Anweisungen an dich waren?", ihre Augen sind wütend zu schlitzen gepresst und ihre Lippen bilden eine dünne Linie. Sie sieht echt sauer aus. Sie legt die Hände ans Gesicht und setzt sich hin.

"Ich verstehe nicht was daran so schlimm sein soll? Bitte klär mich auf!"

Jovuska sieht mich an und seufzt. "Das am Handy war nicht Arsena. Es war ein Dervit der dich, meine zukünftige Königin, sucht. Wahrscheinlich hat er uns geortet. Wir müssen vorsichtig sein.. doch du verwandelst dich bald.. Ich muss eine Lösung suchen, lass mich einen Moment allein", ich wollte auf sie zu gehen, doch ihr Blick war starr geradeaus. Erst jetzt bemerke ich, dass sie kein Make-Up trägt. Sie ist von Natur aus wunderschön, sie bräuchte dieses Zeug gar nicht. Was mache ich mir vor, ich trage es auch. Nun gut ich lasse sie allein und gehe in die Küche ich werde versuchen mich zu konzentrieren und uns etwas kochen. Ein Dervit? Wahrscheinlich wieder irgend so ein Dämon, der mir an den Hals will. Ich beschliesse etwas asiatisches zu kochen, Reis mit Pute und Süsssauer. Ich verhungere gleich und ich kann mich nicht beherrschen wenn ich hungrig bin. Gerade als ich mich auf die Suche nach einer Pfanne machen will, höre ich draussen vor der Haustüre ein scharrendes Geräusch. Ich beschliesse Jovuska nicht damit zu nerven und gehe selbst zur Tür. Durch den Spion erkenne ich Arsena. Gott sei Dank. Ich öffne ihm die Tür und sehe ihm tief in die Augen.

"Endlich, hab ich dich gefunden", höre ich ihn lasziv sagen. Mein inneres versteift sich. Ich habe ein ungutes Gefühl, ignoriere es aber prompt.

"Komm doch rein, warum stehst du da draussen rum?", seine Augen weiten sich und er schlängelt sich an mir vorbei. Genau in dem Moment höre ich Jovuska von Hinten, einen Tick zu spät schreien.

"Lass ihn nicht rein, das ist nicht Arsena!", kaum hat sie die Worte ausgesprochen sehe ich wie Arsena sich in eine feuerrote Gestalt verwandelt. Die Gestalt hat keinen Mund und keine Nase, sondern grosse Augen über das ganze Gesicht verteilt. Die Haut sieht verbrannt und schuppig zugleich aus, der Dämon hat an Händen und Füssen riesige Krallen und ich spüre wie es mich fixiert, ich kann mich nicht bewegen. Es kommt auf mich zu. Von Hinten springt Jovuska den Dämon an und versucht ihm den Kopf abzureissen, der Dämon verliert kurz das Gleichgewicht und erwischt Jovuska mit seinen Krallen und schleudert sie ins Wohnzimmer zurück, ich sehe zu wie Jovuska liegen bleibt und sich nicht rührt. Meine Angst wächst, der Dämon fixiert mich erneut. Okay, nun liegt es an mir. Stirb oder leb etwas dazwischen gibt es nicht, ich werde mich nicht beugen, nicht für ihn und auch sonst für keinen Dämon dieser Welt! Ich erinnere mich an das letzte Mal mit Sarah, ich versuche meine Angst zu kanalisieren, sie zu bändigen. Ich spüre einen ungeheuren Schmerz in meiner Brust und in meinem Rücken, meine Muskeln verkrampfen sich und scheinen zu platzen. Nein, nicht nachgeben! Bleib Wach Mia! Ich halte mich an der Wand vom Flur fest, fixiere den Dämon.

"Ich werde dich mitnehmen", höre ich den Dämon in einer tiefen verzerrten Stimme sagen.

"Das werden wir sehen!", mit diesen Worten wappne ich mich zum Angriff, meine Haut glüht, meine Gedanken sind hier bereit meinen Muskeln Anweisungen zu geben. Ich habe ein euphorisches Gefühl, ich schmecke Blut und es treibt mich an. So etwas habe ich noch nie gefühlt. Der verfluchte Dämon kommt auf mich zu, ich zögere nicht und renne auf ihn los, ich brauche mehr Platz. Kaum habe ich das Gedacht, bin ich schon zwischen des Dämons Beinen hindurch ins Wohnzimmer gerutscht und habe mich wieder auf die Beine gestellt. Der Schmerz wird unerträglicher und ich versuche ihn zu ignorieren. Ich höre die Glocke läuten, es ist Mitternacht. Meine Verwandlung ist nah, na dann mal los. Ich schreie auf, der Dämon zuckt zurück und sieht es als Chance mich anzugreifen, er verpasst mir einen Schlag mit der Faust, ich werde an den Küchentresen geschleudert und verspüre einen Schmerz an meiner linken Seite, dieser Schmerz verwandelt sich in eine Macht die mir bislang unbekannt war. Ich lasse mich nicht von einem Dämon verprügeln! Ich stehe auf, bereit tapfer zu sterben. Ich laufe auf den Dämon zu, springe ihn an und versuche mit meinen Fäusten auf seine grossen Augen zu zielen, ich erwische das rechte Auge und er krächzt auf und reisst mich mit einem Hieb von sich herunter, instinktiv versuche ich wieder seine Augen zu erreichen und weiche seinem Schlag aus, er hinterlässt ein grosses Loch im Wohnzimmerboden. Ich drehe mich weg und stehe auf, plötzlich sehe ich Arsena durch die Tür kommen. Er rennt auf mich zu, doch ich bin schneller. Ich bin auf dem Dämon und habe eine geballte Wut und Energie in mir. Meine Haut glüht blau, ich schmecke Blut und Metall, meine Augen sehen klar und ich will Freiheit. Freiheit für Mich, Freiheit für meine Flügel.

"Kommt heraus", kaum habe ich die Worte ausgesprochen, höre ich es in meine Rücken knacken und brechen. Ich sehe Hautfetzen um mich herum und viel Blut, der Schmerz scheint mich zu betäuben so stark ist er. Doch ich gebe noch nicht auf, ich klammere mich an den Kopf des Derviten und ich werde erst aufhören wenn er tot ist, dies ist meine Aufgabe. Meine Zeit mich zu beweisen. Ich werde ihn töten, diese Gedanken steuern mich an und ich will meine Flügel brauchen, ich merke wie feucht und schwer sie sind. Ich schüttle sie ein zweimal, halte den Derviten der noch immer versucht mich herunter zu reissen. Er packt mich an den Flügeln und sie bohren sich instinktiv in sein Fleisch. An der Flügelspitze sehe ich nun eine rote Feder, diese Feder ist schärfer als jedes Messer das ich kenne. Es durchbohrt den Derviten wie Butter. Er schreit auf, krümmt sich. Ich lasse den Derviten los und Befehle meinen Flügeln ihn zur Strecke zu bringen. Meine Flügel umanteln mich und bohren die roten Federn direkt in die Augen des Derviten. Der Dervit verpufft unter mir, zurück bleibt ein wenig Asche. Ich merke nur noch wie meine Flügel mich halten und meine Beine nachgeben.. Ich sehe Lichter.

"Arsena, Babe?"..

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