15. For some reason

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*Home - Joe Moore*

Panisch stand ich vor dem Haus, das gerade Geschehene unvergessen in meinen Kopf eingebrannt. Das konnte nicht wahr sein. Das durfte nicht wahr sein.

Wir waren betrunken. Bekifft. Es war einfach so passiert, es bedeutete nichts, redete ich mir ein.

Und auch wenn ich mich irgendwo so fühlte, als hätte ich gerade Justin dazu verführt Hailey zu betrügen, fühlte ich auch Hoffnung.

Hoffnung, dass ich ihm etwas bedeutete.

Und doch ließen sich die Tatsachen nicht von der Hand weisen: Wir waren eben wirklich betrunken und bekifft gewesen. Man tut dumme Sachen.

War ich vor nicht einmal einer Stunde zu fertig um aufzustehen, so war ich nun komplett nüchtern.

Und leider realisierte ich nun auch mit voller Wucht, was ich getan hatte.

Ich hatte meine große Liebe geküsst. Ich hätte nie gedacht, ihn treffen zu dürfen, als wir Freunde wurden war es unwirklich und nun? Wir hatten uns geküsst?

Es war halb eins und ich war hundemüde. Ich ging auf die Haustür, als mir siedend heiß einfiel, dass ich keinen Schlüssel mit hatte. Möglichst leise, um niemanden aufzuwecken, schlich ich fluchend um das Haus herum in den Garten. Glücklicherweise war ich öfter vergesslich und hatte so schon öfter vom Ersatzschlüssel Gebrauch machen müssen. Logischerweise kannte ich also das Versteck und hob nun vorsichtig den großen Blumentopf an.

Erleichtert stieß ich die angehaltene Luft aus, als ich den Schlüssel erkannte. Ich hatte mir schon ausgemalt, wie ich frierend die Nacht im Freien verbringen musste.

Leise schloss ich auf, nahm meinen eigenen Schlüssel vom Board und versteckte den anderen wieder am Stammplatz.

Oben in meinem Zimmer legte ich mich ins Bett und versuchte zu schlafen, doch die Gedanken schwirrten in meinem Kopf und mir wurde klar, was ich zu tun hatte. Vorsichtig tastete ich nach meinem Handy, das auf dem gleichen Platz wie vorhin lag, und tippte eine altbekannte Nimmer ein.

»Wenn du nicht einen verdammt guten Grund hast um halb drei Uhr morgens bei mir anzurufen, Stacy, ich schwöre ich mach Hackfleisch aus dir!«, knurrte Jo ins Mikrofon.

Ich schluchzte auf.

Nun erschrocken fragte Jo nach:

»Stacy, was ist los?«

»Just-«, meine Stimme brach und ich musste wieder an das Gefühl von seinen Lippen denken.

»Was ist los mit Justin?«

»Wir- Er hat mi-, mich angerufen und-  Und wir haben- Gefeiert und dann-«

»Was dann, Stacy?«

»Wir haben uns geküsst«, leise sprach ich das aus, was das Schönste und Schrecklichste zugleich war, was ich seit langem erlebt hatte.

Jo jauchzte los.

»Aber das ist doch toll! Ich meine du hast Justin geküsst. Davon träumen andere ihr Leben lang!«

»Ja, aber verstehst du nicht? Er ist mit Hailey zusammen!«

»Stand das irgendwo geschrieben? Haben die Beiden konkret etwas dazu zu dir gesagt? Gab es öffentliche Statements? Nein, nein und nochmals nein! Mach dich nicht verrückt.«

»Meinst du? Was soll ich denn jetzt machen?«

»Ganz normal weiter machen und gucken, was sich entwickelt. Es gibt im Prinzip eh nur vier...«, es blieb kurz still und ich konnte förmlich hören, wie es in Jos Kopf ratterte. »Nein, fünf Möglichkeiten:

1. Ihr schiebt alles auf den Alkohol und seid weiter befreundet.

2. Es hatte nichts zu bedeuten und ihr seid einfach befreundet.

3. Es hatte etwas zu bedeuten, aber ihr seid weiterhin nur befreundet.

4. Es hatte etwas zu bedeuten und ihr kommt zusammen.

5. Eure Freundschaft zerbricht, weil es etwas zu bedeuten hatte, ihr aber nicht zusammen kommt und auch nicht einfach nur so Freunde bleiben könnt.«

Nüchtern zeigte Jo alles auf, was für mich so kompliziert war. Ich wollte ihn auf keine Fall verlieren, aber weitermachen als wäre nichts gewesen, konnte ich auch nicht.
Hatte man erstmal einen Krümel vom Kuchen, wollte man erst ein Stück und schließlich den Gesamten.
Ich hatte einen Krümel mit der Freundschaft bekommen.
Ein Stück mit dem Kuss.
Entweder man setzte mich auf Diät oder ich wollte den ganzen Kuchen und würde mich nicht zurückhalten können.

Aber besser eine Diät als einen ganzen Kuchen, oder?

Seufzend blockte ich Justin und wandte mich wieder Jo zu:

»Danke, Maus.«

»Aber immer doch!«

Ich lächelte.

»Gute Nacht, Josephine.«

»Gute Nacht, Stracciatella.«

Mein Spitzname, natürlich neben Stace. Ich hasste ihn, aber Jo fand ihn gut.

»Und Stacy?«

»Hmm?«

»Es tut mir Leid dich enttäuschen zu müssen, aber du wirst du bleiben müssen.«

»Hä?«, ich verstand kein Wort.

»Erstens heißt das wie bitte«, ich verdrehte die Augen, »Zweitens verdreht man nicht die Augen.«

Okay, das war echt gruselig, Jo kannte mich zu gut.

»Und drittens werde ich dich nicht zu Hackfleisch verarbeiten. Das war ein triftiger Grund. Bye, hab dich lieb.«

»Ich dich auch. Bye.«

Ich legte auf und stellte fest, dass es mittlerweile schon halb zwei war. Wie ich morgen früh aufstehen sollte, war mir ein Rätsel, aber ich würde es schon irgendwie schaffen - wenn auch vollkommen übermüdet und eventuell ein bisschen weniger motiviert, als es sonst der Fall war.

***

Ich wachte mit meinem Wecker auf und verfluchte die Entscheidung mir Justin seinen Auftritt zu feiern. Nicht nur dass ich wirklich übermüdet war, nein, ich hatte einen leichten Kater und zudem schmerzten meine Augen vom Weinen. Ich machte mich fertig und deckte wie gewohnt den Frühstückstisch, während Kate die Kinde weckte. Josh lag noch im Bett - er musste erst später los, denn Kate ging immer früher ins Büro, damit sie nachmittags Zeit für sich hatte.

Kate durchbohrte mich mit stechenden Blicken und ich fühlte mich deutlich unwohl. Wusste sie etwas? Doch sie zuckte nicht mit der Wimper, sondern gab mir lediglich letzte Instruktionen für den heutigen Tag.

Nachdem auch das alles geklärt war, checkte ich gewohnheitsmäßig mein Handy. Keine neuen Whatsapp Nachrichten, Jo mal ausgenommen, die mich fragte ob alles wieder okay sei, doch auf Twitter ging die Post ab.

Justin hatte getweetet, was ich nicht gesehen hatte, da mein Handy auf lautlos gestellt war.

Es hat angefangen mit einem Kuss, doch enden wird es nie!

Hieß das, ich bedeutete ihm etwas?
Hieß das, der Kuss war nicht nur so passiert?

Fragen über Fragen und das Schlimmste war: Ich hatte auf keine eine Antwort.

Schnell brachte ich die Kinder zur Schule und Vorschule und fuhr dann zu Jo, weil wir uns verabredeten hatten. Mit Jo wollte ich alles noch einmal besprechen - nicht am Telefon, sondern richtig - und bis dahin blieb Justin, so Leid es mir tat, geblockt.

You Smile? I Smile! (jdb♕)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt