Visionen

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,,Woher weißt du davon ?" fragte ich ungläubig. ,,Es war in der Vision von Reika zu sehen" erwiderte er. Aber in meinem Alptraum, war es mein Dolch aus dem Waffenraum. ,,Willst du dich umbringen ?" fragte er und weder sein Blick noch sein Ton war zu deuten. ,,Nein, natürlich nicht" rief ich schon fast. Er sah mich noch einen Moment so undefinierbar an und dann seufzte er und legte seine Stirn an meine. ,,Du machst es mir immer so schwer" flüsterte er. Er sah mir die ganze Zeit in die Augen. ,,Lass uns ein wenig Zeit alleine verbringen" sagte er, löste sich von mir und zog mich an der Hand mit sich. Ich hatte eigentlich gar keinen schlechten Orientierungssinn, aber in diesem Schloss könnte man mich in einem
x-beliebigen Gang aussetzen und ich würde wahrscheinlich verhungern. Er zog mich durch Flure, die ich noch nie betreten habe. Er lief stur vorwärts und zog mich einfach mit sich ohne auch nur ein einziges Mal nach mir zu schauen. Zumindest bis jetzt, denn er drehte seinen Kopf leicht und schielte zu mir nach hinten. Als er meinen faszinierten Blick über Wände, Türen und Gemälde wandern sieht, umspielt ein leichtes, wissendes Lächeln seine Lippen. Wo bringt er mich nur hin ? Von hinten sieht er in seiner schwarzen Jeans, dem dunkelblauen Langarmshirt, dass ironischer Weise nur den halben Arm bedeckt und seinen goldblonden Haaren mit dunkleren Ansatz, aus wie ein falsch gekleideter Engel. Für einen Engel hätte er wärmere Farben und edlere Klamotten tragen müssen. Und gekämmte Haare. Ich will ja nicht sagen, er würde dann nicht mehr gut aussehen, aber es wäre nicht mehr Jace, wie ich ihn liebe. Es wäre überhaupt nicht mehr Jace. Auf einmal fing er an zu rennen, Ich hatte zwar keine Lust, dass zu tun, aber auch keine Wahl, denn sonst hätte er mich auf dem Boden hinterher geschliffen, also rannte ich. Ich blickte die Gemälde an und versuchte zu erkennen, wie der Maler das Bild gestaltet hat, Ich wollte es mir einprägen, aber die Bilder waren zu schnell wieder verflogen. Jace hielt an, aber das bekam ich nicht mit, weil ich nicht mehr nach vorne gesehen habe. Also rannte ich gegen ihn. Er ist etwas mehr als einen Kopf größer. Die Wucht schmiss uns beide zu Boden. Ich lag auf ihm und grinste ihn an. ,,Eigentlich ist das so ja ganz gemütlich, so können wir die nächsten Stunden hier liegen bleiben" grinste ich. Er musterte mich und lächelte dann kurz, als hätte er eine witzige Vorahnung oder Idee. Ruckartig drehte er uns und ich lag unter ihm. Er stützte sich links und rechts von mir mit seinen Armen ab. ,,Mir gefällt das so rum ja besser" sagte so, als würde man über die Inneneinrichtung eines Zimmers diskutieren. ,,Du bist ein Idiot" sagte ich. ,,Aber ein charmanter und gutassehender Idiot" grinste er. ,,Du bist mein Idiot" flüsterte ich. ,,Und du bist meine sture, zickige, besserwisserische, sarkastische, augenverdrehende, gerne unfreundlich redende, unüberlegte Dinge tun und sagende-" sagte aber ich unterbrach ihn mit einer Handbewegung. Er schmollte. ,,Aww, Ich wäre gleich bei der Hälfte angekommen" maulte er. Beleidigt drehte ich meinen Kopf von ihm und verschränkte die Arme und schloss die Augen. ,,Du bist unmöglich" wollte ich sagen, aber ich kam in etwa bis ,,du bist un-" und dann legte er seine Lippen auf meine, was mich völlig unvorbereitet traf und er grinste in den Kuss hinein. Er löste sich von mir und noch immer grinste er. ,,Was wolltest du sagen ? Unheimlich schön ? Schlau ? Charmant ?" fragte er lachend. ,,unwahrscheinlich ausnutzend" sagte ich. ,,Tja, du bist eben nicht auf alles vorbereitet" meinte er. ,,Zumindest nicht auf sowas" flüsterte ich leise und augenverdrehend. ,,Was hast du gesagt ?" fragte er in einem so bösen Ton, dass ich mir sicher war, dass er es nicht gesagt haben könnte, aber genau das hat er. ,,Wie meinst du das ?" fragte ich ängstlich. ,,Ich finde es nur interessant, was für eine Wirkung ich auf dich habe" sagte er und musterte mich. Er sieht mir unentwegt in die Augen. Ich strafe ihn mit bösen Blicken. ,,Du bist so ein Idiot, ich dachte, ich hätte etwas falsch gemacht" sagte ich verärgert. ,,Hast du ja auch". ,,Ach ja und was ?" ,,Du verdrehst die Augen und nimmst es nicht ernst genug, was ich dir sage". ,,Natürlich tue ich das nicht". ,,Und wieso ?" ,,Hm.. Vielleicht weil du... weil.. Ich.. Ach lass mich doch" resignierte ich. Er grinste. Er machte eine Liegestütze und küsst mich dabei. Ich sah ihn immer noch sauer an und schmollte vor mich hin. Wir standen auf und er öffnet eine Flügeltür aus Glas. Dahinter liegt eine Art Labyrinth. Aus weißen Mauern mit einigen.... Spiegeln ? Man blickt auf das Labyrinth runter und in der Mitte, quasi das Herz des Labyrinths, befindet sich ein wunderschöner, alter Baum mit rosanen Blättern. Jace lächelt mich kurz an und zieht mich mit sich die Treppe runter. Er führt mich zu einem Eingang küsst mich auf den Mund und flüstert mir etwas ins Ohr: ,,Wer zuerst da ist, hat einen Wunsch frei". Er ließ mich los und lief zu einem anderen Eingang. Unschlüssig tat ich einen Schritt in Richtung Labyrinth. Ich überwand mich und ging rein. Es gab zwar viele Abzweigungen, die ich stattdessen hätte wählen können, aber es war als ob der richtige Weg vor mir markiert wäre. Das war er ja quasi auch mit Spiegeln. Im ersten Spiegelbild trug ich das, was ich mir heute morgen angezogen hatte. Im zweiten den Trainingsanzug. Im dritten meine typische frühere Arbeitskleidung. Im vierten das Hemd von Jace, dass ich am liebsten zum schlafen trug. Im fünften und letzten trug ich ein bodenlanges, weißes Kleid und keine Schuhe mehr. Auf einmal spürte ich den sandigen Boden unter meinen Füßen und sah an mir herunter. Ich hatte tatsächlich auf ein mal dieses Kleid an. Ich sah wieder in den Spiegel. Die Schleife um meine Taille hatte den Farbton der Blüten angenommen. Meine Haare fielen mir in Engelslocken bis zur Taille über die Schulter. Ich war dezent geschminkt. Wimperntusche und ein rosaner Lidschatten, passend zur Schleife und dem Kreuz an meiner Kette, dass sich ebenfalls rosa verfärbt hatte. Ich lief weiter und fand mich in Herzen des Labyrinths wieder. Ich war alleine. Ich laufe auf den Baum zu. Es lief ein winziger Fluss aus klarem, sauberem Wasser um ihn herum. Er war vielleicht einen halben Meter breit. Ich sah nach oben und berührte instinktiv eines der Blütenblätter. Daraufhin fielen viele davon runter und ich wich entsetzt zurück. Das habe ich nicht gewollt. Ich sah in den Fluss. Die Blütenblätter hatten Buchstaben gebildet. Wünsch dir was. Was soll ich mir wünschen ? Ich meine etwa materielles oder etwas anderes ? Es kam mir aber auch unklug vor diesen Wunsch abzulehnen. ,,Wünsch dir was" flüsterte Jace. ,,Diesen Wunsch meintest du" puzzlete ich. ,,Ja" sagte er. ,,Du siehst wunderschön aus, Linda" sagte er leise. Ich drehe mich zu ihm um. Er trug eine schwarze Jeans und ein schwarzes, seidenes Hemd. ,,Ich liebe dich" flüsterte er. ,,Ich liebe dich auch" flüsterte ich zurück. Er umfasste mein Gesicht mit seinen Händen und küsste mich. Ich schloss die Augen, erwiderte und genoss den Augenblick.

Ich wünsche mir, dass sich niemand außer mir mehr an Reikas Vision erinnern kann.

Academy of coloursWo Geschichten leben. Entdecke jetzt