So wie immer, nur noch schlimmer

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Als ich aufwachte, blickten mir Justins besorgte, momentan mattgraue Augen entgegen. ,,Ist was ?" fragte ich nach einiger Zeit. ,,Ja" antwortete er vollkommen ernst. Ich verdrehte die Augen. ,,Und was ?" fragte ich genervt. ,,Du hast dich schon wieder mit Jace gestritten" sagte er. ,,Nein wirklich ?" fragte ich ironisch. ,,Was ist bloß los mit euch beiden ?" fragte er etwas leiser und wohl eher an sich selbst gerichtet. ,,Was soll denn mit mir sein ?" fauchte ich angriffslustig. ,,Du benimmst dich wie eines von den Mädchen, die du selbst so verabscheust und Jace... Ja Jace benimmt sich so wie immer, nur noch schlimmer" sagte er. ,,So wie immer, nur noch schlimmer" wiederholte ich eine Oktave höher. ,,Als ob du nie schlechte Laune hast" meckerte ich ihn an. ,,Vertrag dich doch einfach wieder mit Jace. Ohne dich ist er noch unausstehlicher als sonst" quängelte er. ,,Tja, dass wirst du wohl noch länger aushalten müssen" gab ich bitter lachend zurück. ,,Wann ist mein Leben so verdammt kompliziert geworden ?" schrie ich ihn an. Ich fühlte wie mich alles wieder einholt, die Tränen mir in die Augen stiegen und mir bewusst wurde, was ich alles falsch gemacht hatte, welche Fehler ich begannen hatte. ,,Reika glaubt an das Karma, nicht wahr ? Was hab ich dann getan, dass ich so dafür bestraft werde ? Was verdammt nochmal hab ich getan ?" schrie ich einfach, an niemanden speziell gewandt, heraus. Ich hatte Tränen in den Augen, mein Puls raste und in meinem Kopf pochte es. Ich wischte die Tränen weg. Ich werde nicht weinen, nicht nochmal. Ich will nicht mehr weinen. Ich übertreibe wahrscheinlich auch mal wieder. Genau wie die Situation mit Jace übertrieben war. Justin sah mich mitleidig an. Ich stand auf, genau wie er und er umarmte mich. ,,Du hast nichts falsch gemacht, aber du bist so impulsiv" flüsterte er. ,,Ich werde mit ihm reden" gab ich nach einiger Zeit bestimmt von mir. Ich nickte entschlossen und ging aus der Tür. Ich schloss sie hinter mir. ,,Scheiße" murmelte ich. Ich riss die Tür wieder auf. ,,Wo bin ich hier ?" fragte ich an Justin gesagt. Er lachte mich aus. ,,Das ist jetzt nicht dein Ernst oder ?" fragte er lachend. Ich kniff die Augen zu Schlitzen zusammen und stemmte die Hände in die Hüften. ,,Wenn du willst, dass ich mit Jace rede, wirst du jetzt gefälligst aufhören mich auszulachen und deinen Arsch aus dem Zimmer bewegen, um mir zu zeigen, wo ich hin muss sonst wird das Ganze hier etwas anders enden, als du es vielleicht geplant hast" gab ich in einem ruhigen, aber ausgewählt bösem Ton von mir. Sein Lachen verstummte und er nickte kurz, bevor er mich über die Flure zu Jace führte, der wie erwartet beleidigt und dramatisch Messer warf. Auf einmal war ich nicht mehr ganz so entschlossen, als ich ihn entdeckte und blieb stehen. Justin schubste mich in den Trainingsraum und knallte die Tür hinter mir wieder zu. Danke. Ich ging zögerlich einige Schritte auf ihn zu, während er weiterhin ohne mich nur eines einzigen Blickes zu würdigen, mit tödlicher Genauigkeit seine Messer warf. Mein Herz klopfte und ich schluckte den Kloß in meinem Hals, der mich am Reden hinderte, hinunter. Ich war nervös und auch ein wenig ängstlich. ,,Das Schüchtern sein steht dir" lachte er böse und distanziert. ,,Danke" murmelte ich sarkastisch. Ich ging zum Messertisch, da er mich ja sowieso nicht ansah. ,,Was willst du hier ?" fragte er kalt. Weiterhin sah er mich nicht an. Ich nahm mir eine Hand voll Messer und hielt sie ihm hin. Er ignorierte sie, als wäre sie gar nicht da. ,,Ich wollte mit dir reden" gab ich kleinlaut zu. Er lachte ironisch. ,,Na dann rede" sagte er und warf weiter. Ich stellte mich neben ihn und warf ebenfalls. Das erste traf die Zielscheibe nicht einmal, während das zweite im äußersten Kreis stecken blieb. Eigentlich war ich gut im Messerwerfen, aber die Zielscheibe war weit oben und weit weg. ,,Es tut mir Leid, ich habe überreagiert" sagte ich vollkommen ernst. ,,Finde ich auch" meinte er monoton. Ich wurde ärgerlich und warf das Messer mit mehr Schwung, sodass es der Mitte schon ziemlich nahe kam. Er schenkte mir einen kurzen, erstaunten Seitenblick, bevor er weiter machte. ,,Ich hätte dich nicht so anschreien dürfen" machte ich weiter. Im Augenwinkel sah ich, wie er nickte. Argh. Er genoss es. ,,Es tut mir wirklich sehr Leid, Jace" brachte ich zwischen zusammengebissenen Zähnen heraus. Er grinste. ,,Ich glaube es reicht langsam, ist schon in Ordnung" sagte er gönnerisch. Ich war empört. Ich öffnete den Mund, aber brachte nichts heraus. ,,Phh" stieß ich aus. ,,Möchtest du dich nicht auch entschuldigen ?" fragte ich mit einem fordernden Unterton. ,,Nein, dass möchte ich eigentlich nicht" sagte er vollkommen ernst. ,,Wie bitte ? Ist das dein sch-" fing ich verärgert an. ,,Aber ich sollte" unterbrach er mich. Innerlich nickte ich zufrieden. ,,Es war nicht richtig, dass ich dir die ganze Zeit nicht wirklich zugehört habe, aber du musst verstehen, meine selbstverliebte Art werde ich nicht ablegen, mal ganz davon abgesehen, dass du genauso bist. Mir tut es auch Leid" sagte er schlicht und ich nickte stumm. Es war in Ordnung so. ,,Ist wieder alles in Ordnung mit uns beiden ?" fragte er nach einiger Zeit mit einem gewissen Zögern. ,,Ja". ,,Ja, das ist es" sagte ich. Er lief auf mich zu, zog mich an sich und küsste mich. Ich war ein wenig überrumpelt, aber erwiderte. Ich glaube wir sind in genau so einer Beziehung, wie ich sie mir immer vorgestellt und gewünscht habe. Wir küssten uns zwar nur selten, aber dafür war es immer besonders. ,,Ich liebe dich" sagte ich. ,,Ich liebe dich auch" antwortete er leise. Er nahm sich meine Hand und wir liefen in unser Zimmer. Wir legten uns nach dem Umziehen ins Bett und er hielt noch im Schlaf meine Hand. Allerdings schlief ich erst Stunden nach ihm ein, da mich allein diese winzige Berührung schon wach hielt. Ich lächelte, als ich ohne Alptraum in den Schlaf glitt.

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