Illegale Pläne

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Richmond, today

Ich wurde von etwas Kaltem, Nassen geweckt. Es war früh morgens und es regnete. Meine Haare waren bereits vollkommen durchnässt und meine Sachen würden es bestimmt auch bald sein. Mühsam rappelte ich mich auf und stopfte die nasse Decke in den Rucksack.

Ich sah auf meine Handyuhr. Halb sechs. Bäh! Ich konnte mich nicht erinnern, jemals in meinem Leben so früh aufgestanden zu sein. Aber immerhin war es schon hell, was ich mir jedoch bei diesem Mistwetter, dass den Himmel verschleierte, nicht erklären konnte. Trotzdem, das Licht schaffte es irgendwie, einen Weg durch die meterdicken Wolken zu finden.

Mit sehr schlechter Laune machte ich mich auf den Weg, den Schulcampus zu verlassen. Unentschlossen blieb ich auf der Straße stehen. Eigentlich konnte ich es mir nicht erlauben, mich sehen zu lassen, falls man schon nach mir suchte.

Ich seufzte tief und verkroch mich dann wieder hinter den Schuppen. Schließlich zog ich mein Handy aus der Tasche und betrachtete es. Davon würde ich mich wohl auch bald trennen müssen, wenn ich kein Risiko eingehen wollte. Aber davor würde ich noch jemanden anrufen.

Der Gedanke war mir mitten in der Nacht gekommen, als ich wach lag und die Panik ihr wahres Gesicht gezeigt hatte.

„Hallo?", murmelte eine verschlafene Stimme ins Telefon.

„Hi Rick, hier ist Louise. Du weißt schon, wir gehen zusammen in eine Stufe..." Ich hoffte nur, dass Rick mir wirklich helfen konnte. An unserer Schule war er berühmt-berüchtigt dafür, schon ein paar Mal illegale Aktivitäten durchgezogen zu haben. Klar, ich wollte keinen Serienmörder engagieren, aber trotzdem spürte ich mein Herz pochen, als er antwortete.

„Ich weiß, wer du bist. Was willst du?" Er klang jetzt wacher und ein bisschen genervt. Da war wohl jemand kein Frühaufsteher.

„Kennst du jemanden, der mir einen gefälschten Pass besorgen kann?" Die Frage verließ meine Lippen, ehe ich darüber nachdenken konnte, ob er nicht doch der falsche Ansprechpartner für so was wäre... Außerdem wollte ich nicht, dass mich irgendjemand verriet.

„Soll das eine Fangfrage sein? Dann kannst du nämlich..."

Ich unterbrach ihn.
„Nein, wirklich! Bitte, ich brauche deine Hilfe!" Anscheinend klang ich verzweifelter, als ich vermutet hatte, denn er stimmte zu.

„Okay. Treff mich heute Nachmittag nach der Schule am Schrottplatz. Und bring Geld mit, so ein Pass ist nicht billig!" Er legte auf. Erleichtert atmete ich auf. Yes! Ich hatte zwar keine Ahnung, was ich mit dem Pass anstellen würde, aber er würde mir auf jeden Fall helfen, unterzutauchen. Zumindest für die erste Zeit.

~~~

Gegen acht hörte ich die ersten Schüler ankommen und hoffte nur, dass sämtlicher Sportunterricht heute wegen des Regens nach drinnen verlegt worden war, sonst war ich aufgeschmissen. Ich packte einen Müsliriegel aus. Es gab wahrlich bessere Sachen zum Frühstück als das, aber ich hatte ja keine Wahl. Diese Art von Übernachtung hing mir jetzt schon zum Hals raus, ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen wie sich manche Leute das beim Campen freiwillig antaten...

Um mich etwas aufzumuntern, stellte ich mir vor, wie die anderen jetzt im Matheunterricht vor sich hin schliefen und der Lehrer fast wahnsinnig wurde. In meiner Vorstellung stand er schreiend auf dem Pult und fuchtelte mit der Kreide in der Luft herum. Ich musste kichern.
Sollte ich das Handy doch gleich entsorgen? Besser wäre es, aber solange ich noch keinen Ersatz hatte...

Um mir die Zeit zu vertreiben spielte ich sämtlich Spiele, die auf meinem Handy gespeichert waren mindestens zehnmal durch. Die daraus gewonnenene Erkenntnis:
selbst das beste Jump'n'Run-Spiel wird irgendwann todlangweilig...

Something like magicWo Geschichten leben. Entdecke jetzt