Meisterdisziplin

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Outback, Australia, today

Ich zerbrach mir stundenlang den Kopf darüber, was mit Emily sein konnte. Hatte sie wieder zu alten Gewohnheiten zurück gefunden? War sie so abhängig geworden, dass sie am Ende eine Dummheit begangen hatte? Ich hoffte inständig, dass Violas Erklärung wahr war, doch ich wusste, dass Emily nicht der Typ dafür war um einfach so mit einem Jungen durchzubrennen. Mit wem, außerdem? Als ich sie zuletzt gesehen hatte, hatte sie sich auf Partys mit One-Night-Stands begnügt. Aber das war ja auch schon fast einen Monat her.

~~~

Als ich mich am nächsten Tag an den Frühstückstisch setzte, lag ein fast unaushaltbares Schweigen über uns Dreien, dass mich wie einen Fisch im Netz gefangen hielt und mir unweigerlich klar werden ließ, dass meine Gedanken während des letzten Jahres falsch gewesen waren. Emily bedeutete mir immer noch viel, sie war wie ein Teil meiner Familie. Auch wenn ich das zu leugnen versucht hatte.

„Lou?" Viola griff nach meiner Hand und drückte sie. „Mach dir nicht zu viele Gedanken. Kannst du nachher in mein Büro kommen? Ich möchte dir etwas zeigen." Ich war dankbar für ihre Ablenkung und nickte.

Mein Blick huschte zu Alex, der mir ebenfalls aufmunternd zulächelte. Er hatte genug zu tun, immerhin hatte er in Russland ein Haus und Angestellte, um die er sich kümmern musste. Und andere Angelegenheiten, aus denen er mich herauszuhalten versuchte.  Doch jetzt, da ich wusste, dass er mich nur beschützen wollte, konnte ich ihm das verzeihen. Erst neulich hatte er mir von Kristin und Jessy schöne Grüße ausgerichtet. Ihnen ging es gut, anscheinend hatte die Polizei sie befragt und danach gleich wieder gehen lassen.

„Ich komme gleich", sagte ich zu Viola, die schon früher mit dem Essen fertig war und aufstand.

„Lou, ich...", fing Alex an, nachdem sie den Raum verlassen hatte, doch stoppte dann mitten im Satz. Ich sah überrascht von meinem Teller auf und sein Gesichtsausdruck gefiel mir ganz und gar nicht.

„Ja?"

„Ich muss zurück nach Russland, um ein paar Sachen in Ordnung zu bringen. Du erinnerst dich an die Leute, die mich bedroht haben?" Ich nickte. Wie könnte ich das vergessen? „Ich gehe zurück um ein paar Sachen klarzustellen."

„Das heißt...?", hakte ich nach, doch ich konnte mir die Antwort schon denken.

„Das heißt, ich bin höchstens für drei Tage weg. Du könntest zwar mitkommen, aber aufgrund deiner... ähm... Berühmtheit...", er zwinkerte mir zu und mir wurde ganz warm ums Herz, „rate ich dir davon ab." Dann wurde seine Miene wieder ernster. „Bitte pass auf dich auf, ja? Vi ist..."

„Was ist mit ihr? Du machst immer nur Andeutungen, was soll das Ganze?" Vertraute er mir nicht, oder warum zierte er sich immer so um Antworten? Andererseits hatte ich selber ja auch ein kleines Vertrauensproblem... In dieser Hinsicht passten wir jedenfalls zueinander.

„Ich hätte dir diese Geschichte lieber erspart." Alex seufzte und sah mich bittend an, doch als ich nichts erwiderte, fuhr er weiter fort. „Als ich ungefähr zehn war, habe ich Vi zum letzten Mal zusammen mit meinen Eltern besucht. Sie hat sich damals mit ihrer Schwester, meiner Mum, gestritten. Sie... ist ausgerastet, du kannst dir nicht vorstellen, wie schlimm das war. Sie haben miteinander gekämpft und wenn mein Vater nicht eingegriffen hätte... dann hätte sie sie getötet, da bin ich mir sicher." Oh, ich konnte es mir bildlich vorstellen. Einen Magierkampf auf dem höchsten Level.

„Und ich kann dir sagen, Lou, sie war jemand völlig anderes. Eine völlig andere Person." Wow. Die Familie Samuels hatte anscheinend einige Leichen im Keller begraben.

„Ich werde aufpassen." Ich beugte mich über den Tisch und legte meine Hand auf seine und schickte ihm ein Lächeln. Ich fand es süß, dass er sich so um mich sorgte. Plötzlich stand er auf und ehe ich mich versehen konnte, stand er vor mir und zog mich zu ihm hoch.

Something like magicWo Geschichten leben. Entdecke jetzt