Orlando

1.1K 53 7
                                    

Das hier wird kein richtiges Kapitel, sondern mehr eine kleine Geschichte.

Das Bild ist die Unterhaltung von einem jungen Mann mit seiner Mutter.

Er hatte sich im Badezimmer versteckt, und dort wurde er auch ermordet.

Ich finde Alles, was in dieser Nacht passierte ist, schrecklich, besonders wenn ich bedenke das zum Beispiel meine Schwester da gewesen sein könnte.

Oder ich. Eine Freundin von mir, mit der ich zusammen aufwuchs, mein Tanzpartner für meinen Ball...

"Komm schon Neeks, bitte. Nur eine Nacht.", flehte Will, doch der junge Mann schüttelte nur den Kopf.

"Will, warum wollen wir nicht einfach einen Filmeabend machen? Nur du, ich, und Steve Rogers.", bat er.

Selbst nach all diesen Jahren hatte er sich immer noch nicht wirklich an Menschen gewöhnt, was zum Leidwesen seines Verlobten auf Gegenseitig beruhte.

"Wir waren schon so lange nicht mehr aus. Nur du und ich, für eine Nacht. Pulse ist gleich um die Ecke, nur ein oder zwei Stunden."

Nico brummte, und verschrenkte die Arme.

Will hatte langsam genug.

"Meinetwegen, na gut! Wenn die Prinzessin nicht aus ihrem Turm will, dann gehe ich eben alleine.", fauchte er wütend und warf sich eine schwarze Lederjacke über, die Nico gehörte und ihm etwas zu klein war.

"Will, bitte. Ich meinte doch nur, das wir kaum Zeit für uns haben. Du studierst Medizin und ich Kunst, da bleibt nicht viel über.", versuchte Nico zu schlichten, doch sein Partner war schon aus der Tür.

Seufzend schleppte er sich in Ihr Schlafzimmer und legte sich auf ihr Bett.

Morgen würde er mit Will darüber reden, dann wäre alles wieder okay.

{****************************************}

Wills Herz schlug ihm bis zum Hals, und er versuchte keinen Laut von sich zu geben.

Er war gerannt, sobald er die Schüsse gehört hatte, und jetzt kauerte er auf einer Toilette und hoffte das niemand kam, doch es war nichts zu hören außer den Schüssen im Club und seinem Atem, der stoßweise seiner Brust entwich.

"Oh Gott, bitte.", flüsterte er und zog mit zitternden Händen sein Handy aus der Hosentasche.

2:06: Nico ich liebe dich.

2:06: Oh Gott, hier schießt jemand, bitte ruf die Polizei.

2.07: Bitte.

2.07: Nico.

2.07: Ich glaube ich werde sterben Neeks.

2.08: Bitte ruf die Cops, ich habe Angst.

2.14: Ich liebe dich, es tut mir leid.

2:17: Bitte geh an dein Handy.

2:36: Ich will nicht sterben. Gott Nico, er schießt so oft.

2:39: Es kommt wer.

2:41: Er kommt.

2.41: Ich habe so Angst ich liebe dich.

Die Tür wurde aufgestoßen, und das Handy fiel auf den Boden.

"Bitte nicht. Bitte.", flehte er, als die erste Kugel sein Zwerchfell zerriss.

Die nächste traf die Leber, dann kamen Magen, Zwölffingerdarm, Lunge, Oberschenkel.

Er ging.

In Wills Ohren dröhnte es noch immer.

Seine Hände versuchten verzweifelt das Blut davon abzuhalten seinen Körper zu verlassen, doch nichts funktionierte.

Es waren zu viele Löcher.

Will röchelte, und die Schmerzen brachten ihn fast um.

Aus seinem Mund floss Blut und er konnte nicht atmen.

Ihm war so kalt, er zitterte, er konnte nicht atmen.

Will konnte jeden Knochen in seinem Körper benennen, jeden Muskel, jedes Organ, jede Arterie.

Aber er dachte an nichts davon.

Er dachte an seine Mutter Naomi in Texas die er gestern nicht angerufen hatte.

Er dachte an Austin und Kayla, seine Geschwister die irgendwo in Europa auf einer Tour waren.

Er dachte an Cecil und Lou Ellen, die er erst am Morgen gesehen hatte.

Und er dachte an Nico, der jetzt vermutlich in ihrem Bett schlief, alleine, und das Will mir ihm da sein sollte.

Keiner von ihnen wusste, dass ihr Sohn, Bruder, Freund oder Verlobter auf einer Toilette in einem Club langsam an seinem eigenen Blut erstickte, das langsam seine Lungen füllte und die Fliesen überflutete.

{††††††††††††††††††††††††††††††††††††††††††††}

Nico wachte am Morgen auf und war verwirrt, als Will nicht neben ihm lag.

Dann fiel ihm ihr Streit am morgen ein.

Er ging im die Küche und machte sich einen Kaffee, etwas besorgt da Will auch nicht auf dem Sofa lag.

Das Telefon klingelte.

Schläfrig nahm der Italiener es ab.

"Will? Wo bist""

"Entschuldigen Sie Sir. Gestern Nacht gab eine Schießerei im Pulse. Ihr Verlobter, William... Er war einer der Toten..."

Nico hörte nichts mehr.

Er murmelte nur "Ja." Und "Danke."

Dann setzte er sich auf ihr Sofa.

Auf dem kleinen Tisch lag sein Handy.

Zitternd nahm er es in die Hand. Und er las.

Er spürte nicht das er weinte bis er anfing zu Schluchzen und seine Tränen auf den Display tropften.

Will, Will, Will...

Er saß immer noch auf dem Sofa, sein Handy fest umklammert, der Kaffee kalt, weinend und die Knie angezogen, als Hazel ihn fand.

Seine Schwester weinte auch, doch sie umarmte ihn und Nico drückte sein Gesicht in ihre wilden Locken.

Am Abend lag er in ihrem- Nein, seinem Bett, in Wills altem Pullover der immer noch nach ihm roch, nach Orangen und frisch gemähtem Gras.

Er lag auf dem Bett und hoffte, dass der Geruch nie verfliegen würde, doch irgendwann würde er und er würde vergessen wie Will roch und wie sich seine Stimme anhörte und wie er aussah und er würde ihm vergessen.

Irgendwann wäre er nur noch eine Erinnerung, und Nico weinte in den alten Pullover von Will der noch nach ihm roch und er betete das er nur träumte, doch er wachte nicht auf.

Anderes Leben Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt