24- Geschenk

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Jonathan hatte ein Geschenk in der Hand, das er Nico gab.

Es war etwas schwarzem eingewickelt, das, sobald Nico es berührte, verblasste.

Alles, was Will von dieser Entfernung aus erkennen konnte war, dass es sich um ein eingerahmtes Bild handelte.

Nico sah es kurz an, und dann sah er Jonathan in die Augen.

Und dann fing er an zu weinen. Er strahlte den großen Mann in weiß unter Tränen an und umarmte ihn.

Jonathan flüsterte ihm etwas ins Ohr, und Nico lachte und/oder schluchzte auf. Dann lehnte er sich nach vorne und küsste ihn auf die Wange.

Will ging vorsichtig näher und hörte Nico auf italienisch immer dasselbe sagen: "Grazie."

Als er seinen Mann sah, löste er sich von Jonathan und umarmte ihn stürmisch.

"Götter Will.", hauchte er in seine Locken und zeigte ihm zitternd das Bild.

Es war ein altes schwarz-weiß Foto von einer Frau. Sie war eine klassische Schönheit und erinnerte Will etwas an Audrey Hepburn mit vollen Lippen, dunklen Augen und dunklen Haaren. Sie trug ein langes Kleid und eine Perlenkette. Die Frau saß auf einem Stuhl, neben dem Stuhl war ein Mädchen.

Dieses Mädchen sah aus wie ihre Mutter, mit zwei geflochtenen Zöpfen und einem wunderschönen Lächeln.

Auf dem Schoß der Frau war ein Junge, er hatte dunkle Locken und sah etwas blasser aus als die beiden anderen mit großen, auf dem Bild schwarz wirkenden Augen, auch wenn Will wusste, dass sie in Wirklichkeit ein dunkelbraun waren und einem breiten Grinsen.

Die Ecken des Fotos waren etwas angebrannt, doch es war immer noch ein Schriftzug am oberen Ende zu lesen.

"Maria, Bianca & Nico di Angelo, 1928."

"Ich habe ziemlich lange gebraucht, das zu finden.", sagte Jonathan. "Ich dachte, es wäre das perfekte Hochzeitsgeschenk."

Will hatte Jonathan nie wirklich gemocht, aber in diesem Moment umarmte er ihn.

"Danke.", flüsterte er ihm ins Ohr.

"Werd' nicht sentimental.", erwiderte Jonathan in der gleichen Lautstärke.

Will wurde aus der Erinnerung gerissen von einem lauten Klappern. Er hatte sich in seiner Trance anscheinend bewegt, denn der Teller mit Suppe war umgekippt.

"Suppige Scheiße.", murmelte Will und rieb sich die Augen.

Doch in der Suppe lag etwas, rund und ein bisschen ungleichmäßig.

Eine Drachme.

Will griff danach, nahm sie kurz in den Mund bis die Suppe weg war und spuckte sie dann in seine offene Hand.

Er hatte Wasser und genug Energie, um etwas Sonnenlicht zu erschaffen.

Zusammen sollte das für eine Irisbotschaft reichen.

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