31- Rhiannon

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Jonathan klopfte an die Holztür und wartete höflich.

"Ja? Wer ist da?", fragte eine alte Stimme, und Jonathan grinste.

"Hör auf mit der Scheiße und mach auf Rhiannon. Ich bin's, Charísis. Oder Jonathan wenn dir das lieber ist.", sagte er und lehnte seine Stirn gegen die Tür, die sich schwungvoll öffnete.

Rhiannon war klein, und zwar extrem klein.

Mit etwas einem Meter fünfzig reichte sie Jonathan ungefähr zur Brust, und sie war sehr alt und faltig, weshalb sie aussah wie eine kleine, alte, faltige Schildkröte.

Entzückend.

"Der Name Jonathan ist auf jeden Fall leichter auszusprechen als Charísis.", murmelte sie, öffnete die Tür weiter und ließ ihn herein.

Sie machte diese kleinen, leicht schwankenden Schritte von alten Menschen, mit den Augen halb geschlossen und die Hände und Arme langsam bewegend.

"Nervt das nicht? So alt zu sein?", fragte Jonathan und sah sie fasziniert an.

Rhiannon lächelte zahnlos. "Ein bisschen. Mein Rücken bringt mich um.", gab sie schulterzuckend zu.

Er lachte, trat ein und setzte sich auf einen alten Stuhl, die Beine überschlagen.

"Du kannst aber wirklich mit der Scheiße aufhören. Ich kann dich auch sehen wenn ich die Augen geschlossen habe."

Die alte Frau nickte, ging zum Tisch und zog ihre Jacke aus. Augenblicklich fiel der Zauber von ihr ab, und sie streckte sich ausgiebig.

Sie war immer noch sehr klein, doch jünger, vielleicht Anfang zwanzig, mit einem runden, weichen Gesicht und demselben Körper. Ihr Haar war lang und dunkelrot, die Augen waren ein dunkles graublau, die Haut blass und mit Sommersprossen übersäht.

"Wunderschön wie jedesmal.", kommentierte Jonathan und sah sie an.

"Ja, ich habe hier kurz ihren Platz eingenommen. Ist aber schon etwas länger her, deswegen war ich so alt. Die Menschen sind so nett, und ich gebe ihnen immer kleine Tränke und so, wenn jemand krank wird.", sagte sie.

Rhiannon war eine Hexe, und sie war schon sehr alt.

Jonathan hatte sie kennengelernt, als er einmal um das elfte Jahrhundert herum eine Frau traf, deren Schmerz er schon aus Kilometer weiter Entfernung gespürt hatte.

Diese Frau würde von ihrem Mann behandelt, und er wollte ihr helfen, indem er ihren Mann umbrachte, doch Rhiannon kam ihm zuvor.

Sie hatte es sich zur Aufgabe gemacht, den misshandelten zu helfen.

Es war nur ein kleiner Trank von Nöten, und schon sah sie aus wie die arme Frau, und als dann der Ehemann kam, erlebte dieser eine große Überraschung, als seine liebe, kleine, ach so hilflose Frau plötzlich nicht mehr ganz so hilflos war.

Rhiannon stopfte ihn in den Ofen, ganz wie es sich für eine Hexe gehört.

Die Frau wurde Witwe durch diesen tragischen Unfall, ihr ältester Sohn erbte einen Haufen Geld, und alle lebten glücklich.

Alle bis auf den Ehemann, versteht sich.

Jonathan fand diesen Trick göttlich, und er und Rhiannon waren von da an über Jahrzehnte ein eingespieltes Team.

"Wunderschön. Wie gewöhnlich immer die schönste Frau im Raum.", erwiderte er ehrlich.

"Schöner als Catherine?"

Jonathans Gesichtszüge verhärteten sich, und er sah weg.

"Woher weißt du von ihr?", fragte er kalt.

"Man redet viel über diese Dinge. Deswegen bist du doch hier, oder? Du willst sie rächen. Rache für das was ihr angetan wurde. Für was du ihr angetan hast."

"Hilfst du mir, Rhiannon?"

Jonathan sah ihr in die Augen.

"Ich werde dir immer helfen, Jonathan. Ich helfe den Misshandelten, und das wurdest du, genau wie deine Frau."

"Dann müsstest du mich umbringen.", flüsterte er traurig und fuhr sich mit der Hand durch das Haar.

Rhiannon sah ihn mitleidig an.

"Du wolltest es nicht.", versicherte sie, und ging auf ihn zu.

Jetzt, da er saß, war sie ein kleines Stück größer als er, und sie legte ihre Arme um seinen Hals und legte ihren Kopf auf seine Schulter.

Sie küsste seine Wange.

"Du wirst deine Rache bekommen, Charisis.", hauchte sie, und Jonathan ließ sich mit ihr nach hinten in die Schatten fallen.

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