17- Zeit

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Jonathan sah seinen schlafenden Freund an.

Er war es nicht gewöhnt, Freunde zu haben. Meistens, oder eigentlich immer, starben diese bevor sie alt wurden oder sie wurden so langweilig, das er ging.

Doch Nico war noch nicht so langweilig. Jonathan konnte sehen, wie seine Gefühle miteinander kämpften.

Der rationale Part seines Gehirns sagte ihm, er solle rennen und sich verstecken. Götter vergaßen schnell, was sie nicht sahen, was man gut an ihren Kindern sehen konnte, doch der andere Part, der, der unsterblich in Will verliebt war, rastete gerade aus.

Nico wollte Blut sehen.

Jonathan beute sich vor, und strich ihm eine graue Strähne aus dem Gesicht. Seine Haare wurden nie grau werden, nie weiß. Er würde nie Falten bekommen, nie auch nur ein Tag altern.

Zeit war für ihn nichts, er war zeitlos. Da war es besser, sich an nichts zu gewöhnen.

Sein Bruder war da anders. Der ging mit offenem Herz durch die Welt, aber Jonathan konnte sich das nicht erlauben.

Nicht seit er, vor so vielen Jahren als er noch sterblich war, dass mit Aelia hatte, einer Tochter der Aphrodite.

Es endete mit gebrochenen Herzen.

Aus Rache hatte Aphrodite ihn verflucht, was schon etwas ungerecht war wenn man mal zählte wie viele Herzen Sebastian gebrochen hatte.

"John hör auf damit.", riss ihn eine genervte Stimme aus seinem Gedanken.

Der Blonde sah Nico verwirrt an, dann merkte er, dass der ganze Raum sich mit einer Art schwarzem Nebel gefüllt hatte und man nichts mehr sehen konnte.

"Oh, tut mir leid.", murmelte er, konzentrierte sich und der Nebel verschwand.

Nico war noch kurz still, dann setzte er sich auf.

"Jetzt kann ich nicht mehr einschlafen, vielen Dank.", brummte er.

Jonathan lächelte ihn an.

"Erzähl mir eine Geschichte.", bat Nico nach einer Weile.

Als sie beide vor Jahren zusammen gereist waren, hatte er das öfters gemacht, immer wenn Nico nicht schlafen konnte oder er daran dachte, wie Will dieses Mädchen geküsst hatte.

"Habe ich dir je von meinem Vater erzählt?"

Nico schüttelte den Kopf.

"Es war da mal ein Löwe. Er war sehr groß und stark, aber noch jung, und als er dann einmal in einem Tempel sein Geschäft verrichtete, wusste er nicht das dieser Tempel Demeter geweiht war.

Aus Wut verwandelte Demeter ihn in einen Menschen, doch mit dem Gehirn eines Löwen.

Er zog von Stadt zu Stadt, weil sein Rudel ihn nicht mehr erkannte, und lebte in den Gassen von Müll.

Irgendwann sah meine Mutter ihn, Nyx, schlief mit ihm, weil er sehr gut aussah, und verwandelte ihn zurück. Er kehrte zu seinem Rudel zurück.

Ich wurde geboren, und die ersten Jahre unter Löwen aufgezogen.

Dann kam Nyx wieder, als eine schwarze Löwin, und mein Bruder wurde gezeugt.

Mein Bruder war mehr Löwe als ich, aber wegen den Widerspruch in seinem Blut war er unkontrolliert und tötete in einem Wutanfall einen Löwen.

Mein Vater wollte ihn danach aussetzen, aber Nyx wurde wütend und er war wieder ein Mensch.

Bis ich ungefähr neun war lebten wir mit ihm auf der Straße, doch als die Monster anfingen und anzugreifen, rannte ich mit Sebastian weg.

Ich weiß nicht, was mit ihm passiert ist danach."

Jonathan erzählte diese Geschichte ohne Emotionen, aber Nico konnte sehen, wie seine Finger trommelten.

Er hatte am Ende gelogen.

Mit dem Gedanken schlief der Sohn des Hades ein.

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