30. August 2015: Der bittere Nachgeschmack (Teil 2)

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Tyler:

Ich merkte gleich, dass etwas im Busche war, als Damon mich so von der Seite beobachtete. Dann, als er gegangen war, überprüfte ich gleich meine Vermutung vor dem Spiegel. Verdammt, natürlich! Ich hatte meine Tarnung vergessen! Sofort schaute ich ein zweites Mal in den Spiegel und konzentrierte mich auf meine Pupillen, bis ich kein Leuchten mehr in meinen Augen erkannte, als ich das nächste Fläschchen scannte. Es war immer wieder eine Nachwirkung der Augen eines Täuschers, wenn er gerade Sachen scannte, aber ich musste diesen Jungen in Glauben lassen, er wäre einfach zu erschöpft gewesen.

Ich packte das letzte Fläschchen ins Regal und stellte die leeren Kisten beiseite. Ich musste noch Alex finden, um sicher zu stellen, dass es ihr gut ging. Wenn nicht, da war ich mir sicher, würde ich mir das nie verzeihen! Schon bei dem Gedanken, dass sie tot war, stellten sich in mir alle Nackenhaare auf, Trauer...es war unbeschreiblich! Sofort stürmte ich über die Lichtung, benutzte aber dieses Mal kein Sonicraising, dafür war es hier zu riskant. Ich meinte, hier waren überall Dreamjumper...nein, da würde ich sofort auffallen!

Trotz allem fand ich sie nach einigen Stunden immer noch nicht, sie musste anscheinend gegangen sein. Ich konzentrierte mich auf sie, versuchte, sie zu orten und es klappte: Sie war in einem Apartment nahe des Theaters von Ottawa. Was zum Teufel wollte sie dort? Aber...vielleicht wohnte sie auch dort.

Ohne weiter nachzudenken, switchte ich dorthin und fand mich einige Minuten in einem Wohnzimmer wieder. Ich lief leise zu einem Raum, aus dem Musik kam und ein lauter Gesang erklang. Ich schlich zur Tür und öffnete sie leise, um bei dem Anblick, der sich mir nun bot, zu schmunzeln: Alex wusch gerade das Geschirr ab, während sie laut sang „Hit me Baby, one more time..." Ich schlich langsam an sie heran und hielt meine Hände vor ihre Augen „Rate, wer es ist..." Flüsterte ich und ihre Mundwinkel hoben sich sofort. „Hmm...Jay?"

Ich nahm die Hände weg und fragte entsetzt: „Wer ist Jay?" Sie lachte bei meinem Gesicht und prustete los „Mein Onkel, du Döskopf! Ich lebe diese Woche bei ihm. Wieso interessiert dich das?" „Ich möchte ja nicht, dass mich meine Freundin betrügt, da ich extra gekommen bin, um zu sehen, wie es dir geht." Ihre blauen Augen wurden groß „Freundin? Du meinst..." Ich blickte schüchtern zur Seite und kratzte mir am Kopf, um danach zu stottern: „Ja...aber falls du nicht willst..." Sie schüttelte nur lächelnd den Kopf und küsste mich. Ich legte meine Arme um sie und dann ging ich zurück „Geht es dir eigentlich gut? Ich hab von der Attacke gehört...ein Glück, dass ich in den Dreamlands war!" Ich hasste es, sie anzulügen...

Sie lächelte „Mir ging's nie besser und dir?" „Auch gut. Willst du zu der Probe morgen mit den anderen mitkommen? Vielleicht lenkt das uns ab."

Sie nickte und dann lief sie mit einem Teller zu einem kleinen schwarzhaarigen Jungen, der an dem Tisch der Küche saß. Ich schätzte ihn auf ungefähr drei Jahre, ein süßer kleiner Kerl. Ich saß mich neben ihn und fragte gespielt entsetzt „Jetzt hab ich ja noch mehr Konkurrenz! Wie ist dein Name, junger Mann?" Der Kleine kicherte „Clyde..." „Clyde...ein sehr schöner Name!" „Schleim dich nicht ein, Alex gehört mir!" fügte er mit ernstem Gesicht hinzu und ich und Alex mussten lachen. Ich tat gespielt ängstlich und ein Lächeln bildete sich auf seinem Gesicht. So alberten wir zu dritt hier drinnen herum, ohne den Regen draußen zu beachten, der gegen die Fensterscheiben des kleinen Apartments prasselte.


Lilly:

Ich stand abwartend vor Damon, der vor mir auf einer Liege lag, ich konnte einfach nicht abwarten... „Lilly..." begann er, bevor seine Stimme sicherer wurde „Ich...finde es toll, jede Minute mit dir zu verbringen...aber...die Hütte ist etwas unsicher..." „Wie meinst du das?" fragte ich verwundert und er antwortete „Dein Vater könnte jeden Moment hineinplatzen! Und ich will nicht, dass du meinetwegen im Gefängnis landest! Ich weiß, wie sich so etwas anfühlt und du solltest das nicht durchmachen!" „Du willst nicht mehr dort leben..." Meinte ich leise und er nickte. Ich atmete tief ein und fragte „Wo denn sonst, Damon?" „Ich hätte ein paar Ideen, aber dazu muss ich zu meiner großen Schwester Violett in ihrem Apartment." Ich nickte und er fuhr ernst fort: „Das heißt: Wir dürften uns jetzt die nächsten Tage nicht sehen." 

Ich schaute ihn verwirrt an „Warum, Damon?" Damon atmete tief ein, dann meinte er „Deinem Vater wird es auffallen und auch Paul ist bei Violett die nächsten Tage eingeladen." „Aber er weiß nichts von dir..." Sein Blick verdüsterte sich „Ja und so sollte es auch bleiben..." „Aber, er ist dein Vater..." „PFLEGEVATER!" Fauchte Damon und als er mein erschrockenes Gesicht sah, meinte er sanft „Entschuldigung, das ganze Chaos hier regt mich einfach auf..." Ich sah ihm in die Augen, so dass er sah, dass ich es ernst meinte. Ich hatte durchaus seine Frustration in mir gespürt, das beißende Gefühl der ungebändigten Wut, aber vor allem die bittere Enttäuschung. Und ich kannte diese Gefühle mehr als gut genug.

„Das verstehe ich auch, ich frage nur, wie du bei Violett leben willst, wenn dein Pflegevater kommt..." „Ich werde in dem Apartment unter Violett leben. Sie hat es für mich gekauft und so kann ich auch Paul aus dem Weg gehen. Und bevor du wieder etwas sagst, ich kann einfach nicht mehr mit ihm sprechen. Lilly, er hätte mich fast in den Tod getrieben, ohne mit der Wimper zu zucken!" „Er war bestimmt geschockt...aber es ist deine Entscheidung, Damon." Meinte ich sanft und er nickte nur stumm.

Eine Weile herrschte Stille zwischen uns, bevor Damon mich auf die Wange küsste und meinte „Ich muss noch Klaus bei dem Training der Anfänger helfen, darunter auch später Mary. Willst du später kommen?" „Ja, gerne...aber ich werde erst sehen, ob zuhause es noch etwas zu tun gibt." Antwortete ich und wir beide switchten aus dem Raum. Ich fand mich in meinem Zimmer wieder und schaute auf mein Handy, ich hatte bis jetzt noch keine Nachrichten. Langsam beunruhigte mich diese plötzliche Ruhe...


The Haunted Ones 1: Dreams and Nightmares (GirlxGirl) (GirlxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt