Kreuzverhör

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Gedankenverloren lief ich einfach in der Stadt rum und ging dann in die erstbeste Bäckerei, die mir auf dem Weg begegnete, um mir einen Kaffee und einen Quiche zu holen. "Bonjour!", rief ich freundlich. Am Tresen stand keiner. Ich sah mich um und sah dann Marinette an einem der Tische sitzen. Sie starrte mich mit offenen Mund an. Ich muss wohl aus Reflex, ohne es zu merken, zur Bäckerei ihrer Eltern gelaufen sein. Welch Zufall - oder war das schon Schicksal?
"Marinette, vielleicht solltest du deinen Kunden mal bedienen.", meinte die Frau neben Marinette. Das musste Alya sein. Ihre Haare waren kürzer und dunkler, doch sie war wegen ihres Leberflecks an der Stirn unverkennbar. "Marinette!", wurde sie erneut gerufen und Alya stupste sie an, sodass sie hochschreckte. "Oh... ähm, ja. Pardon!" Sie kam zu mir und verbeugte sich entschuldigend. "Was möchten Sie denn, Monsieur." "Erst mal lässt du das Monsieur weg.", erklärte ich lächelnd. "Nenn' mich Sebastien. Wir sind doch im selben Kurs, da braucht man sich nicht siezen." Ich schenkte ihr mein wärmstes Lächeln und sie lief knallrot an. Mein Lächeln wurde noch breiter. Sie war so süß.

Irgendwie fühlte ich mich in die Vergangenheit zurück versetzt. So hatte sich Marinette nur benommen  wenn Adrien in ihrer Nähe war. Seit sie mit Nathanaël zusammen war, dachte ich eigentlich, sie hätte ihre Schüchternheit und Tollpatschigkeit überwunden. Wahrscheinlich konnten manche Typen sie immer noch aus dem Gleichgewicht werfen. Diesen Typen sollte ich im Auge behalten und auf Herz und Nieren prüfen. Nie wieder wollte ich Marinette wegen eines gebrochenem Herzens leiden sehen.

Nachdem ich Sebastien seinen Kaffee und Quiche gegeben hatte, fragte ich ihn schüchtern, ob er sich zu uns setzen wöllte. Mit einem warmen Lächeln nickte er und ich glaubte, dass es mir gleich die Beine wegziehen würde. Alya zog mich auf meinen Stuhl runter und ich erwachte aus meiner Starre.

Marinette benahm sich mal wieder unmöglich. Hatte sie sich etwa schon in den Neuen verknallt. Zumindest sah es dannach aus.
Ich begann stattdessen das Kreuzverhör. Marinette war dazu gerade nicht in der Lage und ich musste verhindern, dass sie ihr Herz vielleicht wieder an den Falschen verlor.
"Ich bin Alya Lahiffe, Marinette's beste Freundin. Bevor du in den Laden kamst haben wir uns gerade über dich unterhalten." Er sah mich verlegen an. "Ihr habt euch über mich unterhalten?", fragte er errötend und schielte zu meiner Freundin. So hatte Adrien Marinette auch immer angesehen. Marinette schaute verlegen weg, wie sie es immer bei Adrien tat. Ich fühlte mich, wie als würde ich ein Deja vù durchleben.

"Was hat sie denn über mich erzählt?", fragte ich. "Ga-gar nichts!", stotterte Marinette. Auf ihrer Nase bildetete sich ein leichter Rotschimmer. "Sie war zu überrascht, dass du den Laden betreten hast, um weiter zu erzählen.", meinte Alya trocken und sah mich prüfend an. Ahnte sie etwas? "Aber du kannst uns ja jetzt mehr zu dir erzählen. Zum Beispiel warum du erst mitten im Semester an die Uni kommst." Wow. Alya fackelte nicht lange und machte Nägel mit Köpfen. "Ich... Also ich komme aus Toulouse und bin irgendwie in der Reihenfolge nachgerutscht. Unvollständige Kurse werden nicht gerne gesehen." "Stimmt das, Marinette? Ist bei euch vor kurzem jemand aus dem Kurs ausgestiegen?" Hatte sie die ganze Zeit nur auf ihre Tasse gestarrt, so zuckte Marinette jetzt zusammen und sah auf. "Ja, Mikaela ist in Babypause gegangen.", presste sie klein laut hervor. Ihr war Alyas forsches Verhalten mir gegenüber wohl etwas unangenehm. "Was studierst du noch? Also neben Kunst?", fragte sie schon weiter. "Alya. Bitte!", warf Marinette ein. Ich kratzte mich im Nacken und antwortete: "Literatur - Schwerpunkt Poetik." "Dann hast du doch sicherlich schon ein paar Gedichte geschrieben. Oder? Ich würde gerne mal welche sehen." "Aber Alya!", warf Marinette erschrocken ein. "Was? Jede Frau liebt Gedichte. Und ich hab lange keine guten mehr gelesen. Jeden Tag lese ich mir haufenweise Gedichte durch und muss sie korrigieren. Aber eins das mich umhaut, war schon lange nicht mehr dabei. Selbst Nathanaël's Valentinsgedicht für dich war nicht gerade ein Kracher.", meinte Alya gelangweilt und rührte in der leeren Tasse rum. Marinette funkelte Alya böse an. Beschwichtigend hob ich die Hände und versuchte die Wogen zu glätten. "Keinen Streit Mädels. Natürlich kann ich dir mal ein paar Gedichte zu kommenlassen. Ist kein Problem. Hast du eine Mailadresse für mich?" Alya nahm einen Stift und ein Stück Serviette und schrieb mir Nummer und Emailadresse auf. 'Lahiffe'? "Du bist verheiratet?", fragte ich aus Reflex und bereute es gleich wieder. Hoffentlich hatte ich mich nicht verraten, wusste ich doch dass Alya gebürtig Césaire hieß. "Ja woher weißt du das?" "Dein Ring!" Ich deutete auf den Ringfinger der Hand mit der sie mir die Serviette gereicht hatte. Grinsend schaute sie auf eben diesen. "Oh, ja. Seit zwei Jahren glücklich verheiratet." Puuh, das war knapp. Ich musste vorsichtiger mit meinen Äuserungen sein. "Ein sehr schöner Ring." Geschmeichelt zog sie ihre Hand zurück. Gerade noch mal gut gegangen.

Mir war das schon etwas peinlich, wie Alya den armen Sebastien ausfragte. "Nun ist aber gut mit den peinlichen Fragen.", bat ich meine Freundin inständig. "Gut dann sag du mir, wie ihr euch kennen gelernt habt.", wandte sie sich jetzt an mich. "Was... Wie... Wie wir... Na ja..." Gerade so was musste sie fragen. Typisch Alya. Bei dem Gedanken daran, wie wir uns begegnet waren, stieg mir das Blut in den Kopf. "Sie ist in mich hineingelaufen. Oder sollte ich lieber sagen, in mich hineingerannt?" Sebastien lächelte lieb und ich hatte das Gefühl, mein Kopf wöllte vor Scham explodieren. Plötzlich lachte Alya laut auf. "Ja, so kenn' ich meine liebe Marinette."
Zum Glück kam zu dem Zeitpunkt meine Mutter mit Raphael wieder und Alya war nach einem Blick auf die Uhr sehr schnell verschwunden.

"Deine Freunde sind auf gewisse Weise wirklich sehr liebenswert, wenn ich das jetzt vom ersten Blick her Mal so beurteilen kann und darf.", begann ich ein erneutes Gespräch mit Marinette, nach dem wir endlich für uns waren. "Ja, etwas gewöhnungsbedürftig aber liebenswert. Da hast du Recht.", stimmte sie mir zu und lächelte mich an. "Ich möchte mich übrigens für Nathan's Verhalten in der Uni heute entschuldigen. Er übertreibt gerne mal in seiner Rolle als Freund." "Ihr seid also gar nicht zusammen?", fragte ich hoffnungsvoll und zog skeptisch eine Augenbraue hoch. Kichernd antwortete sie: "Doch. Sogar sehr glücklich, wenn er nicht immer diese kleinen Ausraster hätte und denkt, mich vor allem und jeden beschützen zu müssen." "Achso!" Betrübt sah ich in meine Tasse. "Und du?", fragte sie mich. "Ich hab' gesehen, das du auch einen Ring trägst. Bist du verlobt, oder gar verheiratet?" Gewissermaßen wahr ich das, aber irgendwie auch nicht. "Nein, das ist ein Erbstück."

Viel war aus Sebastien nicht mehr rauszukriegen. Er wirkte plötzlich so betrübt, als ich ihn darauf ansprach, ob er eine Freundin hatte.
Nun lag ich im Bett und konnte nicht aufhören, über Sebastien nachzudenken. Sein trauriger Blick beschäftigte mich. Was mag wohl passiert sein? Aber allgemein faszinierte er mich. Seine braunen Augen, sein süßes Lächeln, der elegante Gang... "Hach", schwärmte ich verträumt. Dann klopfte es an meiner Balkontür.

Was lange währt wird endlich gut!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt