Hausarrest?!

448 42 23
                                    

Nun saßen wir also zuviert am Tisch. "Also Marinette, wo warst du?", fragte mein Vater gleich ganz direkt. "Tom, ich rede jetzt!", stellte Maman klar. Papa bot sich mit Maman ein Blickduell, aber Papa verlor, wie immer. Gegen Maman kam er nie an. "Mari, Schatz, was ist gestern Abend passiert?" "I... Ich..." "Da war ein Mann auf der Terrasse. Ich habe seine Stimme gehört." "Tom! Jetzt rede ich!", blaffte Maman und schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. Papa drehte sich weg, war beleidigt. Maman schenkte mir ein warmes, versöhnliches Lächeln. "Du musst nicht alles sagen, bloß bring' Licht ins Dunkel, damit wir dich verstehen können!" "Na ja, also... Ja, Chat Noir stand plötzlich auf meinem Dach und..." "Er hat dich also wirklich entführt...", mischte Papa sich wieder ein. Wütend stand ich auf. "Er hat mich nicht entführt! Ich habe ihn gebeten, mich irgendwo anders hinzubringen." Verwundert sah Papa mich an. "Du hast was?" "Ich wollte mich bei ihm bedanken. Er hatte mich schließlich gerettet, da war es für mich nur selbstverständlich, mich zu bedanken, oder? Das hast du mir doch beigebracht, oder?", fragte ich mit einem beißenden Unterton. "Nicht in diesem Ton, junge Dame.", entgegnete mein Vater wütend. "Das gibt trotzdem niemenden die Erlaubnis, meine Tochter von der Terrasse zu entführen. Und erst recht nicht irgendeinem daher gelaufenen Mann im Katzenkostüm."
Maman versuchte irgendwie zwischen uns zu vermitteln, aber wir ignorierten sie, hörten ihr nicht zu. Wir beide waren sehr stur, das habe ich wohl von ihm. Gaston saß einfach nur da und hielt sich raus. "Ich hab' doch gesagt, dass ich ihn darum gebeten habe. Ich konnte mich wegen deinem Gebrüll' ja nicht mit ihm in Ruhe unterhalten." Wütend stand ich vor meinem Vater. Aber ch versuchte mich zu beruhigen - eine aggressive Reaktion trifft meist nur auf eine noch aggressivere Gegenreaktion. Ich griff seine Hand und wollte die Situation wieder etwas beruhigen. Sollte ich ihm sagen, dass Chat Gefühle für mich hatte? Und mir deshalb auch nie etwas antun würde?
"Papa. Mir ist nichts passiert. Chat Noir würde mir nie wehtun. Er..." Aber Papa wollte mir nicht mal zuhören. Er stand auf und sah mich wütend an. "Es ist mein Haus! Und da brülle... Ähm, spreche ich so laut, wie ich will. - Und genau da gehem wir jetzt hin und da bleibst du, denn du hast Hausarrest!" Bitte was? "Aber..." "Bis Weihnachten werden ich, deine Mutter, oder Gaston dich zur Uni bringen und wieder abholen. Deine Dachluke zur Terrasse wird abgeschlossen - die Fenster ebenfalls - im Winter ist es eh zu kalt und gefährlich auf..." "Du willst mich einsperren?" "Tom, jetzt übertreibst du aber!", rief meine Mutter entsetzt. "Ich beschütze unsere Tochter." "Indem du sie einsperren willst?" Mir kamen die ersten Tränen. Er verstand doch gar nichts.
"Er hat mir das Leben gerettet! Kannst du ihm nicht einfach dankbar sein?", fragte ich und versuchte erfolglos meine Tränen zurück zu halten. "Dankbar? Wegen ihm warst du doch erst in Gefahr." "Nein, Nathanaël, er..." "Ach Nathanaël... Der war auch nie gut genug für dich." Ich glaubte nicht, was ich da hörte. Papa hat Nathanaël doch immer gemocht. "Tom, es reicht! Ich glaub', du hast den Schuss nicht gehört!", rief meine Mutter. "Das kannst du nicht machen!", rief ich geschockt aus. "Und wie ich das kann. Solange du deine Beine unter meinen Tisch streckst, hast du auf mich zu hören." "Je te deteste!", schrie ich verzweifelt. "Schön! Dann komm' ich eben nicht mehr Nachhause. Ich bleib' hier!" Mit diesen Worten rannte ich weinend die Treppe rauf, öffnete die Tür zu meinem Zimmer und knallte sie hinter mir zu.

Sobald Mari das Zimmer verlassen hatte, kam Plagg wieder raus. "Du bist echt ein liebestoller Idiot. Merkst du nicht, dass sie sich total in dich verknallt hat." Ich setzte mich auf. "Das ist doch gut." "Sie ist in Chat Noir verknallt, nicht in Adrien... Oh pardon, ich meine Sebastien." "Das bedeutet, dass sie Chat Noir endlich mag. Früher konnte sie mich, als Chat, nicht leiden.", freute ich mich und schwebte schon fast auf Wolke 7. "Du checkst gar nichts, du liebeskranker Narr! Wenn du das zulässt, wird sie irgendwann deine 'Wahre Identität' heraus finden wollen." "Dann soll sie es doch erfahren. Ich möchte keine Geheimnisse vor meiner Mari haben." Ich verstand Plaggs Problem nicht. "Warum erzählst du ihr dann nicht, dass du Adrien bist, wenn du keine Geheimnisse vor ihr haben willst?", sagte er spitzbübisch und wippte mit seinen Augenbrauen. "Das ist was anderes!", flüsterte ich und sah weg. "Denn wenn sie weiß dass du Chat Noir bist, dann weiß sie auch irgendwann, dass du Adrien bist, und nicht Se~bas~tien." Plagg sprach meinen neuen Namen aus, als wäre der irgendwas Ekliges. Wie kann jemand, der diesen Stinkekäse abgöttisch liebt, überhaupt irgendwas eklig finden. "Nein, dass darf sie nie erfahren. Adrien ist tot. Und er bleibt es auch." "Dann darfst du nicht zulassen, dass Marinette sich noch intensiver in Chat Noir verliebt. Bring sie dazu, sich in Sebastien zu verlieben! Interesse an dir besteht." War das wahr? "Sie hat Interesse an mir als Sebastien?" Plagg rollte mit den Augen und klopfte mit seinem Pfötchen auf meine Stirn. "Liebe macht wohl wirklich blind! Nimmst du überhaupt noch irgendwas wahr?" "Aua, was soll denn das. Warum bist du in letzter Zeit so grob zu mir?", fragte ich genervt und rieb mir die Stirn. "Weil ich dich und deine Liebste schützen will. Denk doch mal nach! - Wenn jemand Böses herausfindet, dass du als Chat Noir Gefühle für Marinette hast und sie für dich, und sie zusätzlich noch weiß, wer du wirklich bist, dann ist sie das erste Angriffsziel, um dich zu besiegen. Willst du das?" Ich schüttelte überzeugt den Kopf. "Niemals!" "Dann darf sie es niemals erfahren!" Er nickte noch mal um es zu bekräftigen. "Aber ich weiß doch auch, dass sie Ladybug ist.", brachte ich als Argument. Plagg schüttelte den Kopf. "Sie ist nicht mehr Ladybug. Hast du bei ihr die Miraculous-Ohrringe gesehen? Ich nicht." Jetzt wo er es erwähnte... "Nein...", hauchte ich. "Heißt das..." "Entweder hat sie ihre Miraculous freiwillig abgegeben oder sie wurden ihr weggenommen. Deshalb hat sie keine Erinnerung mehr an dich."
Warum sollte sie ihre Miraculous abgeben? Sie mochte doch ihr Leben als Ladybug. Und wenn sie ihr abgenommen wurden? Hatte sie sie verloren, weil ich einfach verschwand und sie deshalb nicht unterstützen und beschützen konnte?
Das schlechte Gewissen nagte an mir. War dies auch meine Schuld?
Da fiel mir wieder ein, was Mari mir erzählt hatte: Die Sache mit ihrem Unfall. Warum sollte sie mich in diesem Punkt belügen?
Mir blieb nur eine Möglichkeit: Ich muss die Person fragen, die Mari am nächsten steht. Alya.
"Adrien! Hörst du mir zu?" Ich schüttelte den Kopf. "Du musst Marinette dazu bringen, ihre Gefühle für Chat Noir aufzugeben! Du darfst ihr keine Avancen mehr machen, wenn du Chat Noir bist. Lass sie nicht zu nah an dich ran, halte sie auf Abstand." "Ich hab's verstanden, Plagg!", sagte ich enttäuscht. "Aber glaubst du, dass es wieder Villians geben wird? Wir haben Hawk Moth doch besiegt!" "Der Evillustrator war ja wohl kein Zufall. Solange wir nichts Genaues wissen, müssen wir vorsichtig sein und dürfen uns nicht in Sicherheit wiegen." Plagg schien plötzlich so erwachsen. Wenn ich daran dachte, wie kindisch er damals war... Ich sage bloß die Sache mit Chloé's Ring oder meinen Geburtstag.
"Ok, um Mari zu schützen, würde ich alles tun. Und wenn ich meine eigenen Gefühle zurückstecken muss."
In dem Moment flog die Tür auf und Mari kam herein gestürmt. Plagg konnte sich gerade noch so hinter dem Kopfkissen verstecken.

Was lange währt wird endlich gut!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt