Alptraum?

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Ich fand mich in meiner Collège-Zeit wieder. Nach langer Diskussion mit Sabrina und... Ja, wie hieß sie eigentlich? Ich konnte mich nicht entsinnen, sie zu kennen. Sabrina und ich hatten sie irgendwie überedet, am Projekt mitzuarbeiten. Sie schwätzte aber mehr und lenkte uns ab, statt wirklich was zu tun, lackierte lieber ihre Nägel.
Irgendwann reichte es mir. "Könntest du deine Maniküre vielleicht auf später verschieben und uns bei dem Projekt helfen?!", fragte ich genervt. "Excusé-moi! Meine Nägel und Haare haben immer Vorrang, schließlich muss ich gut aussehen. Du vergisst wohl wer ich bin!" Vergessen? Wie kann man jemanden vergessen, den man nicht kennt? Während ich Sabrina sehr deutlich sehen konnte, war die andere Person eher schemenhaft - zumindest ihr Gesicht. Bildete ich mir die Person vielleicht nur ein? Aber warum sollte ich mir so ein oberflächliches Modepüppchen denn einbilden? "Ich rede mit dir, Marinette Dupain-Cheng." Zumindest wusste sie, wer ich war. "Ähm... Ja, natürlich weiß ich wer du bist. Du bist..." "Die Tochter des Bürgermeisters. Ganz recht." Ach war sie das? Das erklärte zumindest, warum sie so eine eingebildete Ziege war, wenn ich das mal so sagen darf. Sie bildete sich ja haushoch etwas darauf ein, dass sie die Tochter des mächtigsten Mannes in Paris war. Dabei war le Maire Marchand so ein netter Mensch, wie konnte seine Tochter dann so eine Schreckschraube sein?
"Mach dir keine Sorgen C...é, Marinette und ich machen das schon. Du hast noch viel zu tun, nehme ich an.", meinte Sabrina. Die blonde Tussi - Warum konnte ich ihren Namen nicht verstehen? - warf ihr Haar zurück und meinte: "Gut! Morgen will ich das alles auf meinem Tisch liegen haben damit ich es im Namen unserer Gruppe", nebenbei gab sie einen Laut des Ekels von sich, "das Projekt vorstellen kann." Dann verließ sie, unter deutlichem Hüftwackeln, die Bibliothek. Sobald sie die Bibliothek verlassen hatte, schlug ich mit der Hand krachend auf den Tisch. "Was fällt dieser Kuh eigentlich ein? Wir machen die ganze Arbeit und sie...?" "So machen wir das seit der Grundschule. Wir beide recherchieren erst mal, arbeiten alles aus und C...é präsentiert es dann. So macht dann jeder was." Schon wieder verstand ich ihren Namen nicht. Das konnte doch nicht wahr sein. Wer war dieses Mädchen bloß? Darüber konnte ich mir aber auch noch später Gedanken machen.
"Sabrina. Fühlst du dich denn glücklich, so wie es jetzt ist? Das ist doch total unfair." "Wenn du dich jetzt gleich dahinter klemmst, dann schaffen wir das." "Aber ich muss auch noch anderes für die Schule machen. Zum Beispiel für..." Sie hielt mir einen Hefter hin. "Ich hab' Geografie für dich gemacht. Also können wir uns voll und ganz auf das Projekt konzentrieren." Ich gab' es auf, rollte genervt mit den Augen und schüttelte den Kopf. Sabrina würde sich wohl nie ändern. Miesgelaunt begann ich, im ersten Buch Informationen zu suchen und diese zu notieren.

Erschöpft fiel ich zu Hause in mein Bett. Schule war doch doof. Zumindest wenn man mit Leuten zusammenarbeiten musste, die man nicht mochte, und nicht mal kannte. *Ich schaue einfach ins Internet.*, dachte ich mir und schaltete meinen PC ein. Mein Desktopbild verwirrte mich. Da war ein Junge in tausendfacher Ausführung zu sehen. Sein Gesicht war genauso schemenhaft wie das der Tussi aus meiner Projektgruppe. Wer war er?
Im Internet gab ich in die Suchzeile den Namen unseres Bürgermeisters ein. Doch dieser hatte keine Tochter, nur 2 Söhne. Wer war diese Tussi dann? Warum behauptete sie so etwas?
Nach dem Jungen auf meinem Desktop hätte ich am liebsten auch gesucht, aber zu ihm hatte ich ja überhaupt keinen Anhaltspunkt.
Ich lehnte mich nach Hinten in die Lehne meines roséfarbenen Schreibtischstuhls. Mein Kopf tat weh. "C'est magnifique!" Im negativen Sinne. Ich verstand nämlich gar nichts mehr. Mein Kopf brummte unaufhörlich. Plötzlich fielen mir überall an der Wand Bilder auf. Besser gesagt Fotos. Es war der Junge von meinem Desktop. Wieso hatte ich Bilder einer Person an meinen Wänden, die ich nicht kannte.
Ich riss die Bilder ab. Jedes Einzelne. Angefangen am Schreibtisch, einmal eine Runde rum. Aber sie hörten nicht auf. Es wurden immer mehr. Langsam geriet ich in Panik. Ein Bild nach dem anderen klebte sich über einander und es schien, als würden sie Mauern bilden, die sich in rasender Geschwindigkeit auf mich zu bewegten. Ich war umzingelt. "Hilfe! Maman, Papa!" Bald würden die Bilder mich unter sich begraben haben. "Marinette!" Diese Stimme kannte ich, konnte sie aber nicht zuordnen. "Ich helfe dir!" Um meinen Körper schlang sich ein dünner Strick und ich wurde durch die Wand aus Fotos hindurch gezogen. Mit den Händen schlug ich die Bilder weg, die versuchten an meinem Körper kleben zu bleiben. "Nein! Hilfe!" Dann stand ich plötzlich am Treppenabsatz der Treppe, die zu meinem Bett und meiner Terrasse hinaufführte. Die Zugkraft um meine Hüfte ließ nach, der Strick war weg. Hier war niemand. Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass hier die Person steht, die mit mir gesprochen hatte. Aber hier war niemand.
Auf der ersten Stufe lag nur noch etwas Rundes, Rotes mit schwarzen Punkten. Ich hob es auf. "Ein Yo-Yo?" Es blieb keine Zeit, weiter darüber nachzudenken. Die Bilder holten mich ein und in meiner Panik rannte ich die Treppe rauf.
Auf meiner Terrasse saß ich wortwörtlich in der Falle. "Benutz' das Yo-Yo!" Wieder diese Stimme. Wie sollte mir ein Yo-Yo weiterhelfen? "Du weißt, was du tun musst. Erinner' dich!" "Wer bist du?", schrie ich gen Himmel. "Du kennst mich! Mehr als du glaubst und mehr als dir lieb ist." Hinter mir auf dem Dach tauchte Ladybug auf. "Ladybug?" "Ja, die bin ich. Hast du mich vermisst?" Vermisst? Ungläubig sah ich sie an. "Du enttäuschst mich!" Sie sprang runter und stand nun direkt vor mir. "Wie konntest du mich nur vergessen?" "I...ich..." Was sollte ich denn sagen? "Es... Es ist nicht meine Schuld. Der Unfall..." "Von wegen Unfall. Du wolltest es so." Was redete sie denn da bitte?" "Du wolltest mich vergessen. Mich und A....n." Was? Sie und wen?
Mein Kopf tat weh. Das war zu viel.
Die Bilder des Jungen brachen durch die Dachluke. "Nein!" Ich lief zum Geländer. "Ladybug, hilf mir!" "Sieh der Wahrheit ins Auge und renn' nicht vor ihr weg." "Bitte!", flehte ich. Sie kam zu mir und schubste mich runter. "Erinnere dich und du kannst dir selbst helfen." "Ahhhhh!"
Ich fiel und fiel immer tiefer.
Ich dachte schon das war's mit mir. Doch plötzlich wurde ich von 2 starken Armen aufgefangen. Das erste, was mir auffiel, waren die blonden Haare. Das musste Chat Noir sein. Er war also gekommen, um mich zu retten. "Merci beaucoup, Chat Noir!", sagte ich mit so viel Dankbarkeit in der Stimme, wie nur möglich war. Mein Herz raste immer noch. Ich ließ mich absetzen und dann sah ich, dass Chat ungefähr 5m von mir entfernt stand. Sein Blick war traurig.
Aber wenn Chat dort stand, wer war dann das? Ich drehte mich um und sah den Jungen von den ganzen Fotos. Sein Gesicht war genau wie bei der Tussi nicht zu erkennen. "Du hast dich also für ihn entschieden!" Chat drehte sich um und war kurz darauf auf dem nächsten Dach verschwunden. "Nein! Chat komm zurück! Bitte!" Ladybug kam von oben runter gesprungen und nahm mir das Yo-Yo ab. In meiner Angst hatte ich die Finger ganz verkrampft um es geschlossen. "Das brauchst du nicht! - Sag bescheid wenn du bereit dafür bist." Bereit für was? "Und nun viel Spaß mit deinem Märchenprinzen!", entgegnete sie gehässig und schubste mich wieder in die Arme des Jungen. "Werde glücklich!" Er schlang seine Arme um mich und ich versuchte mich mit aller Kraft zu wehren. "Mari!", nannte er mich. Ich hatte ihm wohl kaum erlaubt, mich so zu nennen. "Mari, beruhige dich! Alles wird gut!" Von wegen. Ich wehrte mich weiter. Was er sagte ignorierte ich, es interessierte mich nicht.
Irgendwann hatte ich keine Kraft mehr und sackte weinend in seinen Armen zusammen. Entkräftet ließ ich mich von ihm noch enger in die Arme ziehen und schluchzte. Er hob mein Kinn an und küsste mich. Vor Schreck riss ich die Augen auf und sah: Sebastien.

Was lange währt wird endlich gut!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt