N E U N

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You with your voice like nails on a chalkboard, calling me out when I'm wounded. You picking on the weaker man.

[Mean - Taylor Swift]

Schande war dann besonders grausam, wenn man ihr zu glauben begann.

Wenn es nicht mehr nur der Charakterfehler des Anderen war, der sie notwendig machte, sondern die eigene Unfähigkeit. Mit Anerkennung verhielt es sich genauso. Solang man nicht daran glaubte, solang man erwartete, dass es nur Taktik war, alles kein Problem. Aber in dem einen Moment ... puff.

Amber sah zu Kol auf und fragte sich ernsthaft, wie das passieren konnte.

Der Tag hatte unglaublich gut begonnen. Zum ersten Mal hatte sie mit den anderen gefrühstückt und obwohl sie Josh nicht dahin gehend instruiert hatte, war er nicht von ihrer Seite gewichen. Natürlich hatte er das auf eine so lässige Weise zu tun verstanden, dass niemand das Gefühl gehabt hatte, sie sei in Begleitung dort.

Sie hatte sogar einen kurzen Blick auf die Originals werfen können, als sie den Raum verließen, sobald sie die ersten Aufträge verteilt hatten. Kols Augen hatten geblitzt, aber Elijah, der neben ihm stand, hatte alles getan, um sie nicht anzusehen.

Irritiert, aber versessen darauf, sich davon nicht ablenken zu lassen, war sie zum Training erschienen und hatte erwartet, innerhalb der ersten zehnSekunden auf der Matte zu liegen und für irgendeine Verstimmung in den Reihen der Brüder zu bezahlen, mit der sie nicht das Geringste zu tun hätte.

Es war nicht so gekommen. Kol hatte sie gemustert, aber nichts gesagt, als sie ebenfalls schockiert in Betracht gezogen hatte, wie er dort stand. In Trainingsklamotten. Das T-Shirt schmiegte sich an seine Muskeln, seine Hände waren verbunden, ohne dass Amber einen Grund dafür erkennen konnte – immerhin war er ein Vampir. Selbst, wenn er sich verletzt hätte, wäre das inzwischen geheilt?

Als sie fertig war, hatte er kurz gelacht und ihr erklärt, dass sie heute einige Kampftechniken durchgehen wollten. Der Schrecken, den sie empfunden hatte, weil sie weit und breit keine Matte ausmachen konnte, war verschwunden, als Kol eine Hand nach ihr ausstreckte, nachdem er sie zu Boden gebracht hatte. Um ihr aufzuhelfen.

Kol... half ihr auf?

Ihre Skepsis war geweckt und blieb in höchster Alarmbereitschaft, als er sich dafür entschuldigte, die Kraft des Tritts nicht richtig eingeschätzt zu haben. Ihr Knochen war noch nicht einmal gebrochen gewesen.

Mit solchem Wahnsinn hatte es begonnen, doch langsam hatte es sich in eine Art ... freundlichen Umgang miteinander entwickelt, der Amber im ersten Moment so viel Angst gemacht hatte, dass sie die leichtesten Angriffskombinationen direkt wieder vergaß. Kol hatte sie ausgelacht, aber er hatte eine Geduld aufgebracht ... zum Himmel nochmal, Amber hatte sogar Zeit gehabt, zu bewundern, wie schön Kol war, wenn er kämpfte.

Die Eleganz seiner Bewegungen, die Geschmeidigkeit seiner Angriffe, die augenfällige Leichtigkeit, mit der er Angriffen entkam, indem er einfach nur sein Gewicht verlagerte. Sie hatte sehen können, weswegen Klaus sich für seinen Bruder als ihren Trainer entschiedenhatte. Etwas an ihm versprach mehr als ein stumpfes Kaputt Schlagen.

Etwas an ihm versprach, mehr zu sein als der Sadist, den er sie hatte sehen lassen. Und das Schlimmste war, dass es sie neugierig gemacht hatte.

Zwischen den Lektionen hatte er sie Fragen stellen lassen. Wo er bestimmte Techniken gelernt hatte. Was sie tun konnte, um ihre Verteidigung zu verbessern. Was er von manchen Kampfkünsten hielt und weswegen er andere verdammte. Er hatte ihr Antworten gegeben. Manche arrogant, andere sogar herablassend, aber immerhin: Antworten.

Wildest Dreams • Elijah Mikaelson [pausiert]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt