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»Hier bist du also.«

Wo sollte ich auch sonst sein, wenn nicht an meinem Lieblingsplatz auf der ganzen weiten Welt.

Wisst ihr, meiner Ma gehört eine kleine Café-Kette. Mittlerweile gibt es einunddreißig MoonHours in Deutschland und da Mum die Kette vermutlich geerbt hat, wird sie weiter expandieren wollen. Das war immer ihr Wunsch, wozu sie Ma stets drängte.

Und alles fing mit einem kleinen Café an. Dem allerersten MoonHour, ein Vierundzwanzigstunden Café in der Nähe des Krankenhauses. Hier lernten meine Mütter sich kennen, hier verliebten sie sich, hier wuchs ich teilweise auf. Dieses Haus wird immer mehr mein Zuhause sein als die Villa, in der wir lebten. Weswegen ich vor vier Jahren hierher zog. In die Wohnung über dem Café. Genau dort sitze ich jetzt gerade auch. Auf dem Flachdach des Hauses, von dem aus ich einen guten Blick über die Skyline habe.

Jo trägt noch immer ihr knielanges schwarzes Kleid, das etwas zu weit geschnitten ist. Sie will damit kaschieren, dass ... Nein. Wisst ihr was? Ich wollte gerade einen Scherz machen, dass Jo schwanger ist, damit ihr alle »aaaaaaw« macht und mich dann verteufelt, weil es nicht wahr ist. Aber mir ist gerade nicht nach Scherzen.

»Wir haben dich vermisst.«

Ich nicke nur als Antwort und sie setzt sich zu mir, auf die andere Klappliege und starrt genauso den Mond und die Sterne an.

»Die restlichen Reden waren sehr schön. Und deine Essensauswahl war exquisit.«

»Können wir das lassen?«

»Was?«, fragt sie, scheinbar ehrlich überrascht.

»Dieses sinnlose Geplänkel. Das bringt mir auch nichts.«

Es ist nicht fair, sie so anzumaulen, aber man wird mich verstehen können. Sie wird das. Jo versteht mich immer. Als ich eine Auszeit von ihr brauchte, weil ich dachte, wir passen nicht zusammen, hat sie das akzeptiert. Als ich zu ihr zurückkam auch. Als ich einen Ring kaufte und sie fragen wollte, ob sie meine Frau werden will, wusste sie, dass das kommen sollte. Doch es kam nicht. Ich habe sie nicht gefragt und wir beide wissen es. Ich bin ein Angsthase, ist mir bewusst. Aber es ist einfach nicht die Zeit, um diese Frage zu stellen.

»Ich vermisse sie«, seufze ich und starre von den Sternen zu Jo, zurück zu den Sternen.

»Ich auch«, seufzt sie ebenfalls und nimmt meine Hand.

Everyday at midnight {I miss you}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt