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Vielleicht hat Jo recht und ich bin noch wie als Siebzehnjähriger. Aber der Vorteil davon, 28 zu sein, ist, dass ich trinken kann. So viel ich will. Wann ich will. Selbst wenn ich es am nächsten Tag bereue. Und das tue ich. Ich bereue es. Denn als jemand in die Wohnung kommt und ich mit hämmernden Kopfschmerzen unter dem Esstisch aufwache, mir den Kopf an der Platte anhaue und mich wieder hinlege – ich weine nicht. Die Tränen sind nur automatische Reaktionen auf den Schmerz – wünsche ich mir, eine Zeitmaschine zu besitzen.

»Du bist so ein Dummkopf«, keift jemand und erst denke ich, dass es Jo ist. Aber die Person, die mich hervorzieht, mich auf die Couch setzt und mir kurz darauf Kaffee einflößt, riecht nicht nach Jo. Riecht nicht nach Orangen und Tinte. Jo hätte auch Bibliothekarin werden können.

»Bist du wieder ansprechbar?«, fragt Nora mich und klatscht auf meine Wangen.

Blinzelnd sehe ich hoch und nicke langsam. Sofort redet sie auf mich ein und ich kann ihr nicht ganz folgen. Vielleicht bin ich doch nicht ansprechbar. Aber da sie mir eh nur einen Vortrag hält, wie beschränkt ich bin, mich mit Jo gestritten zu haben, ist es mir gleichgültig. Das weiß ich ja schon.

»Also, was wirst du tun?«

»Tun?«, wiederhole ich langsam.

Hatte Nora schon immer einen Zwilling? Ach nein, das war Jo. Jo und Josie. Ungleich und gleich. Ist da noch Restalkohol in meinem Kreislauf? Muss ich deswegen den Drang zu kotzen unterdrücken?

Nora verdreht die Augen, soviel kann ich erkennen. Sie gibt mir ein Glas Wasser und zwei Kopfschmerztabletten, ehe sie wieder etwas sagt. Diesmal höre ich sie schon klarer.

Verdammter Alkohol. Ehrlich, Kinder. Fangt gar nicht erst an. Ihr denkt immer, es wird nicht so schlimm, aber es wird in Wahrheit noch viel, viel schlimmer.

»Was wirst du gegen das Verschwinden tun?«

Ich bewege meine Schultern. Schlechte Idee. Ganz schlechte Idee. »Sie wird schon wieder kommen.«

»Und was wenn sie entführt wurde?«

Entführt? Wer sollte Jo denn entführen? Zu welchem Zweck vor allem? Sie ist ja nicht reich oder berühmt. Ich auch nicht, auch wenn einige aus der Stadt uns kennen.

»Sie ist aus der Wohnung spaziert, sie wurde nicht entführt«, erkläre ich und trinke noch einen Schluck Wasser. Ob die Arbeit mich schon vermisst? Meine armen Schüler. Was für ein Wochentag ist es überhaupt? War gestern nicht erst Samstag?

Nora setzt sich schwungvoll neben mich und kreischt. AUA. »Du hast sie gestern gesehen?«

Ich frage mich, ob ich betrunken war oder sie. Vor allem frage ich mich, warum Jo zu ihr gegangen ist. Woher sonst sollte Nora davon wissen?

»Natürlich. Wir hatten einen Streit und sie ist gegangen, hörst du nicht zu?«

»Elias.« Der neue Tonfall gefällt mir nicht und ich öffne die Augen ein Stück weiter, um Noras verspannte Haltung zu betrachten. Das ernste Gesicht. Die zu einem Strich verzogenen Lippen. Was immer sie mir sagen wird, kann nicht gut sein. So sehen einen Ärzte im Krankenhaus an. Polizisten am Unfallort. Richter im Gerichtsaal. »Ich rede nicht von Jo. Ich rede von deiner Schwester Elisa. Sie ist seit gestern spurlos verschwunden.«

Everyday at midnight {I miss you}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt