21.

68 14 0
                                    

Draußen empfing mich der Regen. Die dicken Tropfen waren kleiner geworden, dafür aber auch wesentlich mehr. Ich hätte rennen sollen, um so schnell wie möglich weg von diesem Haus zu kommen, weg von Ocean, aber es war als würde ich bis zu den Knien in Kleister stecken, so etwas hatte ich noch nie erlebt. Wie hatte Ocean nur so etwas über mich sagen können, auch nur denken? Ich hatte wirklich gedacht, oder eher gehofft, ihm mehr zu bedeuten als das... Jetzt kannte ich also die Wahrheit, wie er zu mir stand, was er von mir dachte und was er von mir wollte. Eigentlich hätte ich erleichtert sein sollen und vielleicht sogar froh darüber, dass es Michael gab und dass er mir das alles erzählt hatte, bevor es zu spät gewesen war. Bevor ich mich in Ocean verliebt hätte. Ich hatte es ja vermutete, die ganze Zeit hatte ich damit gerechnete, dass er mir eines Tages das Herz brechen würde, aber trotzdem hatte ich Hoffnung gehabt. Hoffnung darauf ihm vielleicht mehr bedeuten zu können, Hoffnung auf etwas Gutes in ihm. Aber Ocean LaForge hatte kein Herz. Und allein diese Tatsache reichte aus, um mich wütend genug zu machen, mir die Tränen in die Augen zu treiben. Ich hasste ihn, genauso wie ich auch Michael hasste, doch am allermeisten hasste ich mich selbst. Ich war dumm gewesen, naiv und dumm. Jetzt bekam ich die Quittung dafür. Ich hatte tatsächlich angefangen Ocean zu mögen, sicherlich hatte ich ihm noch nicht mein Herz geschenkt, aber warum tat es dann so verdammt weh?

"Sky?" Seine Stimme drang durch den prasselnden Regen und das Rauschen der Blätter an meine Ohren, natürlich tat sie das. Aber zum Teufel nochmal, ich würde mich nicht von ihm aufhalten lassen. Er konnte sagen was er wollte, noch einmal würde ich nicht auf ihn hereinfallen.

"Sky warte!" Ich hatte es fast geschafft, ich hatte das Gartentor beinahe erreicht, als sich seine Finger um meine Hand schlangen. Ruckartig wirbelte ich herum und entriss ihm meinen Handrücken. "Fass mich nicht an!"
Er blinzelte durch den dichten Regenschleier zu mir herunter, immer mehr Tropfen verewigten sich als dunkle Punkte auf seinem T-Shirt. "Sky, bitte lass es mich erklären..."
"Nein danke!", unterbrach ich ihn und bemerkte erst jetzt das kleine Rinnsal Blut, das sich aus seiner aufgeplatzten Lippe mit dem Regen vermischte. "Ich habe alles verstanden."
"Nein..."
"Weißt du, eigentlich sollte es mich nicht mal überraschen!", feuerte ich, "ich wusste von Anfang an was für ein Kerl du bist und ich dachte, ich hätte dir mein Desinteresse auch ausreichend übermittelt, aber verdammt, dein Ego ist so riesig, dass du trotzdem denkst, ich würde mit dir ins Bett hüpfen. Dabei wäre das sicher das Letzte, das ich mit dir gemacht hätte! Nicht jedes Mädchem steht auf Machos. Ich am allerwenigsten."
"Ich bin kein..." Ich ließ ihn immer noch nicht ausreden. "Aber meinen Respekt hast du, du solltest über eine Schauspielkarriere nachdenken. Für ein paar Augenblicke habe ich nämlich wirklich gedacht, du wärst kein so großes Arschloch wie ich es immer von dir gehört habe. Aber jetzt bin ich überzeugt davon, dass du noch viel schlimmer bist!"
Er versuchte nun nicht mehr sich zu verteidigen, stattdessen stand er nur stumm vor mir, der Regen lief ihm in die Augen. Ich drehte mich schon zu meinem Wagen um, als mir noch etwas einfiel. "Ach und noch was: wenn du denkst ich wäre zu unentspannt und müsste mal wieder gefickt werden, hättest du mir einfach einen Vibrator kaufen können. Ich hätte dich zwar trotzdem für einen widerlichen Perversling gehalten, aber immerhin hättest du nicht so viele kostbare Minuten meiner Zeit verschwendet!"
Ich hatte nicht damit gerechnet, dass er sich verteidigen würde, doch das was er stattdessen tat, überraschte mich noch viel mehr: er folgte mir.

"Sky, bitte bleib hier!", brüllte er gegen den Regen an, der immer stärker wurde. "Du solltest bei dem Wetter nicht durch den Wald fahren. Warte wenigstens, bis der Wind nicht mehr so stark ist." Er packte mich an der Schulter und versuchte mich zum Stehenbleiben zu zwingen, doch ich riss mich los. "Tu doch nicht so als würde es dich interessieren, ob mir etwas passiert,", schrie ich zurück und streckte die Hand nach dem silbernen Türgriff aus.
"Natürlich tut es das!" Wie konnte er so etwas sagen, nachdem, was ich gerade erfahren hatte? Konnte er es nicht einfach gut sein lassen? Sein blödes Getue brachte mich nur dazu erneut Hoffnung zu schöpfen. Vielleicht war ich ihm ja doch nicht komplett egal... Oh doch, das war ich. Ocean wollte mich nur verwirren, er spielte absichtlich mit meinen Gefühlen.
"Bitte steig nicht in dieses Auto." Er flehte mich an, aber ich dachte gar nicht daran auf ihn zu hören. Die Wut brodelte hitzig in meinem Magen und in meinem Kopf, ich war kurz davor Ocean eine zu klatschen, aber er sollte nicht sehen wie sehr mich seine Worte verletzt hatten.
"Sky bitte..."
Ich schlug ohne ein weiteres Wort die Autotür zu und ließ den Motor an.
"Sky!" Er fuchtelte wild mit den Armen durch die Luft, doch ich beachtete ihn nicht länger. Nie wieder würde ich ihm Beachtung schenken, nie wieder auch nur einen einzigen Blick. Ich legte den Rückwärtsgang ein und bog auf die Straße ab, die in den Wald hinein führte.

-Ende von Kapitel 21.-
Schon wieder so ein kurzes Kapitel, tut mir echt Leid. Aber hättet Ihr Ocean an Skys Stelle so schnell verziehen und findet Ihr ihre Reaktion übertrieben? Ich freue mich immer über Antworten. Danke für's Lesen!!

The Story of Ocean and SkyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt