Noch ein Familientreffen

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Okay, vorab zwei Worte an alle, die sich Drama wünschen: Sorry, nein.
Allen anderen viel Spaß mit diesem leichten Kapitel! :)

Rick PoV:
Er hatte kaum geschlafen. Er war tatsächlich noch nervöser als am vergangenen Wochenende. Was würden seine Eltern sagen? Wie würden sie die Beziehung finden? Sie hatten Steven immer gemocht, gar keine Frage. Aber am Ende des Tages waren sie doch konservativer als dessen Eltern. Jetzt saß Rick in Steves Küche, einen Kaffee auf dem Tisch und scrollte durch die sozialen Medien. Es gab kaum interessante Neuigkeiten, also likte er ein paar Bilder, auf denen er markiert worden war. Er langweilte sich. Es war eigentlich zu früh, um schon auf zu sein, aber er hatte sich nur noch im Bett herumgewälzt. Außerdem hatte er Steven nicht wecken wollen. Also war er bereits um 8Uhr morgens geduscht, angezogen und hatte seinen ersten Kaffee intus. Auf einmal tapste ein sehr verschlafen wirkender Steven in die Küche. Er gähnte. "Guten Morgen!" Dann rieb er sich die Augen. Rick lächelte unwillkürlich. "Morgen. Kaffee?", fragte er und stand schon auf. Steven nickte. "Erstmal Bad", murmelte er dann und verschwand wieder. Währenddessen bereitete Rick einen Kaffee vor und setzte sich wieder.

Kurze Zeit später kam Steven zurück und wirkte deutlich munterer. Er war geduscht und hatte etwas angezogen. Dankbar nahm er seinen Kaffee. "So, heute ist der große Tag, was?", fragte er und setzte sich Rick gegenüber. Rick lief es kalt den Rücken runter. Er konnte kaum nicken. "Entspann dich, Alter. Uns wird schon nix passieren!", munterte Steven ihn auf. "Wollen wir vorher noch kurz im Büro vorbeischauen? Das liegt ja quasi auf dem Weg!" Wieder konnte Rick gerade einmal nicken. Wie konnte Steven nur an so etwas Profanes wie die Arbeit denken? Rick selbst dachte seit Stunden nur noch darüber nach, wie sie nachher bei seinen Eltern saßen. Und er malte sich die schlimmsten Horrorszenarien aus. Seine Eltern, die ihn rauswarfen, ihn verstießen. Die gegen die Beziehung waren und ihm den Umgang mit Steven verbieten wollten. Doch Steven wirkte gelassen und entspannt für zwei. Ein Piepen riss Rick aus seinen Gedanken. Sein Handy zeigte eine SMS von Stevens Mutter an: 'Viel Glück!' Rick sah Steven an. "Was is'?", fragte der. Nachdem Rick ihm das Handy gezeigt hatte, wurde Stevens Laune noch besser. "Siehst du, selbst meine Eltern denken an uns! Was soll schon schiefgehen?" Rick hätte ihm einiges sagen können, aber er wusste, das die Frage rhetorisch gemeint gewesen war. Deshalb sagte er nichts und seufzte nur. 

Steve PoV:
Das mit dem Büro war ein Ablenkungsmanöver gewesen und Steven hatte sofort ein schlechtes Gewissen. Aber er sah, wie schlecht es seinem Freund ging, deshalb wollte er, dass Rick nicht den ganzen Tag nur an das Gespräch mit seinen Eltern dachte. Mit mäßigem Erfolg.

Im Büro angekommen trafen sie unter anderem auf Marie und Floid, die natürlich sofort wissen wollten, was mit Rick los war. "Wir erzählen heute seinen Eltern von uns", erläuterte Steven. Beide wünschten ihnen Glück. Rick sah so aus, als könnten sie es gut gebrauchen. Nach einer kurzen Besprechung zu einem Space Frogs-Entertainment-Video machten sie sich auch schon auf den Weg zu Ricks Eltern.
Die Anspannung war Rick nun deutlich anzusehen. "Hey, Alter", sagte Steven und stoppte Rick auf dem Weg von der U-Bahn zum Haus. "Du solltest dich entspannen. Wenn du da gleich so auftauchst, wissen die beiden sofort, dass was nich' stimmt. Und dann?" Rick sah ihn an. Dann nickte er. Er hatte den ganzen Tag kaum gesprochen. "Ich weiß. Aber ich mach' mir echt Sorgen, weißt du?" Steven nickte, dann umarmte er seinen Freund. "Ich weiß", murmelte er und strich ihm behutsam über den Rücken. Rick schob ihn ein Stück von sich. "Das macht es nich' besser!", grummelte er und grinste spitzbübisch. Steven lachte. "Nee, aber so hast du wenigstens wieder n bisschen Farbe im Gesicht. Und jetzt komm'!" Er drückte seinem Freund einen schnellen Kuss auf und zog ihn dann weiter.

An dem Mehrfamilienhaus, in dem Ricks Eltern wohnten, angekommen, atmeten beide tief durch. Dann klingelten sie und wurden sofort hereingelassen. 'Als hätte jemand hinter der Tür gewartet', dachte Steven. Achselzuckend gingen sie hoch. Kaum waren sie an der Wohnungstür angekommen, schlangen sich zwei lange Arme um sie. "Oh, Jungs, kommt her!", rief eine vertraute Stimme und zog sie in eine Umarmung. "Äh, Ma? Alles okay?", fragte Rick argwöhnisch und wurde sofort wieder blasser. Die Frau, die Ricks Mutter war, zog die beiden in den Flur und schloss die Tür. Dann hielt sie die Jungs auf Armlänge von sich. "Ich freu mich ja so!", rief sie und drückte sie sofort wieder an sich. "Und worüber?", fragte nun auch Steven. "Ach, kommt erstmal rein!", erklärte Frau Rieck und zog beide ins Wohnzimmer. Dort saß auch Ricks Vater. "Ah, Jungs!", begrüßte Herr Rieck die beiden und bugsierte sie dann zum Sofa. Er und seine Frau nahmen gegenüber Platz. "Also, seit wann ist das schon so?", fragte Frau Rieck. "Äh, was?", fragte Rick, er stand offensichtlich auf dem Schlauch. Bei Steven hingegen fiel langsam der Groschen. "Ihr habt uns gesehen", sagte er leise. Es war eine Feststellung, keine Frage. Ricks Vater nickte. "Gerade eben, als ihr an dem Park standet. Ihr hattet angehalten und Tina wollte wissen, warum, also hat sich durch die Gardine geguckt." Langsam bekam Ricks Gesicht wieder etwas Farbe. Es wechselte von kalkweiß zu natürlich rosa, zu rot und stoppte irgendwann bei dunkelrot. Steven nickte. "Seit zwei Wochen, in Südafrika hat es..." - "Gefunkt", unterbrach Tina, Ricks Mutter ihn. "Genau", antwortete er. Rick sah von seinen Eltern zu Steven und wieder zurück. "Äh, ihr..., wir..., was?", fragte er nochmal. Steven verdrehte die Augen. Dann sagte er ganz langsam: "Deine Eltern haben uns gesehen. Als wir gerade unten standen. Als ich dich geküsst habe. Und jetzt möchten sie gern wissen, wie lange wir schon zusammen sind." Ricks Eltern nickten bestätigend. "Ich habe gesagt, seit Südafrika. Und jetzt wollen sie bestimmt wissen, was wir da unten gemacht haben." Wieder nickten Herr und Frau Rieck. "Und jetzt bist du dran", endete Steven und zeigte auf Rick.

Rick PoV:
"I-, ich?", fragte Rick beklommen. Er hatte inzwischen verstanden, was los war. Dennoch fühlte er sich unwohl. "Ich wusste ja nicht, wie ihr reagiert. Deshalb hab' ich mir 'n bisschen Sorgen gemacht", erklärte er dann kleinlaut. Seine Eltern sahen ihn liebevoll an. "Ach Schatz!", rief seine Mutter, kam um den Wohnzimmertisch herum und schloss ihren Sohn nochmal in die Arme. "Wir sind deine Eltern, wir lieben dich! Und Steven, dich lieben wir doch auch schon immer!" Mit diesen Worten schlang sie einen Arm auch um Steven. "Hauptsache, ihr seid glücklich!", erklärte nun auch Ricks Vater und lächelte.

Nachdem Ricks Mutter die beiden losgelassen hatte, nahm Rick Stevens Hand. Er wurde mutiger. Das Schlimmste war überstanden. "Das sind wir", sagte er fest und lächelte. "Ach ist das schön. Und, Steven, wissen es deine Eltern schon?", wollte Tina Rieck wissen. Steven nickte und erzählte vom Coming Out. Rick hing derweil seinen Gedanken nach. Er wusste, dass seine Eltern sich immer nur gewünscht hatte, dass er glücklich sei. Aber trotzdem war das irgendwie komisch, dass sie so gar nichts dagegen hatten. "Aber eine Frage hab' ich doch", wandte sich Ricks Mutter jetzt wieder an ihren Sohn. "Woher soll ich nun Enkel nehmen?" Steven lachte, doch Rick nahm diese Frage so ernst, wie sie gemeint war. "Tja, mal abgesehen davon, dass wir erst zwei Wochen zusammen sind, ist es ja grundsätzlich nicht unmöglich, auch als schwules Paar Kinder zu kriegen. Also von daher... Lass uns erstmal sehen, wohin diese Beziehung führt", erklärte er. Dann stutzte er, wurde rot und sah seinen Freund an. Noch nie hatte einer von beiden die Beziehung als 'schwul' oder 'homosexuell' bezeichnet. Von Liebe gesprochen hatten sie, aber es so ausgesprochen zu hören, das war ein merkwürdiges Gefühl. Fast schämte Rick sich. Doch Steven drückte sanft seine Hand und gab ihm so zu verstehen, dass alles in Ordnung war. "Okay, aber sagt mir Bescheid, wenn's so weit ist!", verlangte Ricks Mutter noch und sie versprachen es. Den Rest des Nachmittags unterhielten sie sich sehr entspannt.

Nach einiger Zeit verließen sie Ricks Eltern und machten sich auf den Heimweg. "Siehst du, alles halb so wild", sagte Steven aufmunternd. Rick stieß ihm den Ellenbogen in die Seite. "Klar, abgesehen von der Enkel-Frage!", erklärte er lachend. "Ach, dafür haben wir doch noch eeeewig Zeit", antwortete Steve und legte Rick den Arm um die Schultern. Rick nickte. Das stimmte. Sie hatten Zeit. Für alles.

2 Boys 1 Love - zwei Frösche in der RealitätWo Geschichten leben. Entdecke jetzt