Das böse Wort

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Steve PoV:
Am nächsten Morgen erwachte Steven, weil er fror. Er zog die Decke wieder über seinen nackten Oberkörper und wollte sich näher an Rick kuscheln - und mit einem Schlag war er hellwach. Rick war nicht da. Blinzelnd sah er sich um. Das graue Tageslicht drang durch sein Fenster und er lag allein im Bett. Ein Blick auf sein Handy verriert ihm, dass es bereits 9Uhr durch war. Doch wo war sein Freund? Langsam richtete Steven sich auf und setzte seine Brille auf. Da hörte er leise Geräusche aus der Küche. Ein Klappern und Blubbern. Argwöhnisch stand er auf, zog sich ein T-Shirt über und ging nach nebenan.
Im Türrahmen blieb er wie angewurzelt stehen. Rick stand, nur in Boxershorts, am Herd und machte Rührei. Der Tisch war liebevoll gedeckt, es gab Brötchen - wo auch immer Rick die Sonntagmorgens her hatte -, die Kaffeemaschine lief und auch sonst war alles für ein klassisches Sonntagsfrühstück vorbereitet. "Wow", entfuhr es Steven bei diesem Anblick. Erschrocken ließ Rick den Pfannenwender fallen. "Alter, hast du mich erschreckt!", fuhr er Steven an. Doch der grinste nur, hob den Wender auf und legte ihn in die Spüle. Dann zog er Rick in eine Umarmung. "Wann bist du aufgestanden?", flüsterte Steven. Rick zuckte die Schultern. "Vor einer Stunde, ungefähr. Ich war Brötchen holen und wollte ein Überraschungsfrühstück machen. Freust du dich?" Steven lachte leise. Er war so voller Dankbarkeit, er konnte es kaum in Worte fassen. Deshalb nickte er nur. Rick befreite sich aus der Umarmung und grinste Steven an. "Dann setz' dich und lass mich mal weitermachen. Er schob Steven zum Tisch. Achselzuckend setzte Steven sich und sah seinem Freund bei der Arbeit zu. Er konnte einfach nicht aufhören, zu grinsen. Rick war früh aufgestanden, für ihn. Er war im Oktober, sonntagsmorgens zum Bäcker gelaufen um Brötchen zu holen. Und jetzt machte er Rührei für ihn. Und das halbnackt! Plötzlich merkte Steven, wie sich noch jemand über den Anblick freute. Sofort schämte er sich. Doch was hatte Rick neulich gesagt? Er müsse sich für etwas so natürliches nicht schämen. Also setzte er sich einfach ein bisschen aufrechter hin und versuchte, sich von Ricks Anblick nicht zu sehr verunsichern zu lassen.
Währenddessen füllte Rick zwei Tassen mit Kaffee und stellte sie auf dem Tisch ab. "Was grinst du denn so?", fragte er. "Du machst Frühstück für mich", erklärte Steven schlicht. Doch insgeheim war es mehr als das. Dass Rick, entgegen jeder Gewohnheit, extra für ihn früh aufgestanden war und das Haus verlassen hatte, führte Steven vor Augen, wie viel seinem Freund an ihm lag. Wie viel er für Steven empfand. Und das machte Steven einfach nur glücklich. Besser hätte er es nicht beschreiben können. Rick hatte sich inzwischen wieder den Eiern zugewandt. "In fünf Minuten können wir essen", informierte er den Freund. Steven nickte, bis ihm auffiel, dass Rick das ja nicht sehen konnte. Also räusperte er sich. "Okay", flüsterte er, kehlig. Er nahm einen Schluck des viel zu heißen Kaffees und musterte Rick weiterhin. Dann sah er über den Tisch. Rick hatte sogar Servietten besorgt! Plötzlich bildete sich ein Kloß in Stevens Hals. So viel Zuneigung war er einfach nicht gewohnt.
Er blinzelte und nahm nur am Rande war, dass Rick wieder mit dem Pfannenwender hantierte. Plötzlich rutschte es Steven einfach so heraus.
"Ich liebe dich."

Rick PoV:
Zum zweiten Mal an diesem Morgen ließ Rick den Pfannenwender fallen. Doch er war wie erstarrt, konnte sich weder zu Steven umdrehen, noch das Küchengerät aufheben. Er sah weiterhin wie hypnotisiert die Pfanne vor ihm an. Was hatte Steven da gerade gesagt? Er hatte sich doch verhört, oder? Langsam drang die Realität wieder zu Rick durch. Er hörte eine Tür schlagen, dann drehte er sich um. Steven saß nicht mehr auf seinem Stuhl. "Okay, dann habe ich mich wohl doch nicht verhört", murmelte Rick mehr zu sich selbst. Er stellte den Herd aus, dann ging er zu Stevens Schlafzimmer. Die Tür war geschlossen. Rick klopfte. "Steven? Bist du da drin? Lass' mich 'rein, bitte!" Es kam keine Antwort. Doch als Rick die Tür aufdrücken wollte, merkte er einen Widerstand. Er wusste, dass Steven keinen Schlüssel zu dieser Tür hatte, deswegen nahm er an, dass sein Freund vermutlich direkt hinter der Tür saß. Er ging in die Hocke und redete erneut auf Steven ein: "Bitte Steven. Geh' von der Tür weg. Lass mich 'rein zu dir!" Von der anderen Seite vernahm er ein Schluchzen. Weinte Steven? Aber warum? Rick konnte sich diese Reaktion nicht erklären, zumal es Steven gewesen war, der das böse Wort mit L ausgesprochen hatte. "Steven, komm' schon. Lass' mich rein und rede mit mir!" Wieder keine Reaktion. "Wenn du jetzt nicht endlich von der Tür weggehst, komm' ich mit Gewalt rein!", drohte Rick und stand wieder auf. Immer noch nichts. Testweise drückte Rick die Klinke herunter und versuchte, die Tür aufzudrücken. Es ging nicht. Also lehnte Rick sich mit seinem ganzen Gewicht gegen die Tür, drückte die Klinke herunter und schob. Zentimeter für Zentimeter öffnete sich die Tür.
Als der Spalt endgültig groß genug war, dass Rick durchpasste, schlüpfte er schnell in's Zimmer. "Du weißt, dass ich von uns der Stärkere bin", erklärte er und sah zu Steven. Wie erwartet hatte der hinter der Tür gesessen. Jetzt sah er ihn aus roten Augen von unten an. Sofort kniete Rick neben seinem Freund. "Entschuldigung", flüsterte Steven und sah zu Boden. Rick setzte sich und zog Steven in eine Umarmung. "Wofür?", fragte er flüsternd, während Steven in seine Halsbeuge schluchzte. Steven schluckte. "Ich hätte das nicht sagen sollen. Es ist mir einfach so rausgerutscht", erklärte er. Rick musste lachen. Vor einer Woche hatten sie genau die gleiche Unterhaltung geführt, nur umgekehrt! Das sagte er Steven auch - und brachte seinen Freund damit zum Lachen. "Ja", antwortete dieser. "Aber zwischen 'glauben, sich zu verlieben' und 'Liebe' gibt's immer noch einen kleinen Unterschied!" Rick schüttelte den Kopf und schob seinen Freund ein Stück weg. Dann fasste er Steven bei den Schultern und erklärte: "Und warum, glaubst du, bin ich so scheiße früh aufgestanden, habe Brötchen geholt und angefangen, Rührei zu machen? Und die Servietten, nicht zu vergessen!" Steven zuckte die Schultern und sah weg. Das konnte Rick ja überhaupt nicht leiden. Also legte er beide Hände sanft an Stevens Gesicht. "Siehst du mich jetzt vielleicht mal an?" Widerstrebend gehorchte sein Freund. Blaugraue Augen, sofort verlor Rick sich in ihnen. Er räusperte sich. "Meinst du, das habe ich gemacht, weil wir schon ewig so gute Kumpel sind?" Steven zuckte die Schultern. "Nein, du Idiot. Das habe ich gemacht, weil es mir genauso geht wie dir! Die Eifersucht gestern Abend, du hast mich verdammt nochmal quer durch die Wohnung getragen!" Bei der Erinnerung fingen beide an zu lachen. "Siehst du! Ich wollte dir etwas gutes tun. Weil. Ich. Dich. Liebe. Hörst du? Ich liebe dich!", erklärte Rick eindringlich. Stevens Augen wurden groß. "Natürlich hab' ich mich erschreckt, als du's gesagt hast. Ich war ja überhaupt nich' darauf vorbereitet! Aber, meine Fresse, du glaubst gar nicht, wie ich mich freue!" Dann zog er Steven näher zu sich und küsste ihn.

Steve PoV:
Rick liebte ihn. Er liebte Rick. Sie liebten einander. Selten war Steven in seinem Leben so glücklich gewesen. Sein bester Freund. Sein fester Freund. Wie ein Singsang tönte es in seinem Kopf 'Liebe, Liebe, Liebe'. Wieder lösten sich Tränen aus seinen Augenwinkeln, doch diesmal vor Freude. "Und jetzt", sagte Rick, nachdem er sich von ihm gelöst hatte, "gibt's Frühstück." Steven wurde hochgezogen und in die Küche geschoben. Wie auf Kommando meldete sich sein Magen. "Siehst du, ich hab auch Kohldampf! Also, setz' dich, ich hole die Eier", erklärte Rick, drückte ihn auf einen Stuhl und ging wieder zum Herd.
Während des Frühstücks waren beide recht schweigsam, grinsten sich jedoch immer mal wieder an. "Übrigens", sagte Steven irgendwann. Rick sah ihn mit hochgezogenen Brauen an. "Du bist ganz schön unfair!", führte er aus. Ricks Miene versteinerte. "Warum das denn?!" - "Ganz einfach", erwiderte Steven. "Du kannst nicht einfach oben ohne in der Küche werkeln und erwarten, dass mich das nicht aus der Fassung bringt!" Rick fing lauthals an zu lachen. "Oh, sorry! Warte, ich zieh mir schnell was an!", erklärte er und stand auf. Steven packte ihn am Handgelenk. "Untersteh' dich!", zischte er und funkelte seinen Freund an. Diesen Anblick wollte er noch ein wenig länger genießen. "Wieso?", fragte Rick arglos. Das hätte er lieber nicht tun sollen. Mit einem Ruck zog Steven ihn zu sich und auf seinen Schoß. Sanft strich er mit den Fingerspitzen über Ricks Wirbelsäule, während er mit der anderen Hand immernoch sein Handgelenk festhielt. Dann wanderten die Finger nach vorne, über die Brust. Rick seufzte. "Deshalb", flüsterte Steven und grinste ihn an. "O-, okay", murmelte Rick und schloss wohlig die Augen. Vorsichtig küsste Steven Ricks empfindliche Stelle am Hals. "Hey, was wird das?", fragte Rick leise. Steven zuckte die Schultern. "Keine Ahnung. Erstmal ist das nur ein Kuss", erklärte er arglos. Rick nickte. Steven küsste die Stelle nochmal, dann begann er, zärtlich an der empfindlichen Haut dort zu knabbern. Er spürte, wie Rick eine Gänsehaut bekam und wohlig seufzte. Vorsichtig ließ Steven Ricks Handgelenk los und umfasste mit seiner Hand dessen Seite. Die Finger der anderen Hand strichen weiterhin über Ricks Oberkörper und streiften dann und wann seine Brustwarzen. Rick entspannte sich zusehends.
Einer Eingebung folgend leckte Steven sanft über Ricks Halsbeuge, bevor er noch einen Kuss dorthinhauchte. Rick drehte den Kopf und küsste Steven auf die Wange. "Du machst mich echt verrückt!", erklärte er leise. Steven grinste. "Das war der Plan!" Sanft strich Rick mit den Fingern durch Stevens Haar.
Doch plötzlich stand er auf. Steven sah ihn fragend an. "Muss mal auf's Klo", murmelte er und verschwand. Grinsend wandte Steven sich wieder seinem, inzwischen kalten, Kaffee zu.

2 Boys 1 Love - zwei Frösche in der RealitätWo Geschichten leben. Entdecke jetzt