Will beobachtete die beiden Frauen genau. Die beiden standen da und starrten ihn an. Avina schien etwas eingeschüchtert zu sein und war so blass, dass er Angst hatte, sie würde gleich umkippen und Selina war begeistert.
"Was ist denn los?", fragte er verwirrt.
"Hast du es noch nicht bemerkt?" Avina schien kurz vor dem Durchdrehen zu sein.
Selina stupste sie einfach nur an und lief auf ihn zu. Ihr Blick spiegelte reine Liebe wieder.
"Hey Alpha", sagte sie. Er sah sie verwirrt an. Irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht. Erst nahm er seine Rabengestalt nicht an, dann umwirbelten ihn blaue Funken und nun starrte seine Schwester ihn an, als ob er schwer krank wäre, während seine Frau fast hüpfend auf ihn zu kam und ihn 'Alpha' nannte.
Er sah nach unten auf seine Pfoten, dann hob er den Blick wieder, um Selina anzusehen, die nun direkt vor ihm stand. Moment ... Pfoten? Er starrte wieder hinunter. Ja das waren Pfoten. Er rannte auf den Teich zu, wobei er sich alle Mühe gab, um nicht über seine eigenen Beine zu stolpern, von denen er plötzlich vier hatte.
Verwirrt betrachtete er sein Spiegelbild. Ein Wolfsgesicht starrte ihn an. Noch verwirrter als er es so schon war, drehte er sich zu den Mädchen um.
"Was ist verdammtnochmal passiert, als ich bewusstlos war?", seine Stimme klang unnatürlich hoch.
Selinas Blick senkte sich zu Boden.
"Der Gott ist mir wieder erschienen. Du weißt schon. Der hat mir die Ursache meiner Schmerzen erklärt. Unser Kind hatte sich verwandelt und seine Gestalt war nicht normal. Es war halb Wolf halb Rabe. Ein Wolf mit Schnabel und Federn. Der Gott hat die Tiergestalt des Kleinen so verändert, dass es erträglich für mich ist es auszutragen. In Menschen- und in Wolfsgestalt. Es ist jetzt ein reiner Gestaltwandlerwolf. Und scheinbar hat der Gott auch gleich noch an die Zukunft gedacht und dich auch gleich verändert", schloss sie ihre Erklärung.
Will legte den Kopf schief.
"Und warum tut er das? Ich meine, dir helfen?"
"Wenn ich das wüsste ...", erwiederte sie.
Er trat an die beiden heran. Sie war ein Stück kleiner als er, was auch in Menschengestalt der Fall war. Avina stand scheinbar immernoch unter Schock und starrte ihn an. Ihre Furcht konnte Will spüren und diese Erkenntnis traf ihn hart. Sie hatte Angst vor ihrem eigenen Bruder.
"Ganz ruhig Avina, ich bin immernoch ich."
"Ja das schon aber mein Instinkt dreht gerade leicht durch und sagt mir, ich sollte fliehen. Es reicht schon, dass Selina mir bis zum Hals geht, jetzt bist du in Wolfsgestalt sogar noch ein paar Zentimeter größer als ich."
Sie atmete schnell. Er ging etwas von ihr zurück und lief ins Dickicht. Dort verwandelte er sich zurück und zog sich an. Er ging wieder auf Avina zu und dieses Mal schien sie sich zu beruhigen. Er nahm sie in den Arm, wie er es früher immer getan hatte, wenn sie Angst hatte und sie erwiederte die Umarmung. Ihre Atmung normalisierte sich langsam wieder und ihr Herzschlag mit.
Plötzlich gähnte sie und blinzelte zu ihm hinauf.
"Ich glaube es wird Zeit, dass du schläfst. Wir sind heute lange genug gelaufen und es ist viel passiert. Leg dich schlafen."
"Du meinst gestern ist viel passiert. Ihr wart heute den ganzen Tag bewusstlos."
Schockiert sah Will zu Selina, die genauso betroffen wirkte.
"Dann wird es höchste Zeit, dass du schläfst", sagte Will bestimmt. Avina nickte und legte sich auf die Decke. Er zog eine weitere Decke aus dem Rucksack und deckte seine kleine Schwester damit zu. Fast sofort war sie eingeschlafen, das konnte er an ihrem Herzschlag und ihrer Atmung hören.
Ein Wolfsgehör zu haben war wirklich nicht schlecht.
Er wandte sich Selina zu, die gerade ihre Kleidung aus dem Gebüsch heraustrug und ihn bat diese im Rucksack zu verstauen. Er tat es und fragte sie anschließend:
"Wieso verwandelst du dich nicht zurück?"
"Weil ich heute gerne mit dir einschlafen würde, als Wölfe."
Er blinzelte und verwandelte sich schnell. Seine Kleidung riss. Überrascht starrte er auf deren Überreste. Seine Frau lachte leise auf.
"Scheinbar musst du dich erst noch daran gewöhnen, dass du nicht mehr kleiner wirst, sondern größer."
Er schenkte ihr ein Wolfsgrinsen und breitete sich auf der Decke aus. Sie legte sich an seinen Bauch mit dem Kopf auf ihren Pfoten.
"So und was ist jetzt mit unserem Kleinen?", fragte er sanft.
"Es geht ihm oder ihr gut. Die Veränderung hat es scheinbar gut überstanden."
"Welche Gestalt hat es jetzt?"
Er wurde neugierig.
"Momentan ist es in Wolfsgestalt und so fühlt es sich wahrscheinlich auch wohler."
"Wie lange dauert eine Schwangerschaft bei Wölfen?"
"Zwei Monate", antwortete sie sachlich und ahnte welche Reaktion das bei ihm hervorrufen würde.
"Was denkst du, wie lange es bei uns dauern wird?", fragte er etwas beunruhigt.
"Ich habe keine Ahnung. Aber ich glaube, dass es schon nach Menschenzeit geht."
Er leckte ihren Kopf und sie schloss die Augen.
"Das ist viel schöner, als zu meinen Zeiten als Vollzeitrabe."
Sie lächelte und vergrub ihr Gesicht in seinen tiefschwarzen Fell.
"Ja da stimme ich dir zu."
"Wieso hast du mich vorhin eigentlich Alpha genannt?"
"Weil du ein Alpha bist. Du führst ab heute mit mir ein Rudel."
"Denkst du, das Rudel akzeptiert mich?"
"Müssen sie, sonst haben sie ein Problem mit mir."
Sie hob ihren Blick und sah in seine blaugrünen Augen. Darin war Belustigung zu sehen.
"Weisst du was? Das glaube ich dir sogar aufs Wort."
Wie um sie zu necken, biss Will sanft in ihr Ohr. Sie schnappte kurz nach ihm und legte ihren Kopf anschließend wieder auf ihre Vorderpfoten. Wie um sich zu entschuldigen leckte er ihre Schnauze ab, aber Selina drehte ihren Kopf weg. Er winselte leise und stand auf. Erschrocken sah sie zu Will hoch, dieser wedelte mit dem Schwanz und blickte ständig von ihr zum Teich und wieder zurück.
"Heute nicht mehr. Morgen früh."
Traurig schaute er sie mit seinem Hundeblick an. Sie musste stark bleiben.
"Nein ich schlafe jetzt ein bisschen und das solltest du auch tun."
"Und wer hält Wache?"
"Müssen wir nicht. Unsere Sinne sind selbst im Schlaf nicht komplett abgeschalten. Wir hören alles in unserer Umgebung haargenau, wenn sich also jemand nähert, bekommen wir es also mit."
"Na gut. Ich werde aber trotzdem Wache halten. Soll ich dich später aufwecken?"
"Nur wenn du müde wirst."
"Okay."
Er legte sich wieder neben sie und Selina lehnte sich an ihn.
Nach einer Weile wurden ihr Herzschlag und ihre Atmung gleichmäßiger und er legte seinen Kopf auf ihre Wolfsschulter und schloss die Augen. Er hörte alles und roch alles, also konnte er seine Augen ausruhen.
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Larwenia Band 5 - Prince Of Fire And Death
FantasyNathaniel, William und Kyle folgen Daron nach Xadrien. Die Mädchen sollten eigentlich im Schloß bleiben, doch sie denken gar nicht daran. Jedoch kaum haben sie die Jungs erreicht bekommt Selina ein Problem mit dem keiner Gerechnet hat und nachdem...