16. Kapitel. Wiedersehen von Vater und Sohn

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Beim Frühstück am nächsten Morgen erwähnte er nichts von den Geschehnissen der Nacht.
Doch Rose sprach ihn irgendwann an. "Du bist so schweigsam..."
"Ich habe nicht besonders gut geschlafen."
"Hm... verstehe." Rose stand auf. "Vielleicht hättest du doch bei mir schlafen sollen."
"Vielleicht."
Nathaniel stocherte lustlos in seinen Essen herum. Erst nach einer Ewigkeit hatte er aufgegessen und schob seinen Stuhl zurück. Schweigend lief er in den Innenhof und Rose folgte ihm.
"Nathaniel, wo willst du denn hin?"
"Ach nur etwas raus."
"Wieso?"
"Mir ist gestern nur was Seltsames passiert und ich wollte sicher sein, dass es kein Traum war", meinte Nathaniel und Rose sah ihn fragend an.
"Ich zeig es dir."
Er nahm sie sanft an der Hand und führte sie nach draußen zu dem Brunnen.
Eigentlich dachte er, sie würde ihn wunderschön finden, doch sie sah ihn an wie einen Pickel im Gesicht der Wüste.
"Sowas tust du nachts, statt zu schlafen?" Sie wirkte wütend, doch er wußte nicht wieso und dann zersprang der Brunnen in tausend Scherben.
"Was tust du!?", fuhr Nathaniel sie an und Rose seufzte.
"Wir sind hier in der Wüste. Das ist Wasserverschwendung"
Sie legte ihm eine Hand auf die Brust. "Es war doch nur ein dummer kleiner Brunnen, der hat dir doch sicher nichts bedeutet."
Nathaniel schüttelte den Kopf.
"Gut dann lass uns wieder rein gehen. Wir bekommen jeden Moment Besuch", meinte Rose und Nathaniel folgte ihr zurück ins Schloß schaute jedoch nur auf seine Füße, bis Rose plötzlich sagte:
"Oh unser Besuch ist wohl schon da."
Nathaniel sah auf und erblickte seinen Vater.
"Oh, du bist wieder da."
"Das klingt ja nicht sehr freudig."
"Entschuldige Vater ich hab nur nicht damit gerechnet, dich so schnell wieder zu sehen."
"Meine Verhandlungen sind abgeschlossen."

Will erwachte, als einer der Diener an der Tür klopfte.
"Euer Hoheit, Sir Grim ist soeben eingetroffen und wünscht euch zu treffen."
"Vielen Dank. Sag ihm, dass ich in wenigen Minuten runter komme."
"Ich richte es aus, Euer Hoheit."
Will hörte wie er sich von der Tür entfernte und wie sich neue Schritte schnell näherten. Die Tür wurde unachtsam aufgestoßen und Raphael kam hereingestürmt.
Selina schrak auf und sah sich nach dem Ursprung des Lärms um. Als ihr Blick auf Raphael fiel, breitete sich ein Lächeln auf ihren Lippen aus. Der Junge rannte auf sie zu, sprang aufs Bett, krabbelte auf seine Cousine und schlang seine Arme um sie.
"Hallo mein Kleiner."
Will stand auf, besorgte sich schnell etwas zum Anziehen und legte Unterwäsche und ein schlichtes weißes Kleid für Selina heraus.
Selina sah an sich hinunter. Zwischen ihr und ihrem Cousin war immernoch die Decke, aber sie war nackt.
"Will, wo ist mein Nachthemd?", fragte sie belustigt.
"Du hast gestern Abend noch immer nach diesem Erik gestunken. Das konnte ich nicht ertragen. Lustigerweise hast du, während ich dich gebaded habe, durchgeschlafen."
"Gestern Abend?"
Verwirrt sah sie ihn an.
"Raphael, seit wann weisst du, dass wir wieder da sind?", fragte sie.
"Seit Tante Avina mir gestern Abend über den Weg gelaufen ist. Sie sagte, dass ihr am Morgen angekommen seid, also habt ihr den gestrigen Tag durchgeschlafen."
"Stimmt, wir sind gestern Morgen angekommen..."
Sie war leicht überrascht. Schnell scheuchte sie Raphael hinaus, zog sich an und richtete sich ihre Haare. Sie lief zur Tür, wo William auf sie wartete und sie an der Hand nahm. Im Thronsaal wartete Grim bereits auf sie.
"Guten Morgen.", grüßte Grim fröhlich.
Avina stand auch bereits in einem dunkelblauen Kleid am Fenster uns schaute hinaus.
"Kümmere du dich bitte um Avina. Sie macht sich Sorgen um Nathaniel. Kannst du sie ein wenig ablenken?"
"Ja mach ich. Sorg du dafür, dass mein dämlicher Bruder von dem Ernst der Lage erfährt." Sie gab ihm einen kurzen Kuss auf die Lippen und wandte sich dann Avina zu.
"Avina, kommst du? Wir reiten aus."
Verwirrt drehte sie sich um.
"Wieso das denn?"
"Kassiopeia muss mal wieder bewegt werden und ich nehme an, dass ihr euch gerne wiedersehen würdet.", mischte sich Will ein.
Avina stand da und schaute ihn perplex an, während Selina auf sie zuging, sie an der Hand schnappte und hinauszog.
Sie zog sie weiter zu den Ställen und ließ sie erst vor Kassiopeias Box los. Der Hengst wieherte freudig und trat an das Gatter.
Sofort eilten zwei Stallburschen herbei und einer führte Kassiopeia aus dessen Box, während Selina den Gang entlang lief und nach einem geeigneten Pferd suchte. Schließlich blieb sie vor einer Box stehen, in der eine rostrote Stute stand und sie anschaute. Der Stallbursche trat hinein, führte sie hinaus und sattelte sie.
Im Damensattel ritten sie durch das Schlosstor und trieben ihre Pferde zum Galopp an. Sie fand diesen Sattel furchtbar unbequem und Avina fühlte sich offensichtlich auch nicht wohl.
Am See hielten sie die Pferde an, stiegen ab und banden sie an Bäumen fest.
"Willst du Magie wirken oder dein Rudel rufen?", fragte Avina neugierig.
"Das Rudel muss ich gar nicht mehr rufen. Sie wissen, wenn ich in der Nähe bin und kommen von selbst." Sie sah sich kurz um und sah schon Luna auf sich zukommen. Die alte Wölfin wedelte mit dem Schwanz, blieb jedoch stehen, als der Wind Selinas Geruch in ihre Richtung wehte. Sie witterte, starrte sie dann verwirrt an und legte den Kopf schief. Kurz darauf legte sie den Kopf in den Nacken und heulte. Sie rief das Rudel.
Selina hielt den Blick immernoch auf Luna gerichtet, wandte sich aber mit ihren Worten an Avina.
"Mach keine plötzlichen Bewegungen und sieh keinem der Wölfe in die Augen! Ich weiß nicht, was jetzt passiert, aber halte dich in der Nähe der Pferde auf! Hole Will, wenn du es für nötig hälst." Langsam wich Avina zu den Pferden zurück. Ihr Rudel kam langsam auf sie zu. Selina behielt sie alle genau im Auge und beobachtete jede ihrer Bewegungen. Luna kam auf sie zu und blieb direkt vor ihr stehen. Selina machte sie auf alles gefasst, doch was dann kam, überraschte sie. Luna leckte ihre Hand ab und drückte dann ihre Nase an ihren Bauch. Sie trat einen Schritt zurück und das restliche Rudel kam näher. Nach einer Weile beschloss Selina, sich zu verwandeln und zog sich hinter einem Baum aus. Als sie wieder hervortrat sah sie, wie Avina langsam wieder auf sie zukam.
"Ganz ruhig. Jetzt kann dir nichts mehr passieren."
"Sicher?"
"Ja."
Selina sah zu Luna. Die Ohren der alten Wölfin zuckten und ihr Kopf wandte sich schließlich Richtung Schloss. Nun drehten auch alle anderen Rudelmitglieder den Kopf in diese Richtung. Selina wurde auch darauf aufmerksam, als einige Wölfe losliefen. Sie sah in diese Richtung und hörte im selben Moment Kampfgeräusche. Ein großer schwarzer Wolf wehrte sich gerade gegen sieben kleinere Wölfe.
Ihr großer schwarzer Wolf wurde von ihrem eigenen Rudel angegriffen, weil sie dachten, ihre Alpha sei in Gefahr. Verdammt. Sie rannte auf die kämpfenden Raubtiere zu und riss die Rudelmitglieder von Will herunter. Sie knurrte das Rudel an, sodass sie endgültig von Will abließen. Nachdem sie das taten, stupste sie ihn mit der Nase an und warf ihm einen fragenden Blick zu. Er schüttelte den Kopf und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf das Rudel, das sie inzwischen nur verwirrt anschaute.
Sie bedachte sie alle mit einem bösen Blick und fast sofort zogen sie sich zurück. Luna jedoch trat vor und sah die beiden eindringlich an. Will sah sie wachsam an. Sie trat noch einen Schritt vor... und noch einen.
Nach einer Weile fing er an zu knurren und stellte sich vor Selina.
Sie wusste, dass genau das die Reaktion war die Luna hervorrufen wollte. Zufrieden mit sich selbst nickte sie ihr noch einmal zu und lief dann in den Wald zurück. Sie bellte kurz und das Rudel folgte ihr.
"Was zum Henker war denn das?", fragte er als sie verschwunden waren.
"Wusstest du das nicht? Sie wollte testen, ob du mich auch vor meinem eigenen Rudel beschützen würdest und da du das getan hast, ist sie zufrieden und akzeptiert dich und wenn sie dich akzeptiert, tolleriert dich auch das Rudel."
"Was wäre passiert, wenn ich es nicht getan hätte?", fragte er aus reiner Neugier.
"Bestenfalls hätte sie dich vertrieben, schlimmstenfalls angegriffen.", erklärte sie. Will schluckte. Damit schien er nicht gerechnet zu haben. Als Rabe hatte er solche Probleme noch nie.

Larwenia Band 5 - Prince Of Fire And DeathWo Geschichten leben. Entdecke jetzt