Rose ließ Ralok nach oben fliegen. Mit einem Schlag seiner Pranke durchtrennte er das Spinnenseil an dem Nathaniel hing. Er fiel auf den Boden und es war ein Wunder, dass er sich dabei nicht den Hals brach. Froh, dass das Blut nun wieder aus seinem Kopf lief, versuchte er sich aufzurapeln, doch auch wenn die Lämung langsam nachließ, diese Spinnennetzte waren extrem stabil. Er konnte sich nicht rühren.
Rose zog ihn auf die Beine und Nathaniel fragte:
"Und was hast du jetzt vor?"
"Das merkst du früh genug."Avina setzte sich verzweifelt auf den Boden, nachdem Selina sie befreit hatte. Die übrigen Spinnen waren tot, doch Nathaniel war verschwunden. "Wir müssen ihm helfen."
"Die nächste Frage ist, wie?", konfrontierte Selina sie mit den nächsten Problemen.
"Ich sage es zwar nicht gerne, aber wir müssen wohl oder übel doch in die Wüste", meinte Will nach einer Weile.
"Nein", mischte sich Kyle ein.
"Ihr geht zurück nach Larwenia. Ich befreie Nathaniel. Ihr müsst euch auf einen Krieg vorbereiten."
"Aber...", Avina wollte protestieren.
"Avina denk doch nach! Ich komme allein viel schneller voran. Außerdem würde Nathaniel es nicht wollen, dass du in Gefahr bist, denn im Süden werden wir immer häufiger auf Dämonen treffen. Will, sorg dafür, dass ihr alle gesund nach Hause kommt."
Er nickte diesem ein letztes Mal zu, bevor er sich umdrehte und den Weg zurücklief, den sie sich bisher durchgeschlagen hatten.
Will zog sein Schwert und machte sich daran ihnen den Weg durch das Dickicht zu hacken.
"Lass mich das machen. Ich muss Dampf ablassen", unterbrach Avina ihn und zog ihr eigenes Schwert.
Geradezu im Wahn hackte sie sich durch das Dickicht. Es war ein etwas verstörender Anblick.Will lief neben Selina. Ihre Bewegungen waren flüssig und durchdacht. Aber trotz ihrer Umgebung, auf die Will eigentlich achten sollte, starrte er lediglich auf ihren Bauch. Da drin wuchs sein Baby. Es war schon eine komische Vorstellung, denn noch war nichts zu sehen, aber es würde nicht mehr lange dauern, bis Selinas Bauch wachsen würde.
Sie wandte sich ihm zu.
"Will, Achtung! ... Ast."
Diese Warnung kam etwas zu spät. Der Ast traf seine Schläfe mit voller Wucht. Frustriert, dass er nicht auf den Weg geachtet hatte, hielt er sich den Kopf. Er war stehen geblieben und versuchte wieder klar sehen zu können. Selina trat an ihn heran und nahm sein Gesicht in beide Hände.
"Zeig mal her", sagte sie und das unterdrückte Lachen in ihrer Stimme war nicht zu überhören. Nun war Avina stehen geblieben und fragte:
"Was ist denn los? Kommt ihr?"
"Ja gleich. Dein Bruder hat nur einen Ast gegen den Kopf bekommen."
Er hörte wie seine Schwester zurückkam und da er immernoch nicht scharf sehen konnte, beschloss er:
"Lasst uns eine kleine Pause machen. Ich brauche noch einen Moment, um wieder scharf sehen zu können."
Avina griff in ihre Tasche und holte einen winzig kleinen Stein heraus, diesen hielt ihn an Wills Schläfe.
Nach einer Weile ließ das Pochen nach und sein Blick klärte sich.
Er sah seine kleine Schwester an.
"Dankesehr."
"Nichts zu danken, aber dafür laufen wir weiter."
Will stöhnte kurz auf, lief dann aber ohne weitere Proteste weiter.Es war später Abend, als sie eine kleine Lichtung mit Teich erreichten.
William breitete schnell zwei Decken aus, während Selina etwas Essbares suchte und Avina schließlich das Feuer machte. Als das erledigt war, setzten sie sich auf die Decken und Selina kam mit etwas Essbarem von der Jagd zurück.
Als sie fertig mit essen waren, zog Will sie auf seinen Schoß und schlang seine Arme um ihren Bauch. Plötzlich stach etwas in ihrem Unterleib und sie krümmte sich zusammen.
"Selina? Was ist los?", fragte Will erschrocken.
"Keine Ahnung", brachte sie keuchend hervor. Sie schloss die Augen und bekam nur noch mit, wie Will sie auf der Decke ablegte, bevor alles um sie herum schwarz wurde."Meine kleine Wölfin. Schön dich wieder zu sehen. Auch wenn die Umstände nicht schön sind." Der Gott lächelte ihr traurig zu.
"Was ist passiert?", fragte sie verwirrt.
"Dein Welpe hat sich das erste Mal verwandelt. Das hat deine Schmerzen verursacht und nun musste ich eingreifen. Ich musste die Gestalt deines Welpen ändern."
"Wieso musstest du sie ändern?"
Das Ganze wurde immer verwirrender.
Der Wolfsgott seufzte.
"Es war halb Wolf und halb Rabe. Es hatte Federn statt Fell und einen Schnabel statt Schnauze. Ich musste diese Gestalt ändern, da es dich sonst das Leben gekostet hätte, es so zu lassen."
Selina war geschockt. Es hatte einen Schnabel statt Schnauze? Das hieß Will hatte seinen Rabenteil weitervererbt.
"Wieso rettest du mir das Leben? In was hast du meinen Welpen eigentlich verwandelt? Du hast keinen Grund dazu", fragte sie.
Er knurrte kurz und sie zog den Schwanz ein.
"Dein Welpe ist jetzt ein richtiger Wolfsgestaltwandler und ich habe meine Gründe, warum ich dir helfe, aber die werde ich dir nicht erklären, da es dich nichts angeht."
Sie wollte eigentlich nicht nachgeben, aber da er vor seiner Aussage geknurrt hatte, war seine Geduld scheinbar begrenzt.
"Desweiteren habe ich auch die Gestalt deines Gefährten verändert", offenbarte er.
"Was?!", schrie sie erschrocken auf.
"Da er ein Rabe ist, musste ich seine Tiergestalt ändern, so könnt ihr in Zukunft Welpen kriegen wie ihr wollt ohne, dass du gefährdet bist."
Ein einziges großes Fragezeichen entstand in Selinas Kopf.
"In was hast du seine Gestalt geändert? Und wie geht das überhaupt? Ich dachte du bist für die Wolfsgestaltwandler verantwortlich", brach es aus ihr heraus.
Er rollte genervt mit den Augen.
"Da Wölfe und Raben im Tierreich eine besondere Bindung zueinander haben, war es mir möglich, deinen Gefährten eine andere Tiergestalt zu geben. Und welche Gestalt er nun hat wirst du selbst herausfinden müssen, es sei denn er hat den Prozess nicht überlebt."
"Was?!", schrie sie ihn an, doch seine Gestalt verblasste langsam.Mit einem Ruck fuhr Selina hoch und ihr Kopf knallte gegen etwas hartes.
"Autsch!", gab das Harte von sich.
"Avina?"
"Wer denn sonst?", knurrte diese und rieb sich den Kopf.
"Was ist passiert?"
"Erst bist du zusammengebrochen und wenig später Will. Ich dachte schon, die Spinnen haben euch erwischt, aber ich konnte nichts erkennen, was auf Gift hindeuten könnte. Und jetzt wo du wach bist, kann ich dich ja fragen, was geschehen ist."
"Der Gott ist mir wieder erschienen. Er meinte, dass sich mein Wel ... äh das Kind vorhin zum ersten Mal verwandelt hatte. Deshalb hatte ich diese Schmerzen und dann offenbarte er mir, dass das Kind in verwandelter Form halb Rabe, halb Wolf ist und er dies geändert habe, da es sonst zu Komplikationen gekommen wäre, bei denen ich gestorben wäre. Und als Highlight musste er mir noch sagen, dass er Wills Tiergestalt verändert hatte. In was, weiß ich nicht", redete sie drauflos.
"Stopp! Was? Das Kind war halb Wolf, halb Rabe? Und er hat es verändert? Und was ist jetzt mit Will?"
"Ja, er hat die Tiergestalt des Kindes verändert und die von Will auch."
"Und in was weisst du nicht?"
"Nein, jetzt müssen wir warten, bis er aufwacht."
Die letzte Bemerkung des Gottes verschwieg sie Avina lieber.
Es verging eine Stunde und er wachte einfach nicht auf.
Avina lief nun ständig auf und ab und Selinas Nervosität stieg auch mit jeder weiteren Minute an.
Plötzlich hatte sie eine Idee. Warum war sie nicht schon früher auf den Gedanken gekommen?
Sie verschwand im Gebüsch und verwandelte sich. Der Gott konnte ihn nur in einen Wolf verwandelt haben. Das erklärte auch die Aussage, dass sie noch viele Kinder haben könnten, ohne dass wieder Komplikationen auftraten.
Sie lief in Wolfsgestalt auf Will zu und legte sich neben ihn. Nachdem er sich immernoch nicht rührte, leckte sie ihm übers Gesicht.
Dieses Mal verzog er das Gesicht, öffnete sie Augen und fuhr sich mit dem Handrücken über die nassen Stellen.
"Hättest du mich nicht ein wenig anders wecken können?", gab er leise knurrend von sich.
"Nö", antwortete sie knapp und verlangte:
"Verwandel dich!"
"Was? Wieso?"
"Frag nicht, sondern tu es einfach!"
Murrend ging er ins Dickicht. Er konnte wirklich schlechte Laune haben, wenn man ihn falsch weckte. Avina hatte die ganze Zeit nur nebendran gestanden und die beiden stumm beobachtet. Auch jetzt sagte sie nichts.
Selina fixierte die Stelle an der er verschwunden war und das Dickicht dahinter genau. Plötzlich sah die die blauen Funken, die sie auch bei ihrer ersten Verwandlung hatte. Heute waren sie zwar immernoch da, aber nicht mehr so stark wie damals. Sie hüpfte mit den Vorderpfoten auf und ab, ungeduldig, wann er endlich herauskommen würde. Sie wollte seine Wolfsgestalt sehen.
Nach einer Weile raschelte es an der Stelle an der er verschwunden war und ein riesiger schwarzer Wolf kam zum Vorschein.
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Larwenia Band 5 - Prince Of Fire And Death
FantasyNathaniel, William und Kyle folgen Daron nach Xadrien. Die Mädchen sollten eigentlich im Schloß bleiben, doch sie denken gar nicht daran. Jedoch kaum haben sie die Jungs erreicht bekommt Selina ein Problem mit dem keiner Gerechnet hat und nachdem...