11.Kapitel. Marionette

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Kyle war den Tag in dem Selina und Will bewusstlos waren, durchgelaufen und hatte den Rand der Wüste erreicht. Er wusste, dass ihm keine Zeit blieb. Nathaniel allein hatten sie nur entführt, wenn sie auch einen Plan hatten, der diesmal nichts mit Erpressung zu tun hatte.
Es war bereits einige Stunden her, das er nun mit einen Wüstenschiff unterwegs war. Diese Dinger hatten große Ähnlichkeit mit einem Katamaran und da er in der Wüste fuhr, war er sehr auf den Wind angewiesen, der ihn über den Sand ziehen musste.
Glücklicherweise beherrschte er zwar nicht viel Magie, aber es reichte um Wind zu machen und wenn er in dem Tempo weiterfuhr, würde er noch kurz vor Sonnenuntergang ankommen.
Genau so kam es dann auch und er ließ den Wind abflauen. Das Schiff schob er in den Schatten, wo es schwer zu sehen war, dann schlich er sich langsam ins Schloß. Das war relativ einfach schließlich kannte er alle Geheimgänge aber er musste Nathaniel noch finden. Vermutlich war er im Kerker also schlich Kyle sich nach unten.
Das Schloß wirkte komplett verlassen aber im Innenhof hatte er Spinnenweben entdeckt und das bedeutete Nathaniel musste hier sein.
Kyle öffente die Tür zum Kerker und sah sich um. Zuerst dachte er das er leer war, doch dann entdeckte er Nathaniel in der hintersten Zelle. Er schien sich nicht zu bewegen, vermutlich war er bewusstlos. Schnell nahm Kyle den Schlüssel von der Wand und öffnete die Zelle. Dann lief er hinein.
"He, du musst aufwachen."
Er wollte an seiner Schulter schütteln, doch seine Hand glitt durch sie hindurch und der Zauber löste sich auf.
"Ein Trugbild."
Schell drehte er sich um und wollte aus der Zelle laufen, da fiel die Tür auch schon zu. Nathaniel stand davor und schloss ab.
"Was!..Was machst du da!?"
"Was ich mache? Ich kann nicht fassen, dass du uns verraten hast."
"Ich? Was zum?"
Kyle verstand nicht, was hier vor sich ging.
"Du weißt genau, von was ich rede. Du hast dich gegen uns und meinen Vater gewandt."
Kyle hatte keine Ahnung, was hier vor sich ging, aber es gefiel ihm nicht.
"Aber du doch auch Nathaniel."
"Nein, du hast nur versucht mich zu überreden."
Rose kam um die Ecke und hatte ein breites Grinsen im Gesicht.
"Genau. Nathaniel würde mich niemals veraten."
Sie legte einen Finger an sein Kinn und drehte seinen Kopf in ihre Richtung, eh sie ihn küsste.
"Rose, was hast du mit ihm gemacht?", wollte Kyle von ihr wissen und Rose lächelte.
"Hmm, ihn zur Vernunft gebracht würde ich sagen. Nathaniel lass uns einen Moment allein", bat sie und er ging wie auf Kommando.
Kyle trat näher an die Gitterstäbe.
"Wie hast du das gemacht?"
Sie grinste.
"Ich kann Dämonen kontrollieren, das weißt du doch und er hat gerade so viel von diesem Blut intus, dass man ihn fast dazu zählen kann. Hätte Daron mich damals gleich mit nach Larwenia genommen, wäre es niemals so weit gekommen, dass ihm dieses Mädchen den Kopf verdreht. Also ist nun alles wieder im Lot."
"Im Lot? Du spinnst ja", rief Kyle.
"Du kannst mir doch nicht erzählen, dass du glücklich bist mit einer Marionette zusammen zu sein!?!"
"Nein, er trifft immer noch eigene Entscheidungen. Außer ich will es unbedingt und natürlich sind seine Erinnerungen an das letzte Jahr ein wenig anders."
"Das wird nicht funktionieren Rose", meinte Kyle.
"Er wird sich erinnern und dann wird er dich genau so hassen, wie ich es tue."
"Das werden wir ja sehen" meinte Rose und ließ ihn alleine.

Nathaniel war bereits oben und saß auf der Mauer.
Er schaute über die Wüste. Wie konnte Kyle sich gegen sie stellen? Gegen ihn? Sie waren Freunde.
Rose kam wieder zu ihm.
"Was machst du hier?"
"Ich frage mich, warum er das getan hat."
"Du weißt es doch. Wegen dieser Amber", antwortete Rose und Nathaniel seufzte.
"Ich kann es trotzdem nicht glauben."
Rose legte eine Hand auf seine Schulter.
"Du musst dich damit abfinden. Verräter können selbst in den eigenen Reihen auftreten."
"Warum darf ich Dad eigentlich nicht folgen?"
"Er will, dass du dich für den Kampf bereit machst und deine Kräfte nicht damit verschwendest, irgendwelche Verhandlungen zu führen."
"Hmm." Nathaniel nickte und starrte wieder in die endlose Weite des Sandmeeres.

Selina, Will und Avina hatten inzwischen die Küste erreicht und überlegten nun, wie sie weitermachen wollten.
"Wir müssen zusehen, dass wir möglichst unauffällig auf eines dieser Schiffe kommen", meinte Will, der wie Selina wieder menschliche Gestalt angenommen hatte.
Wenige Meter von ihnen entfernt lag ein kleiner Hafen, an dem Handel mit Larwenia betrieben wurde. Sie hielten sich im Schatten der Bäume die hier wuchsen und beobachteten das Treiben.
"Ich versuche erst einmal mit dem Hafenmeister zu reden, wenn das nicht klappt müssen wir uns entweder auf eines der Schiffe schmuggeln oder eines kapern", schlug Selina vor.
"Wieso du?", fragte Avina nach.
"Weil ich nicht so bekannt bin und wir auffliegen würden, wenn euch jemand erkennt."
Avina murrte etwas. Seit Nathaniel entführt worden war, hatte sie ganz schlechte Laune und war leicht reizbar, was auch nachvollziehbar war. Selina schüttelte den Kopf und lief auf das Häuschen zu, das hier stand. Ein kleines, schäbiges Gebäude mit roten Ziegeln, die schon ziemlich alt aussahen. Vor ihm auf der Veranda saß ein alter Mann mit sehr langem Bart, der sie ein wenig an die Zauberer in den alten Geschichten erinnerte auf einem alten Stuhl und sah ihr entgegen.
"Guten Tag, schöne Frau", begrüßte er sie.
"Guten Tag, mein Herr. Seid Ihr der Hafenmeister?"
"In der Tat, meine Schöne, der bin ich. Was kann ich denn für dich tun?" Auf seinem faltigen Gesicht breitete sich ein Lächeln aus, das bis zu seinen freundlichen Augen reichte.
"Meine Freunde und ich möchten nach Sumar-Gardo gelangen, um dort eine alte Bekannte zu besuchen. Könntet Ihr uns eine Überfahrt ermöglichen?"
"Natürlich könnte ich das, wenn ihr mich entsprechend entlohnt. In diesen Zeiten ist es schwer in Feindesland überzusetzen, jetzt da der Handel eingestellt wurde." Dass der Handel eingestellt wurde war nichts Neues für sie. William hatte es veranlasst, kurz bevor er mit Nathaniel nach Xadrien aufgebrochen war, so hatten sie sich noch auf eines der letzten Handelsschiffe schmuggeln können.
Avina und sie hatten etwas anders eine Überfahrt organisieren müssen.
Selina zog einen kleinen Sack mit Silbermünzen aus ihrer Tasche und warf sie auf den kleinen Tisch neben dem Mann.
"Ist das genug?", fragte sie den Mann ungeduldig. Dieser bekam große Augen und steckte den Sack schnell weg.
"Ja, das ist genug. In diesem Moment haben wir gerade ein Schiff im Hafen, das in einer Stunde ablegen sollte und euch nach Sumar-Gardo bringen kann."
Sie setzte ihr umwerfenstes Lächeln auf.
"Ich danke Euch, mein Herr."
"Nichts zu Danken, Schönheit. Nun hol deine Freunde! Ich bringe euch zum Schiff."
Sie drehte sich um und sah, dass Will und Avina schon auf den Weg zu ihnen waren. Ihre Kapuzen waren tief in ihre Gesichter gezogen.
"Deine Freunde mögen es wohl nicht, ihre Gesichter zu zeigen?", fragte der alte Mann.
"Nein, ihre Gesichter wurden durch ein Feuer verunstaltet und seitdem nehmen sie ihre Kapuzen nicht mehr ab", log sie ihn eiskalt an. Die Kunst des Lügens hatte sie am Hof bei den ganzen Ladys und Damen zu perfektionieren gelernt. Tratsch und Intrigen waren nicht wirklich die Dinge, die sie zu schätzen wusste.
"Oh das tut mir leid."
"Ja es ist ein trauriges Schicksal, aber was soll man machen?"
Sie lächelte ihn traurig an.
Will und Avina kamen inzwischen bei ihnen an.
"So, dann werde ich euch mal euer Schiff zeigen", sagte er, stand aus seinem Stuhl auf und nahm seinen Gehstock.
Er führte sie langsam auf einen der Stege und erzählte ihnen die Geschichte einiger Schiffe, was sie nun nicht so sehr interessierte. Selina sah sich um, die Flut kam und das Wasser stieg immer weiter an, bald würde das Schiff ablegen und sie in die Heimat bringen.
"Dort drüben ist euer Schiff", sagte er und deutete auf ein altes, wunderschönes Schiff, welches in rotbrauner Farbe gestrichen und mit goldenen Akzenten versehen war.
"Sagt dem Kapitän, dass ich das Geld erhalten habe und er so schnell wie möglich, nach seinem Stopp in Sumar-Gardo wieder herkommen soll."
"Wieso sagt Ihr es ihm nicht selbst?", fragte Avina neugierig.
Der alte Mann lächelte nur freundlich und antwortete nach einer Weile.
"Weil ich auf meine alten Tage nicht mehr auf ein Schiff gehe. Ich habe es mir vor drei Jahren geschworen und daran werde ich mich auch halten."
Selina betrachtete ihn. Ein Hafenmeister, der seine Schiffe nicht betrat? Das war doch etwas absurd, wenn man bedachte, dass er sich doch um die Instandhaltung der Schiffe kümmern müsste.
"Nun geht! Die Flut kommt und der Kapitän wird sicher bald ablegen wollen." Er scheuchte sie mit einer Handbewegung in Richtung Schiff.
Die drei traten auf das Schiff und fanden sich in einer ausgewachsenen Prügelei wieder.

Larwenia Band 5 - Prince Of Fire And DeathWo Geschichten leben. Entdecke jetzt