14. Kapitel. Leid

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Kyle lief in der Zelle auf und ab. Das war nun schon sein ... wievielter Tag hier? Er wusste es gar nicht mehr. Immer wieder wurde ihm Essen durch eine Klappe durchgeschoben, doch jedes Mal roch er erst daran, eh er es aß, damit er sich sicher war, dass kein Dämonenblut darin vermischt war. Es klapperten Schlüssel an der Tür und er sah auf.
Jack stand vor der Tür und hatte sein fieses Grinsen aufgesetzt. Aber wenn er wieder da war, hieß das auch, dass Daron wieder im Schloss war.
"Oh scheiße", mumelte er und beobachtete, wie Jack durch die Tür kam.
"Na da ist ja unser kleiner Verräter. Lass uns ein bisschen Spaß zusammen haben!"
Zwei Wachen kamen hereingestürmt, packten ihn an den Armen und zogen ihn aus der Zelle. Er wusste, wo es hin ging. In Jacks Spielzimmer und dieser Raum war schlimmer eingerichtet als der in Larwenia. Es gab hier eine Streckbank und unzählige weitere Folterutensilien, deren Namen er gar nicht mal kannte. In einer Ecke war eine Art Bett aufgestellt über deren Kopfteil stetig Wasser heraustropfte.
Sein ehemaliger Freund ließ ihn an eine Säule fesseln, mit dem Rücken zu ihm gedreht. Okay, das wird schmerzhaft. Jack ging das Regal an der Wand entlang und suchte sich eine der Peitschen aus, die dort feinsäuberlich geordnet hingen.
"Also...willst du mir nicht erzählen, was im letzten halben Jahr vorgefallen ist, bevor du Schmerzen erleidest?"
Kyle blieb stumm. Er würde bis in den Tod schweigen, egal was er ihn fragte. Jack wusste das auch, aber er wollte nur seine Angst weiter schüren, indem er ihm die Schmerzen und das Leid ankündigte.
"Okay du hast es nicht anders gewollt. Ich mache das wirklich nicht gerne, aber du lässt mir keine andere Wahl."
Von wegen er tat das nicht gerne. Kyle konnte sein Lächeln bis hier her hören. Der erste Peitschenhieb kam... und noch einer... und der nächste. Nach zehn weiteren konnte er sich nicht mehr zusammenreißen. Er schrie auf. Bei jeden weiteren Hieb, folgte ein Schrei. Irgendwann begann Kyle sich in sich selbst zurückzuziehen. Das half zwar nur bedingt aber seine Schreie wurde leiser und das quälte Jack und machte ihn umso rasender.
Nach einer Weile hielt Jack inne. Schritte waren zu hören und jemand kam herein.
"Was gibts?", fragte Jack genervt.
"Lass es für heute gut sein, Jack." Das war Nathaniels Stimme. Er war unendlich froh, dass diese Folter nun ein Ende nahm.
"Wieso sollte ich? Er ist ein Verräter."
"Gib ihm das Mittel und bring ihn zurück in seine Zelle! Du hast wieder einen Rausch und wir wissen beide, dass, wenn du einen Rausch hast, dies der Gefolterte meistens nicht überlebt und wir wollen doch Informationen bekommen und keine Leichen."
Knurrend gab Jack nach und schmierte ihm etwas auf die Wunden. Dann band er ihn los und er fiel zu Boden. Nathaniel half ihm auf und stützte ihn, während er ihn aus dem Raum zog.
Kurz bevor sie seine Zelle erreichten sagte Nathaniel leise:
"Ich weiß nicht, warum ich das getan habe, aber eigentlich solltest du solange gefoltert werden, bis du mit der Sprache herausrückst."
"Ich sage dir einen Namen. Vielleicht hilf es dir etwas, was ich wirklich hoffe. Der Name ist Avina."
Für einen kurzen Augenblick glitt Nathaniels Blick in die Ferne, doch dann runzelte er die Stirn und fragte:
"Wer ist Avina?"
"Sie ist das Mädchen, das du in Larwenia kennengelernt und geliebt hattest, bevor du wieder hierherkamst." Kyle gab die Hoffnung nicht auf.
Die Falten in seiner Stirn vertieften sich und er schüttelte den Kopf.
"Das kann nicht sein. Ich kenne keine Avina und ich liebe dieses Mädchen nicht. Ich liebe Rose und das weisst du auch." Kyle ließ traurig den Kopf hängen. Nathaniel musste sich doch an ihrendetwas erinnern. Wie kann es sein, dass er Avina vergessen hat? "Ich kann es nicht glauben, wie kann ein kleines bisschen Blut dich so verändern? Es ist doch nur Flüssigkeit, es ist nicht deine Seele."
"Blut?"
Nathaniel sah ihn verwirrt an. "Wovon redest du?"
Kyle konnte es nicht glauben.
"Daran kannst du dich auch nicht erinnern? Nathaniel sie manipuliert dich! Du musst dich eri..."
Er wurde von Rose unterbrochen.
"Du solltest nicht mit ihm reden. Er will dich nur überreden uns ebenfalls zu verraten."
Nathaniel nickte.
"Du hast Recht. Er redet nur Unsinn."
Rose zog ihn mit aus dem Raum und ließ Kyle einfach sitzen.

Nathaniel seufzte, irgendwie war all das fast zu verrückt, um es sich auszudenken, aber andererseits hatte er gar keine Zweifel.
"Ach ich will einfach ins Bett."
Rose nickte.
"Ja lass uns schlafen."
"Ich würde heute gerne mein Bett für mich haben."
Rose sah ihn skeptisch an.
"Du glaubst ihm doch nicht etwa."
"Natürlich nicht." Er küsste sie kurz. "Wir kleben nur ständig zusammen,  du kennst mich doch. Ich bin ein Eigenbrötler. Ich brauche ab und an etwas Freiraum."
Rose schmunzelte.
"Du hast recht."
Sie küsste ihn erneut.
"Wir sehen uns dann morgen früh."
Nathaniel nickte und verschwand mit einem kurzen "Bis morgen" in seinen Zimmer. Seufzend ließ er sich aufs Bett fallen. Es war furchtbar so rum zu liegen. Sein Blut schien zu brodeln, er wollte etwas tun. Irgendwas! An irgendwem seinen Frust auslassen!  Er war ruhelos.
Genervt schloss er die Augen und versuchte zu schlafen. Eigentlich war er totmüde doch immer, wenn er sie schloss, sah er ein Mädchen im Wind.
Ihre schwarzen Haare wehten vor ihrem Gesicht, sodass er sie nicht sehen konnte, doch er hatte das Gefühl sie zu kennen. Sauer auf sich selbst öffnete er die Augen und bemerkte das Rose im Zimmer stand. Sie lächelte ihn an.
"Ich will dir noch etwas zu trinken bringen."
"Danke." Er lächelte kurz und Rose ging wieder. Vielleicht konnte er nach einem Schluck besser schlafen. Deshalb nahm er es sich vom Nachttisch. Doch gerade als er etwas trinken wollte, hörte er eine Stimme. "Nicht!", rief sie nur ein einziges Wort, doch Nathaniel erschrak so sehr, dass er das Glas fallen ließ.
Fluchend drückte er den Kopf ins Kissen und nuschelte:
"Heute ist wirklich nicht mein Tag."
Seuftzend versuchte er noch einmal zu schlafen, aber es half nichts. Er stand noch einmal auf und ging nach draußen.

Larwenia Band 5 - Prince Of Fire And DeathWo Geschichten leben. Entdecke jetzt