1.Kapitel. Abgehauen

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Avina lehnte sich an die Reling. Die Gischt spritzte ihr ins Gesicht und der Wind wehte durch ihr Haar. Sie schaute zurück auf den Hafen von Sumar-Gardo, der langsam immer kleiner wurde.
Sie wusste nicht, ob all das so eine gute Idee war.
Das letzte halbe Jahr war so friedlich. Sie hatten Isabella und die Kinder wieder nach Larwenia geholt und diese konnte sich nicht mehr von den Kleinen trennen, woraufhin sie die Stelle als Kindermädchen angenommen hatte. Selina und Will hatten geheiratet und Avina war fast etwas neidisch, denn Nathaniel schien an so etwas gar nicht zu denken. Seine Gedanken schienen mit jeden Tag mehr um Xadrien zu kreisen. Avina hatte bemerkt, wie unruhig er wurde auch wenn er versuchte, es zu verbergen. Sie hatte eine Vermutung, dass es auch daran lag das er seitdem kein Blut mehr getrunken hatte. Aber das leugnete er permanent.
Und vor drei Tagen waren die Jungs Hals über Kopf aufgebrochen. Hatten sich einfach heimlich aus dem Staub gemacht, da sie fünf Tage zuvor daran gescheitert waren, sie dazu zu überreden im Schloss bleiben.
Sie hatten nur einen Zettel zurück gelassen in dem Nathaniel sogar drohte, die beiden in Mäuse zu verwandeln, wenn sie ihnen folgten. Natürlich wussten sie, dass er das nicht durchziehen würde, aber es war ihm wohl einen Versuch wert gewesen.
Tatsächlich hatten die beiden Mädchen auch einen Tag herum diskutiert, eh sie ihnen doch hinterher geritten waren.
Selina trat neben sie.
"Schau doch nicht so. Willst du William und Nathaniel etwa alleine gegen dieses Monster kämpfen lassen? Denk daran, was Nate mal gesagt hat, er kann ihn nicht töten. Glaubst du, Will schafft das alleine?"
Sie schüttelte den Kopf.
"Jaja ist ja gut, deshalb bin ich ja mit gegangen. Trotzdem es war vorbei, warum können wir es nicht einfach ruhen lassen?"
Selina sah sie vielsagend an und sie seufzte. Avina wusste selbst ja ganz genau, warum sie es nicht konnten. Warum musste alles so kompliziert sein?

Auch die Jungs befanden sich wieder auf einen Schiff

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Auch die Jungs befanden sich wieder auf einen Schiff. Sie waren schon lange vor den Mädchen in der Hafenstadt von Xadrien angekommen. Dort war auch das eigentliche Schloss aber Nathaniel wusste schon, als sie sich näherten, dass sein Vater nicht dort war.
Damit war er sich ziemlich sicher, dass er sich in das Schloss in der Wüste zurückgezogen hatte.
Deshalb waren sie zum See geritten und hatten sich ein kleines Segelbott besorgt, mit dem sie nun den Fluss hinauf fuhren.
"Woher weißt du eigentlich wie man segelt?", fragte Will und Nathaniel antwortete:
"Ist nicht das erste Mal, dass ich mit einem Boot reise. Allerdings das erste Mal auf dem Wasser."
William starrte ihn überrascht an.
"Wie meinst du das?"
"Er meint Wüstenschiffe.", mischte sich Kyle ein. Er war direkt nach ihrem Aufbruch plötzlich wieder aufgetaucht. Keiner wusste, wo er gesteckt hatte, doch Nathaniel nickte zustimmend, während Will noch verwirrter war.
Nathaniel erklärte:
"Kleine Segler höchstens für zwei Personen. Sie nutzen die Winde in der Wüste und auf Sand kann man dann fast genauso segeln wie auf Wasser. Nur die Lenkung ist ein klein wenig anders."
"Klingt interessant.", meinte Will und Kyle lächelte kurz.
"Ist es auch, wenn wir mal nichts zu tun hatten, sind Nathaniel und ich Rennen gefahren."
Es war das erste Mal, dass Will diesen Typen lächeln sah, auch wenn dieses nur einen kurzen Moment andauerte. Dann setzte er sich und Nathaniel war wieder mit der Steuerung beschäftigt.
Eine fast schon bedrückende Stille trat ein und Will fragte sich, was die beiden Mädchen gerade machten. Er musste schmunzeln, als er daran dachte wie Avina versucht hatte, Selina das Tanzen beizubringen. Er hoffte sehr, die beiden würden ausnahmsweise mal auf sie hören und in den sicheren Mauern des Schlosses bleiben.

Selina beobachtete wie Avina mit einem Edelstein spielte. In den letzten Monaten hatte sie regelmäßigen Unterricht bei Matthis genommen, der ihr alles erklärt und beigebracht hatte, was er wusste und konnte. Sie hatte sich als durchaus talentiert erwiesen und beherrschte die Edelsteinmagie nun geradezu perfekt.
"Wir müssen aufpassen was wir sagen und tun, wenn wir in Vars ankommen.", sagte Selina.
"Ich weiß. Reisen wir die Nacht durch?", fragte Avina.
"Ja, ich halte es für das Beste, dass sobald wir in Vars ankommen, die Stadt schnellstmöglich verlassen und nach Süden weiterziehen. Ich glaube ja nicht, dass Daron sich momentan hier aufhält. Wir müssten nur ihrer Spur folgen."
"Ihrer Spur? Meinst du nicht, dass diese dann schon überlagert ist?"
"Nein. Außerdem erkenne ich Wills Geruch, egal ob die Spur überlagert ist oder nicht. Ich nehme sowieso an, dass sie nicht die Hauptstraßen nutzen werden, sondern eher die unauffälligen Wege durch Wälder und so weiter. Wahrscheinlich werden sie auch mit Booten weiterreisen."
"Und wie wollen wir herausfinden, ob Daron im Schloss ist oder nicht?"
"Ganz einfach. Wenn er in der Stadt ist, hat er mit Sicherheit das Wachpersonal verdoppelt. Wir werden es daran merken oder wir gehen in eine der Schenken und hören uns dort mal um."
"Das klingt nach einem Plan.", meinte Avina schließlich. Der Hafen von Sumar-Gardo war endgültig am Horizont verschwunden und Larwenia war nur noch ein dunkler Strich über dem Meer. Dafür war der Hafen von Vars schon in Sicht. Es würde nicht mehr lange dauern, bis sie an Land gehen konnten.
"Ich hoffe wirklich, dass Nate Nyx nicht schicken wird, um uns zu suchen. Diese Phönixdame würde uns noch verraten. Es hat doch einen Nachteil, wenn man von einem Phönix gebranntmarkt wurde.", meinte sie nach einer Weile.
Avina wandte sich ihr ruckartig zu.
"Stimmt, daran hatte ich überhaupt nicht mehr gedacht."
"Wenn es ihn rappelt, wird er sie losschicken und dann sind wir aufgeflogen.", prophezeite Selina.
Nach einer Weile legte das Schiff in Vars an und sie gingen von Bord.
Die beiden hatten sich ihre Kapuzen übergezogen, um nicht von Handelsleuten aus Larwenia erkannt zu werden, die hier möglicherweise herumstreunen könnten.
"Also das Wachpersonal sieht ziemlich gering gehalten aus. Lass uns in eine der Schenken gehen und uns umhören.", sagte Avina.
Und das taten sie dann auch. In einer kleinen schäbigen Schenke besorgten sie sich etwas zu essen und zu trinken. Während des Essens lauschten sie den anderen Gästen, die sich hier versammelt hatten. Doch es war nichts interessantes dabei, was für sie von Bedeutung sein könnte.
Frustriert stellte Selina ihren Becher wieder ab, aus dem sie gerade getrunken hatte.
"Das wird nichts. Hier spricht niemand von dem König.", flüsterte sie Avina zu.
"Der König ist ein richtiges Schwein!", grölte plötzlich jemand. Selina fuhr herum, aus Angst, jemand könnte sie gehört haben. In der Nähe ihres Tisches hatten sich zwei Wachen nieder gelassen und genossen ihren Feierabend mit Bier. Scheinbar hatte der eine zu tief ins Glas geschaut und schrie im ganzen Raum herum, was für ein Schwein König Daron doch war. Und seine Schimpftirade war noch nicht zu Ende.
"Er hätte uns doch mitnehmen können, statt uns hier versauern zu lassen, wo sowieso nichts Spannendes passiert. Ein paar Händler nach ihrer Handelslizenz ausfragen. Mehr müssen wir nicht machen. Das ist die größte Demütigung, die ich je erleben musste. Ich habe meiner Familie versprochen, dass ich es weit bringen werde. Doch was ist passiert? Ich stecke hier in dieser nach Fisch stinkenden Stadt fest, statt im Süden beim König Wache zu halten."
Selina sah erneut zu Avina, die sie triumphierend anlächelte.
"Schht Marvin! Das darfst du nicht sagen."
"Is mir doch egal. Von mir aus kann Daron nun in seinem verdammten Wüstenschloss vergammeln. Sollen doch Larwenias Soldaten ihn töten. Vielleicht bekommen wir mit seinen Sohn einen besseren König. Jemand der erst einmal dieses Land auf Vordermann bringt, bevor er neue erobern geht."
Er grölte in seinem betrunkenen Zustand noch mehr, wurde aber mit der Zeit immer leiser, bis sein Kopf auf den Tisch vor ihm knallte und er laut zu schnarchen begann.
"Lass uns gehen. Wir haben noch einen weiten Weg vor uns.", schlug Selina vor und Avina stimmte zu.
Gemeinsam bezahlten sie ihr Essen und gingen aus der Schenke hinaus. Ihre Kapuzen hatten sie die ganze Zeit nicht abgenommen, was ihnen misstrauische Blicke der Stadtbewohner einheimste, die sie allerdings erfolgreich ignorierten.

Larwenia Band 5 - Prince Of Fire And DeathWo Geschichten leben. Entdecke jetzt