Cato

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Auch am nächsten Tag müssen die Tribute nach dem Frühstück zum Training. Diesmal nehme ich mich mehr zurück. Ich sehe Percy zu, wie er mit den Schwertern trainiert. Er stellt sich gar nicht so dumm an, wie er mir gestern sagte. Mein Blick schweift durch den Trainingsraum und bleibt an den Karrieros hängen. Die Tribute aus Vier stehen nebeneinander und schmettern Äxte in Puppen. Das Mädchen aus Eins schießt mit dem Bogen und der Junge wirft Speere. Beide treffen ziemlich genau. Der weibliche Tribut aus Zwei wirft Gewichte durch die Gegend. Sie prallen gegen Matten und ich frage mich, wie zur Hölle man solche Teile hochheben, geschweige denn werfen kann. Das Klirren von Metall auf Metall schallt durch den Raum. Ich wende meinen Kopf. Dort drüben, am anderen Ende des Raumes kämpft der letzte der sechs Karrieros gegen einen der Trainer. Mit einem brutalen Schlag, entwaffnet Cato den Mann. Dieser weicht zurück. Cato lässt die Machete sinken. Der Trainer hebt sein Schwert auf. Er sagt etwas zu Cato und klopft ihm auf die Schulter. Arrogant grinsend sieht Cato in die Runde. Die Tribute, die ihm zugesehen haben, wenden sich erschrocken ab. Sein Blick bleibt an mir hängen, da ich offenbar die Einzige bin, die ihn noch anstarrt. Kurz erwidere ich den höhnischen Blick. Seine Augen wirken kalt. Ich recke das Kinn hoch. -Ich habe keine Angst mehr vor dir.-, denke ich. -Du machst mir keine Angst.-

Die nächsten Tage ziehen sich zäh dahin. Jedes Mal das selbe. Aufstehen, frühstücken, trainieren, zu Mittag essen, trainieren, Abendessen und schlafen. Ich sehe den anderen im Training zu. Vor allem den Karrieros. So erkenne ich, dass das Mädchen aus Zwei nicht Bogenschießen kann, beide aus Eins ziemlich unbegabt sind, was das Feuer machen angeht und Cato sehr ungeduldig ist.

Zwei Tage vor den Spielen, sitze ich gegen Ende des Trainings bei der Feuerstation und mühe mich mit Feuersteinen ab, die nicht so wollen, wie ich es will. Endlich gelingt es mir ein kleines Feuerchen zu entfachen. Zufrieden lehne ich mich zurück. Percy kommt zu mir hinüber. "Na grillst du gerade deine Beute?", fragt er spaßend. "Klar.", gebe ich ironisch zurück. Percy setzt sich neben mich. Wir schweigen eine Weile und sehen zu, wie das Feuer gierig ein paar Stückchen Holz verschlingt. "Darf ich dich mal was fragen?", reißt mich Percy plötzlich aus meinen Gedanken. "Nur zu." Neugierig blicke ich auf. "Hast du vor... dir in der Arena Verbündete zu suchen?" "Um ehrlich zu sein habe ich noch nicht darüber nachgedacht.", gebe ich zu. Percy lächelt leicht. "Na gut. Also wenn du dich für Verbündete entscheiden solltest... ich wäre frei." Er wirft mir einen unbehaglichen Blick zu. "Danke." Mehr bringe ich nicht hervor. Plötzlich steckt mir ein Kloß im Hals. Was, wenn wir zu zweit übrig bleiben? Doch diese Möglichkeit ist so unwahrscheinlich, dass ich meine Gedanken energisch verschiebe. "Verbündete sind nicht schlecht. Und ich denke, ich kann dir vertrauen.", meint Percy. "Kannst du.", verspreche ich ihm. "Also?" Percy sieht mich erwartungsvoll an. "Verbündete?" Und in diesem Moment bin ich so froh, nicht allein zu sein, dass ich sofort antworte. "Verbündete!"

Er lächelt. Ich erwidere das Lächeln und sehe mich dann wieder um. Cato trainiert bei den Schwertern. Als ob er meinen Blick spüren würde, sieht er auf. Ich starre ihn kurz an. Dann drehe ich den Kopf zu meinem neuen Verbündeten. "Percy?" "Hm?" "Ich... ich glaube ich habe jemanden von den Karrieros auf mich aufmerksam gemacht. Durch meine Messerwerfaktion." "Von wem sprichst du?" Er sieht mich verdutzt an. "Dem Jungen aus Distrikt Zwei. Cato." "Dem?" Er weist mit einem Nicken auf Cato. Ich seufze. "Ja. Genau dem." Percy rümpft die Nase. "Der ist doch bloß neidisch, dass er und seine Freunde nicht die Einzigen sind, die kämpfen können." "Naja..." "Mach dir keine Sorgen Lauriss. Du bist schlauer als er. Der muss dich erstmal erwischen." Ein kleines Lächeln stiehlt sich auf mein Gesicht. "Danke Percy." "Ich sage bloß die Wahrheit." Anschließend geht er, um die letzte Stunde zu nutzen, wie er sagt, zur Schwerterstation. Ich bleibe alleine bei meinem Feuer zurück und mache nichts, bis der Trainer der Station mir sagt, ich soll das Feuer löschen. Eilig kippe ich einen Eimer Wasser über das Feuer, das zischend ausgeht. Das Wasser versickert auf wundersame Weise im metallernen Boden. Das muss man dem Kapitol lassen, es ist echt mit allem ausgerüstet. Anschließend setze ich mich auf eine Bank und beobachte mal wieder die Tribute. Ich sehe dem Mädchen aus Distrikt Sieben, bei einem kümmerlichen Versuch eine Axt zu schwingen, zu. Der Trainer geht zu ihr und sagt etwas. Plötzlich ertönen laute Stimmen von weiter hinten in der Halle. "Mein Messer! Du Mistkerl hast mein Messer geklaut!" Ich fahre herum, um zu sehen, wer hier so einen Aufstand macht. Bei der Schwerterstation stehen viele Schaulustige um zwei Tribute herum. Ich recke den Hals und sehe Cato, der sich wutentbrannt vor Percy aufbaut. "Gib das verdammte Messer her oder ich mach dich kalt", brüllt er. "Ich hab dein Messer nicht!", ruft Percy. "Bleib cool man." "Gib das Messer her!" Cato macht einen Schritt vor. Percy weicht zurück, blickt Cato jedoch weiter an. Gleich geht Cato auf ihn los. Wo sind die Friedenswächter, wenn man sie braucht?! Ohne weiter zu überlegen, was ich da tue, renne ich zur Schwerterstation, drängle mich durch die Menge der schaulustigen Tribute und hechte zwischen Cato und Percy. "Hör auf!" Ein kurzer Ausdruck von Überraschung huscht über Catos Gesicht. Jedoch weicht dieser fast sofort wieder seinem aggressiven Blick. "Weg da.", zischt er drohend. Doch ich bleibe, wo ich bin. "Es gibt doch viele Messer. Wieso regst du dich wegen einem so auf?" "Das geht dich einen Dreck an, Zwölf. Und jetzt hau ab da!" Percy packt mich am Arm und zieht mich zurück. "Hör zu. Ich habe nicht die geringste Ahnung wo das dumme Messer ist." "Wieso sollte auch ausgerechnet er es haben?", frage ich wütend. "Das Messer lag hier und er hat genau da trainiert!", schnauzt Cato. "Aber ich hab's nicht angefasst. Wieso regst du dich eigentlich so auf?", kontert Percy. "Niemand stiehlt mir meine Waffen, Zwölf. Niemand!" "Offenbar doch.", sage ich und mein Blick gleitet unauffällig zum Mädchen aus Distrikt Acht, das lächelnd etwas unter seinen Ärmel gleiten lässt. Cato starrt uns aggressiv an. "Du bist in der Arena so gut wie tot, Zwölf!", zischt er und dreht sich um. Die anderen Karrieros scharren sich um ihn. Gefährlich flüsternd verlassen sie die Station und steuern den Aufzug an. Die Menge löst sich auf. Percy und ich bleiben stehen. Das Mädchen aus Acht geht an uns vorbei. Ich packe es am Arm. "Das nächste Mal sag ich, wer das verdammte Messer hat!" Acht sieht mich erschrocken an. "Sei froh, dass ich dich nicht gleich verpetzt habe!" "Danke.", murmelt sie hastig, wirft mir einen eingeschüchterten Blick zu und macht sich davon. Die Menge um uns herum löst sich langsam auf. Das Training ist für heute vorbei. "Das... das hättest du nicht machen müssen. Du hättest mir nicht helfen müssen." "Wieso denn nicht?" "Jetzt will er uns beide töten." "Das wollte er von Anfang an Percy." "Aber wieso... wieso hast du das getan...?" "Wir sind doch Verbündete." Ich lächle ihn aufmunternd an. Percys Mundwinkel wandern ein Stück nach oben. "Du hast was gut bei mir."

Catos Wirklich Wahre Geschichte Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt