Wir gehen eine lange Zeit in ein und dieselbe Richtung. Weg von dem Ort, an dem der Kampf stattgefunden hat, in die Richtung, aus die wir kamen. Als die Dunkelheit über uns hereinbricht, ertönt ein Kanonenschuss. Kurz danach ein weiterer. Percy und ich verharren in unseren Bewegungen. Wer ist tot? Ich denke daran, dass es Cato sein könnte, was jedoch eher unwahrscheinlich ist. Mein Magen krampft sich beim Gedanken an sein Bild am Himmel schmerzhaft zusammen. Verwirrt verdränge ich den Karriero aus meinem Kopf und sehe zu Percy. "Wie viele sind jetzt schon tot?" "Vierzehn.", sagt Percy ohne zu zögern. Darauf erwidere ich nichts und wir setzen unseren Weg fort.
Bald ist es stockdunkel und eiskalt. Wie die letzten Nächte auch, machen wir kein Feuer. Die Karrieros sind nun nicht mehr allzuweit von uns entfernt. Vielleicht ein Tagesmarsch und ein paar weitere Stunden. Ich gehe voran. "Wo willst du eigentlich hin?", fragt Percy nach einer langen Zeit des Schweigens. "Keine Ahnung. Zurück auf vertrautes Terrain?" "Zum Füllhorn?" Percy holt zu mir auf. "Du weißt schon, dass..." "Ich meine nur wir könnten in die Nähe des Füllhorns gehen.", unterbreche ich ihn. "Wieso?" "Wir haben kaum noch Essen. Und wenn die Karrieros jagen gehen, könnten wir was von ihnen stehlen." "Die werden ihr Zeug kaum unbewacht da liegen lassen. Hast du selbst gesagt. Irgendjemand wird Wache halten." "Dann töten wir denjenigen.", knurre ich. Stille. Ich merke, wie Percy mich von der Seite her ansieht. Angestrengt starre ich auf den Boden vor mir. Keiner von uns sagt ein weiteres Wort, während wir weitergehen. Langsam macht sich der Hunger wieder bemerkbar. Ich wünschte ich hätte etwas womit ich Fallen bauen könnte. Oder einen Bogen. Irgendetwas, womit ich uns Fleisch besorgen könnte ohne in Kauf zu nehmen, getötet zu werden. Ich weiß nicht, wie spät es ist, vielleicht hat der neue Tag bereits begonnen, als Percy mich bittet, eine Pause einzulegen. Zögerlich willige ich ein. Hier gibt es nichts, wo wir uns verstecken könnten. Wir müssten uns weiter rechts halten um zum Fluss zu gelangen und nach einer Höhle zu suchen, doch das ist nun zu weit. Und auch ich bin erschöpft. Also machen wir es uns unter einem Baum so bequem wie möglich. "Ich halte Wache.", meine ich. "Du hast nicht geschlafen." Percy schüttelt den Kopf. "Du brauchst dringender Schlaf als ich. Leg dich hin." "Aber..." "Ich wecke dich in ein paar Stunden. Keine Widerrede." Da ich mich nicht streiten will, tue ich was er sagt und lege mich, in die Decke gewickelt, auf den durchnässten Waldboden. Vor einigen Stunden hat es kurzzeitig geschneit, doch nicht lange. Leider genug um alles hier ziemlich ungemütlich zu machen. Zum Glück sind meine Jacke und meine Hose ziemlich wasserundurchlässig. Vor meinem inneren Auge taucht das Gesicht des Tributs auf, den ich getötet habe. Ich öffne die Augen. Das muss aufhören! So mache ich mich noch verrückt. Unwillkürlich kommt mir Cato in den Sinn. Wie kann man es nur lieben zu töten? Ich wette er hat dieses schreckliche Gefühl nicht. Ihm ist es egal. Erschrocken bemerke ich, dass ich ihn beinahe beneide. So kann ich auf keinen Fall schlafen! Ich drehe mich auf die Seite und atme tief durch. Befreie meinen Kopf somit von allen Gedanken. -Schlafen.- Erneut schließe ich die Augen. Eine bleierne Müdigkeit überkommt mich und ich schaffe es ein wenig später tatsächlich, in den Schlaf zu gleiten.
Percy weckt mich Stunden später. "Wenn es dir nichts ausmacht würde ich jetzt gerne schlafen." Er gähnt. "Klar. Leg dich hin." Ich setze mich auf und reiche ihm die Decke. Percy legt sich hin. Ein paar Minuten darauf ist er eingeschlafen. Der Tag bricht bereits an. Langsam geht die Sonne auf. Ich lasse Percy schlafen, bis die Sonne hoch am Himmel steht. Dann wage ich es nicht, noch länger zu rasten. Sanft rüttle ich ihn an der Schulter und Percy schlägt die Augen auf. Er blinzelt. "Schon so spät? Wieso hast du mich nicht eher aufgeweckt?" "Du hast den Schlaf gebraucht.", gebe ich zurück und stopfe die Decke in den Rucksack. Dann werfe ich meinem Verbündetem das Sponsorengeschenk zu. Percy bricht zwei kleine Stücke Brot ab. Eines behält er. Das andere gibt er mir. Während wir gehen essen wir.
Einige Stunden gehen wir einfach nur gerade aus, dem Füllhorn entgegen. Wir halten uns rechts und kommen schließlich beim Fluss an. "Füll du unsere Flasche auf.", sage ich zu Percy. "Ich sehe mich hier mal um. Vielleicht finde ich ein paar Beeren oder etwas anderes essbares." "Gut." Percy nickt. "Geh aber nicht zu weit." Also mache ich mich auf den Weg in den Wald hinein. Heute ist es noch kälter als gestern. Mir kommt es so vor, als würden die Spielemacher die Temperaturen jeden Tag weiter sinken lassen. Im Wald ist es dunkel wie immer. Ich zücke mein Messer und gehe zu einigen Sträuchern, die um die Bäume herum wachsen. Nichts. Seufzend setze ich meinen Weg fort.
Aber auch etwas später habe ich nichts Nützliches gefunden. Gerade bin ich auf dem Rückweg, als ich meine, eine Gestalt zwischen den Bäumen verschwinden zu sehen. "Percy bist du das?" Keine Antwort. Wahrscheinlich habe ich mir es nur eingebildet. Langsam werde ich verrückt. Ich gehe weiter und höre schon bald das vertraute Rauschen des Flusses. Das Knacken eines Asts lässt mich herumfahren. Kaum eine Sekunde darauf schießt etwas haarscharf an meinem linken Ohr vorbei. Instinktiv hechte ich nach rechts. Ein Mädchen tritt zwischen den Bäumen hervor. Mein Herz setzt einen Schlag aus. Es ist das Mädchen aus Vier. Ein Karriero! Sie hält den Bogen in der Hand. Einen Pfeil eingelegt. Bereit zum Schuss. Der Pfeil, den sie auf mich abgefeuert hat, steckt hinter mir im Baum. Vier feuert den nächsten Pfeil ab und ich lasse mich gerade noch rechtzeitig auf den Boden fallen. Der Pfeil zischt über meinen Kopf hinweg. Das Mädchen zieht einen weiteren aus dem Köcher. Jedoch stellt sie sich nicht allzu geschickt an. Die Zeit, die sie braucht um einen neuen Pfeil einzulegen, nutze ich und greife an. Vier zielt auf mich, doch da bin ich schon bei ihr und reiße sie um. Beide fallen wir zu Boden. Ich packe mein Messer und will nach ihr stechen, doch sie weicht aus, stößt mich von sich und kommt wieder auf die Beine. Ich tue es ihr gleich und rapple mich auf. Doch sie ist schneller und schlägt mir so fest mit dem Fuß in den Bauch, dass ich gegen einen Baum pralle. Es ist, als würde alle Luft aus meinem Körper hinausgepresst werden. Ich ringe nach Atem. Das Messer fällt mir aus der Hand und ich sinke auf die Knie. Vier steht vor mir. Den Bogen in der Hand und spannt die Sehne. Taumelnd komme ich auf die Beine und wappne mich für den nächsten Schuss. Ein weiteres Mal werde ich nicht so schnell ausweichen können. Mein Rücken schmerzt höllisch. Vier grinst. "Cato wird sich freuen, wenn ich ihm sage, dass ich endlich jemanden aus Zwölf erwischt habe." "Er wird dich genauso töten, wenn die Zeit gekommen ist!", knurre ich. "Ach halt deinen Mund Zwölf!" Sie lacht und ich mache mich auf den Schmerz gefasst. Dann geht alles ganz schnell. Vier lässt die Sehne los. Der Pfeil fliegt auf mich zu. Ich schließe die Augen. Doch der Schmerz kommt nicht. Etwas schubst mich auf die Seite und ich reiße die Augen wieder auf. "Nein!" Der Schrei entfährt meinen Lippen, als ich sehe, was passiert ist. Percy liegt auf dem Boden und krümmt sich vor Schmerz. Der Pfeil, der für mich gedacht war, steckt tief in seinem Bauch.
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Catos Wirklich Wahre Geschichte
FanfictionHätte Cato, der brutale und kalte Junge aus Distrikt 2, eine Chance gehabt die Hungerspiele zu gewinnen, wenn Katniss nicht gewesen wäre? Wie ist er außerhalb der Kameras? Und was würde er tun, wenn ein Mädchen auftaucht, das er nicht töten will? La...