Ruhe vor dem Sturm

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Letzter Tag Training. Dieses Mal ist jedoch alles anders. Wir sitzen zu 24zigst in einem kleinen Raum und warten. Heute könnte ich mehr Sponsoren bekommen, oder sie, falls es überhaupt schon welche gibt, verlieren. Und alles hängt von einer verdammten Punktzahl ab. Jeder Tribut wird, angefangen mit Distrikt Eins, aufgerufen, um 15 Minuten lang, im Trainingscenter sein Können zu beweisen. Anschließend bewerten die Spielemacher uns. Sie verteilen Punkte von Eins bis Zwölf. Wobei Zwölf die beste Zahl ist. Jedoch ist es in der Geschichte der Hungerspiele noch nie vorgekommen, dass jemand eine 12 hatte. Ob es Null Punkte gibt, weiß ich nicht. Aber ich glaube nicht. Die Karrerios bekommen meistens Acht bis Zehn Punkte. Eine Elf ist schwer zu erlangen.

Nach und nach werden die Tribute aufgerufen, bis nur noch Percy und ich übrig sind. Schweigend starre ich auf die Tür, durch die die restlichen Tribute gegangen sind. "Du wirst Bogenschießen und Messewerfen, hab ich recht?", unterbricht Percy die Stille. Ich nicke. "Und was ist mit dir?" Er zuckt mit den Schultern. "Vielleicht versuche ich mein Glück bei der Schwertkampfstation." "Ja. Gute Idee. Du stellst dich mit den Schwertern echt nicht dumm an." "Danke." Er lächelt gequält. "Ich muss mich ja schließlich verteidigen können. Jetzt erst recht, da Cato es auf mich abgesehen hat." "Ach der.", knurre ich gereizt. "Wenn das Gemetzel erstmal angefangen hat, bist du vergessen." "Kann sein.", murmelt Percy, klingt jedoch nicht überzeugt. Ein "Lauriss Redfield!", das durch einen Lautsprecher dringt, unterbricht unsere Konversation. Steif stehe ich auf und stakse zur Tür. "Viel Glück Lauriss.", höre ich Percy hinter mir. "Danke, dir auch."

Ich stehe im Trainingsraum. Vor mir, auf einer Art Balkon, sitzen die Spielemacher und sehen zu mir hinunter. Hinter ihnen sind Tische, voll beladen mit verschiedenen Speisen und Getränken, aufgebaut. -Und in Zwölf hungern sie-, denke ich wütend und trete näher an den Balkon heran. Der oberste Spielemacher, Seneca Crane, steht auf. "Lauriss Redfield. Sie haben 15 Minuten Zeit, um einige Ihrer Fähigkeiten zu präsentieren." Dann setzt er sich wieder. Ohne lange zu Zögern, gehe ich zur der Bogenschießstation. Dort gibt es viele Bögen aus unterschiedlichen Materialien, in unterschiedlichen Größen und Formen. Ich wiege einen Bogen nach dem anderen in der Hand und entscheide mich dann für einen Kurzbogen aus einem elastischen Holz, das ich nicht identifizieren kann. Außerdem binde ich mir einen Köcher mit einem Dutzend Pfeilen um. Ich trete in die Mitte des Trainingsbereichs und sehe mich um. Verschiedene Zielscheiben sind rundherum aufgebaut. Alle haben eine menschenartige Form und sind unterschiedlich weit entfernt. Endlich darf ich schießen. Die ganze Woche über hat es mich schon in den Fingern gejuckt. Noch nie in meinem Leben habe ich auf diese Weise trainiert. Ich ziehe den ersten Pfeil aus meinem Köcher, lade, ziele und schieße.

In den nächsten Minuten vergesse ich alles um mich herum. Erst, als alle Pfeile verbraucht sind und jede der Zielscheiben einen Pfeil im Herzen hat, höre ich auf. Ich war gut. Nicht übermäßig, aber normal. So wie immer. Zufrieden sehe ich zu den Spielemachern hoch, die miteinander tuscheln. Mein Blick bleibt auf der Uhr hinter ihnen hängen. Noch habe ich Zeit. Also gehe ich zum Messerwerfen. Da ich dort bereits geübt habe, finde ich schnell die Messer, die mir gut in der Hand liegen und ich werfe die Zielscheiben ab, die spontan aufleuchten und mir somit erst relativ spät anzeigen, welches Ziel ich als nächstes anvisieren soll. Alles klappt ohne Probleme und bald sind die Messer alle. Ich stemme die Hände in die Hüften und sehe erneut zu den Spielemachern. Diese nicken mir zu. Wieder erhebt sich Seneca Crane. "Vielen Dank. Sie dürfen jetzt gehen."

-Was für eine Punktzahl ich wohl bekomme?-, denke ich, während der Aufzug mich zurück in meine Etage bringt. Dort werde ich gleich von Haymitch und Effie in Empfang genommen. "Wie war es?", fragt Effie mich. "Gut. Ich war Bogenschießen und Messerwerfen.", entgegne ich. "Wann gibt es Mittagessen?"

Den restlichen Tag haben wir frei. Percy und ich sitzen im Freien auf einer Dachterrasse. Ich sehe mich um. "Wie leichtsinnig. Man könnte sich einfach hier runterstürzen.", sagt Percy und blickt auf das Geländer. "Nein, kann man nicht." Ich nehme einen Apfel aus unserem Picknickkorb und werfe ihn zum Geländer hin. Über dem Geländer ertönt ein Zischen und der Apfel fliegt leicht rauchend wieder zurück. "Ein Kraftfeld.", sagt Percy. "Hätt ich mir ja denken können." Kraftfelder bestehen aus Energie und hindern uns auch in der Arena in andere Bezirke zu gelangen, oder die Arena zu verlassen. Allerdings sind sie nicht ganz ungefährlich. Sollte man dagegen laufen, was nicht sehr unwahrscheinlich ist, da sie durchsichtig sind, wird man zurückgeschleudert und verletzt, vielleicht sogar getötet.

Gegen Abend werde ich immer nervöser. Schließlich werden wir hineingerufen. Haymitch fängt uns ab und bugsiert uns zum Fernseher. "Na dann wollen wir mal.", sagt er und schaltet ihn an. Auf dem Bildschirm wird Caesar Flickerman eingeblendet. "Es hat schon angefangen.", sagt Effie, die durch die Tür kommt. Ich lasse mich zwischen Percy und Haymitch auf das Sofa fallen. Ein starker Alkoholgeruch geht von meinem Mentor aus. Der Junge aus Eins taucht auf dem Bildschirm auf. "Nico Murray!", ertönt Caesars Stimme. "Mit einer Punktzahl von Neun." Dann taucht das Gesicht des Mädchens auf. Sie bekommt ebenfalls eine Neun. Es geht mit Distrikt Zwei weiter. Catos Gesicht taucht auf und ich halte unwillkürlich den Atem an. "Cato Larek. Mit einer Punktzahl von Zehn." "Der ist gut.", knurrt Haymitch. Das Mädchen bekommt die gleiche Punktzahl, wie die aus Eins und die beiden Tribute aus Vier bekommen eine Acht. Und so geht es weiter. Die restlichen Tribute haben Punkte zwischen Zwei und Sechs. Es kommt mir vor, wie eine halbe Ewigkeit, bis Percys Gesicht auf dem Bildschirm erscheint. "Percy Mandelle. Mit Acht Punkten." Effie klatscht in die Hände und Haymitch klopft ihm, über mich hinweg, auf die Schulter. "Damit können wir arbeiten Junge. Was hast du eigentlich gemacht?" "Ein bisschen mit dem Schwert rumgefuchtelt.", antwortet Percy zufrieden. Ich lächle ihm zu, obwohl mir vor Aufregung schlecht geworden ist. Percys Bild verschwindet und wird durch eines von mir ersetzt. "Lauriss Redfield. Mit einer Punktzahl von..." Ich halte die Luft an. "Neun!" Effie stößt einen Schrei aus und klatscht erneut in die Hände. Ich lehne mich zurück. Neun. Neun Punkte. Für ein bisschen Bogenschießen und Messer Herumgewerfe. Haymitch klopft auch mir auf die Schulter. Percy und ich beglückwünschen uns und es wird Sekt herumgegeben. -Tja Cato-, denke ich höhnisch. -Ist dir dein dummer Blick endlich vergangen? Ein Punkt. Ein Punkt hinter dir.-

Catos Wirklich Wahre Geschichte Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt