Tabletten (Prolog)

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Mit zittrigen Fingern schüttete ich mir immer mehr von den Pillen auf die Hand. Eine weiße Tablette nach der anderen verließ ihre Verpackung und wurde somit Teil meines Todes. Ich sah in den Spiegel vor mir, in mein bleiches Gesicht.

War ich zu jung, um zu sterben? Ich schüttelte heftig den Kopf, wodurch meine dunkelbraunen Locken nur so flogen.

Die Frage war nicht, ob ich zu jung war, sondern ob ich eine andere Wahl hatte, als zu sterben. Und die Antwort darauf hatte ich nach fünfzehn Jahren Lebenszeit, die sich beinahe anfühlten wie 150 Jahre, längst gefunden. Ich hielt die abfälligen Sprüche, die gemeinen Kommentare und die bösartigen Streiche nicht mehr länger aus. Ich allein entschied, wie alles endete.

Nämlich hier und jetzt. In diesem Badezimmer, mit einem weißen Haufen Schlaftabletten in der Hand. Ich schaute ein letztes Mal mein Spiegelbild an. Ich sah mich selbst mit vorwurfsvollen braunen Augen an. Doch bevor ich es mir anders überlegen konnte, schüttete ich sämtliche Tabletten auf einmal in meinen Mund und schluckte sie.

Und wartete.

Das Mädchen, das mit den Toten sprachWo Geschichten leben. Entdecke jetzt