Verhängnisvolle Ereignisse

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Er fixierte mich direkt an und es bestand kein Zweifel, dass er mich entdeckt hatte. Unter dem Blick seiner intensiven Augen fühlte ich mich wie ein paralysiertes Kaninchen, dass nur darauf wartete, von der Schlange gefressen zu werden.

Doch als er schließlich direkt vor mir stand, schaffte ich es tatsächlich, den Blickkontakt abzubrechen und starrte über seine Schulter in Richtung des Friedhofstors. Ich wollte gerade so ziemlich überall außer nicht hier sein.

"Ich hab mir schon gedacht, dass ich dich hier finden würde. Du bist immer auf dem Friedhof.", lächelte er. Was wollte er denn damit sagen?

Ich vollbrachte es irgendwie, ihm wieder ins Gesicht zu sehen und meine Lippen zu öffnen. "Emre, ich..." Mehr fiel mir nicht ein. Um Himmelswillen, was machte mein Herz mit mir? Früher war ich schlagfertig und kalt, doch jetzt... nur noch Matschepampe.

"Ich weiß nicht, warum du mich so meidest, Bree. Doch du hast mir offensichtlich noch nicht verziehen, so wie du gesagt hattest. Aber ich brauche dich. Ich brauche dich als meine beste Freundin. Ich kann mir mein Leben nicht mehr ohne dich vorstellen und ich will nicht dazu gezwungen sein müssen.", erzählte er mir mit traurigen Augen. Ich musterte ihn und musste feststellen, dass er wirklich unglücklich aussah. Aber ich hatte es auch nicht leicht, verdammt.

Drei lange Jahre hatte ich in einer Kapsel gelebt, abgeschirmt von der Außenwelt und meinen eigenen Emotionen. Sie hat mich vor mir selbst geschützt und mich genesen lassen, doch Emre hatte mich aus ihr befreit. Jetzt konnte ich das Leben wieder aus vollen Zügen genießen, doch ich balancierte gefährlich nah am Abgrund. Und als Brandon mir erzählt hatte, dass Emre nicht der war, für den ich ihn hielt, drohte ich mein Gleichgewicht zu verlieren.

Das durfte nicht mehr passieren. Ein gerader Schnitt wäre das Beste für alle Beteiligten. Und das würde ich Emre auch sagen.

Ich erhob meine zittrige Stimme. "Emre, wir können nicht befreundet bleiben, ich weiß nicht, ob-"

Mit zwei großen Schritten überquerte er den Abstand zwischen uns und legte einen Finger auf meine Lippen. Ich hörte auf zu reden und sah wie eingefroren zu ihm auf. Und der Anblick raubte mir fast den Atem.

Er schaute zu mir runter, doch er betrachtete mich nicht einfach nur. Er sah durch mich hindurch, saugte mich mit Blicken auf. Es lag so viel Liebe in seinem Blick, dass meine Knie weich wurden und ich mein Gleichgewicht verlor, doch er schlang seine Arme um mich und gab mir Halt.

"Sieh mich doch nicht so an.", flüsterte ich verzweifelt, ohne meine Augen von ihm lösen zu können. Ich wollte diesen Blick nie wieder vergessen. So etwas konnte man nicht spielen. Unmöglich.

"Wie denn?", wisperte er so nah an meinem Gesicht, dass sein warmer Atem mein Gesicht streifte. Ich schloss kurz meine Augen, um mich zu konzentrieren.

Als ich sie öffnete, hatte sich nichts geändert. Er schaute nach wie vor so. "So, als wäre ich das Kostbarste, was du besitzen würdest.", antwortete ich ihm mit bebender Stimme, während sich seine Arme enger um mich schlangen.

"Das wird nicht gehen.", stellte er fest und küsste mich auf meinen linken Mundwinkel. Ich verwandelte mich in flüssiges Wachs und bemerkte nur am Rande, dass meine Gehirnaktivitäten sich vermutlich gerade auf null reduziert hatten.

"Warum nicht?", wollte ich wissen. Doch was ich noch mehr wollte, war ein Kuss auf meinen anderen Mundwinkel, der glücklicherweise auch nicht lange auf sich warten ließ.

"Weil du nun mal zum Kostbarsten geworden bist." Und dann beugte er sich erneut zu mir runter und küsste mich. Richtig. Er legte seine Lippen sanft auf meine und seine rechte Hand wanderte zu meinem Hinterkopf. Ich ließ es vollkommen willenlos geschehen und gewährte ihm Einlass, als seine Zunge fragend über meine Unterlippe strich.

Das Mädchen, das mit den Toten sprachWo Geschichten leben. Entdecke jetzt