Nächtlicher Besuch

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Wir saßen in Emres Zimmer und guckten Filme auf seinem Laptop, während neben uns verschiedene Chips und Schokoladentafeln lagen, die inzwischen auf ein Minimum zusammengeschrumpft waren. Ich saß eng an ihn gekuschelt und er hatte beide Arme um mich gelegt. Doch allmählich wurden meine Augenlider schwerer und mein Kopf sackte immer häufiger gegen Emres Schulter.

Irgendwann musste ich wohl mal wieder dem Sekundenschlaf verfallen sein, denn ich spürte Emre leise unter mir lachen, wodurch mein ganzer Oberkörper vibrierte. Ich schaute ihn verschlafen an und er küsste mir sanft die Nasenspitze.

"Vielleicht solltest du langsam schlafen gehen.", schmunzelte er. Ich schüttelte jedoch nur heftig den Kopf und schlang meine Arme um seinen Bauch, um meinen Kopf an seiner Brust vergraben zu können. Er streichelte mir sanft über die Haare und legte erneut einen Arm um mich.

"Ich hätte Verständnis dafür, es ist schließlich schon halb eins und wir müssen morgen früh raus.", murmelte er.

"Ich wünschte, ich könnte hier schlafen.", murrte ich und spürte daraufhin meinen Freund erneut lachen.

"Glaub mir, ich auch", grinste er. Ich haute ihn leicht und guckte ihn tadelnd an.

"Nur schlafen.", betonte ich. "Und vielleicht ein bisschen kuscheln."

"Das könnte mir auch gefallen." Er küsste mich und klappte seinen Laptop zu, was ich skeptisch mit ansah.

"Nein! Kapitulierst du etwa und lässt den Schlaf gewinnen? Ein Film geht bestimmt noch.", meinte ich und klammerte mich fester an ihn.

Er zog mich zu sich nach oben und lächelte mich liebevoll an. "Wir haben doch eine ganze Woche vor uns, die wir miteinander verbringen können. Ich bin mir sicher, Alice hat nichts dagegen, wenn wir in einem Bett liegen."

"Ich hätte nie gedacht, dass ich mich mal so auf eine Klassenfahrt freuen würde.", grinste ich.

"Siehst du? Also kannst du dir ja jetzt ruhigen Gewissens deinen Schlaf holen.", meinte Emre und küsste mich abermals.

"Kommst du noch mit zur Tür?", bettelte ich hoffnungsvoll.

"Selbstverständlich. Nicht, dass dir noch was passiert.", lachte er. Dann schob er die Arme unter mich und hob mich hoch, um aufzustehen und die Tür zu öffnen.

"Nicht, Emre!", protestierte ich. "Du hebst dir noch einen Bruch!"

"Psst, die schlafen alle schon!", wisperte er lächelnd. "Und ich schaff das schon."

"Lass mich runter!", befahl ich ihm, diesmal leiser.

"Nö." Ich spürte ihn wieder lachen und bemerkte, dass wir inzwischen schon vor seiner Haustür standen.

"Tja, dann musst du mich wohl jetzt runterlassen. Ich bin gespannt, wie du die Tür ohne freie Arme sonst öffnen willst."

"Sieh zu und lerne." Er stabilisierte mich mit einem Bein, dessen Knie er an der Tür abstützte, um nicht sein Gleichgewicht zu verlieren. Dann streckte er seinen rechten Arm etwas weiter vor, um die Tür aufzuschließen. Als es ihm gelang, umfasste er mich erneut mit dem Arm und stellte das Bein wieder ab. Anschließend musste er nur noch die Klinke wieder runterdrücken, woraufhin wir auch schon im Treppenhaus standen.

"Tadaa!", triumphierte er. "Ich habe dich über die Schwelle getragen."

"Super. Wenn du Rückenschmerzen bekommst, beschwerst du dich hoffentlich bei jemand anderem.", neckte ich ihn und er streckte mir die Zunge raus, bevor er mich endlich auf dem Boden absetzte. Ich fischte meinen Hausschlüssel aus der Tasche meiner Jogginghose und öffnete meine Haustür, blieb aber noch kurz draußen, um länger bei Emre zu sein.

Das Mädchen, das mit den Toten sprachWo Geschichten leben. Entdecke jetzt