Ich hätte am nächsten Tag unmöglich zuhause bleiben können um auf Nachrichten zu warten. Stattdessen nutzte ich die Zeit, um etwas Ablenkung bei meinen Freunden zu suchen. Es kam mir vor, als wäre diese schicksalhafte Halloween-Nacht nicht zwei Tage, sondern zwei Jahre her. Seitdem war so viel passiert - ich hatte Roxane kennengelernt, wäre beinahe entführt worden und hatte Emre von meiner Gabe erzählt. Und gerade deswegen konnte ich Erichs beruhigende Aura gerade besonders gut gebrauchen.
Doch es war natürlich Brandon, der mich schon am Friedhofstor strahlend empfing. Er winkte und musterte dann Roxane, die seit Halloween wie ein Schatten hinter mir her schwebte.
"Guten Tag, die Damen", begrüßte Brandon uns mit einer angedeuteten Verbeugung.
"Hi, Brandon", erwiderte ich sein Lächeln. Roxane stupste mich zart an, was sich wie ein kühler Lufthauch anfühlte und beugte sich zu meinem Ohr vor.
"Willst du uns nicht vorstellen?", flüsterte sie zaghaft. Wurde sie etwa rot?
"Wenn du mitkommst, kann ich dich gleich allen vorstellen.", meinte ich und ging mit den beiden Geistern weiter zu meinem Stammplatz gegenüber von Erichs Grab. Es hatten sich bereits mehrere Geister versammelt und schienen mich gespannt zu erwarten. Doch in diesem Moment klebten alle Blicke, die ich sehen konnte, an Roxane und sämtliche Präsenzen schienen ihr zugewandt zu sein. Als ich zu ihr hoch sah, konnte ich deutlich erkennen, dass sie sich unwohl zu fühlen schien.
"Sie starren dich nur an, weil du neu bist, mach dir nichts daraus.", versuchte ich ihr Mut zu machen.
"Schon klar, aber muss das sein?", murrte sie unglücklich und ich knuffte sie in ihre Seite, was sich anfühlte, als würde ich meine Hand in Eiswasser tauchen.
"Hallo Leute", richtete ich mich an die versammelten Toten um mich rum, um ihre Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen.
"Das hier", ich deutete auf Roxane, "Ist Roxane. Sie ist vor mehr als fünf Jahren gestorben, weshalb sie auch relativ frei umherwandeln kann."
Unter den Geistern machte sich ein aufgeregtes Gemurmel breit - nur wenige Geister hielten sich nach ihrem Tod noch so lange in der Welt de Lebenden auf.
"Was bedrückt dich denn so sehr, mein Kind?", fragte Elisabeth an Roxane gewandt. Sie hatte einen bekümmerten Gesichtsausdruck aufgesetzt.
Roxane sah mich verunsichert an und ich lächelte ihr zu. Elisabeth war in Ordnung, so wie eigentlich alle Geister hier.
Also räusperte sich Roxane und sprach dann zu Allen: "Der Grund, weshalb ich gestorben bin. Ich hatte keine tödliche Krankheit und ich wollte auch nicht sterben. Es war kein bedauernswerter Unfall. Nein, man hat mich mit voller Absicht ermordet."
Entsetztes Gemurmel und Beileidsbekundungen brachen aus, doch Roxane hatte ihren Vortrag noch nicht beendet. "Der Mann, der mich vor fünf Jahren entführt, vergewaltigt und schließlich umgebracht hat, war kein einmaliger Täter, sondern ein Serienmörder. Und an Halloween sollte eure Bree sein nächstes Opfer werden."
Jetzt waren die Geister völlig außer sich. Brandon starrte mich an, als wäre ich wirklich gestorben und ich spürte, wie Erichs Besorgnis wie ein Monsun über mich hereinbrach. Doch plötzlich trat ein Geist hervor, von dem ich es nie im Leben gedacht hätte.
Es war der verbitterte Mann, der mich schon so oft griesgrämig vom Friedhofszaun aus beobachtet hatte. Dessen Wunsch an mich es war, jemanden für ihn umzubringen. Ich kannte seinen Namen nicht, aber er jagte mir eine Heidenangst ein.
"Hieß dieser Mörder möglicherweise Leon Braun?"
Mir und Roxane fielen beinahe die Augen aus dem Kopf, als wir ihn das fragen hörten. Roxane war jedoch die Erste, die sich wieder erholte.
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Das Mädchen, das mit den Toten sprach
خيال (فانتازيا)Seit sie vor drei Jahren versucht hatte, sich das Leben zu nehmen, kann Bree die Toten sehen und sich sogar mit ihnen verständigen. Das führt dazu, dass für sie eine eigenartige Faszination für den Tod entwickelt und mehr verstorbene als lebendige F...