Draco Malfoys Sicht
Verwirrt blicke ich auf die ehemalige Gryffindor hinab. Ihre Augen bohren sich tief in meinen Kopf ein und für einen Augenblick verliere ich mich in ihnen.
Bis Hermine beginnt leise zu kichern und ihren Handrücken vor ihre Lippen hält. Ich löse mich aus meiner Starre und ziehe meine Augenbrauen zusammen.
Irgendwie ist es unmöglich schlau aus ihr zu werden. In der einen Sekunde möchte sie mir jeden möglichen Fluch auf den Hals hetzen und in der nächsten genießt sie meine Nähe. Bei Merlins Bart, ticken alle Mädchen so?
„Du hast doch nicht wirklich gedacht, dass ich deine Nähe genieße?", fragt mich die Löwin, welche langsam zu einer Schlange mutiert.
Von Sekunde zu Sekunde steigt die Verwirrung in mir. Am liebsten würde ich mich gerne umdrehen und schleunigst von hier verschwinden.
Hermine kichert und verrät: „Ich bin bloß aus einem Grund hier."
„Du bist bloß aus einem Grund hier?", wiederhole ich ihre Frage und versuche diese selbstständig in meinem Kopf zu beantworten.
Leider fällt mir keine plausible Antwort dazu ein und daher schenke ich ihr meine komplette Aufmerksamkeit.
„Ich habe dich vorhin betrachtet", berichtet das Mädchen und grinst schelmisch. „Du hast den Raum der Wünsche benutzt."
Ich möchte etwas einwenden und öffne meinen Mund. Doch, bevor ein Wort herauskommt, hebt Hermine ihren Finger und ich stoppe. Sie wedelt mit ihrem Zeigefinger und das Grinsen auf ihren Lippen wird immer breiter.
„Ich habe keinen blassen Schimmer welche bösen Taten du diesmal ausheckst", beginnt sie und blickt verführerisch in mein Gesicht. „Aber, ich weiß, dass du es für den dunklen Lord machst."
„Der dunkle Lord?", spreche ich und verstehe nicht in welche Richtung dieses Gespräch gehen soll. „Seit wann sprichst du diesen Namen mit Stolz aus?"
Hermine zuckt mit den Schultern und erklärt: „Euer Haus hat mich verändert."
Schiebt sie ihre Probleme auf uns? Wie soll ein Haus eine Schülerin ändern? Schließlich haben wir sie nicht geärgert, oder sonstiges.
„Nebenbei", beginnt Hermine und blickt mich emotionslos an. „Ich bin zufrieden mit den Schlangen."
Dieses Mädchen hat nicht alle Tassen im Schrank. Es ist noch nicht einmal ein Tag vergangen! Erst heute Morgen hätte sie geweint, weil ihre Löwen nicht mehr bei ihr sind!
Mädchen sind mir ein Mysterium.
„Was möchtest du?", informiere ich mich und starre sie ungeduldig an.
Hermine legt ihre rechte Hand auf meinen Oberarm und streichelt sanft darüber. Mir läuft ein Schauer über den Rücken und eilig ziehe ich sie von mir weg.
„Ich möchte bloß meinen Spaß", verrät die Löwin und neigt ihren Kopf schräg. „Das darf ich doch wohl?"
„Und was hat die ganze Sache mit mir zu tun?", frage ich und verstehe den Sinn ihrer Handlungen nicht.
Hermine geht an mir vorbei, wobei ihre linke Hand meinen Oberarm berührt.
„Ich brauche schließlich jemanden, dem ich die Schuld in die Schuhe schieben kann", ruft sie.
Blitzartig drehe ich mich in ihre Richtung, doch letztendlich hat sie sich aus dem Staub gemacht.
Es ist schon sieben Uhr und Theo müsste jetzt mit Pansy bei diesem kindischen Treffen sein.
Ehrlich. Ich wünsche mir, dass ich dieselben Probleme wie dieses dumme Mädchen teilen und meine einzige Sorge ein Mädchen sein würde.
Aber leider ist dies nicht der Fall! Meiner Familie steht der Tod bevor, wenn ich dem dunklen Lord nicht Folge leiste. Ich versaue hier mein ganzes Leben und habe keinen Genuss mehr an Hogwarts.
Dabei ist diese Schule stets mein zweites Heim gewesen und ich werde ungewollt für ihren Untergang sorgen.
Andersrum würde es meinen Tod bedeuten.
Ich liege in meinem Bett und warte auf Blaise, damit wir über Hermines Tagebuch sprechen können.
Jedenfalls verblüfft es mich noch immer wie schnell dieses Mädchen ihre Meinung ändern konnte. Fast, als wäre sie nicht mehr sie selbst.
Wenn ich an Hermine denke, dann denke ich auch an das erste Jahr. Dieser Moment, als ich Potter die Hand gegeben hatte, damit wir Freundschaft schließen können.
Hätte mein Vater es nicht für nötig gehalten ihn auf meine Seite ziehen zu müssen, hätte ich ihm so etwas nie angeboten.
Dann kommen mir diese Erinnerungen in den Kopf, als der sprechende Hut mich nach Slytherin geschickt hatte. Zum allerersten Mal ist mir Hermine aufgefallen und aus irgendeinem Grund hat mein Herz damals einen Sprung gemacht. Es ist einfach seltsam, denn was soll ein elfjähriger Junge von Liebe verstehen?
Es ist aber auch ein Zufall, dass ich in dieser Menge sie beim Tisch der Gryffindors erhaschen konnte. Seit diesem Tag schwirrt mir Hermine im Kopf herum.
„Draco?", höre ich eine Stimme und setze mich eilig auf.
Dies war jedoch ein Fehltritt, da ich kurz schwarzsehe. Blaise setzt sich zu mir auf mein Bett und deutet auf mein Kissen. Ich hole Hermines Tagebuch hervor und werfe es in unsere Mitte.
„Bist du dir sicher, dass wir das machen sollten?", fragt Blaise und scheint nicht begeistert zu sein.
Ich mustere ihn und meine: „Ja? Schließlich haben wir es nicht umsonst geholt. Außerdem habe ich dir verziehen."
Blaise lächelt schwach und nickt daraufhin seufzend. Ich nehme den Gegenstand in die Hand. Ich öffne die erste Seite und bemerke, dass diese leer sind. Enttäuscht halte ich meinem Kumpel das Buch hin und er realisiert es ebenfalls in binnen von Sekunden.
„Und was nun?", frage ich verzweifelt.
Blaise lacht und erklärt: „Die Seiten sind vollgeschrieben. Ein Zauber sorgt dafür, dass es unerwünschte Augen nicht lesen können."
„Was willst du damit sagen?", möchte ich wissen.
„Daphne kennt sich mit solchen Zaubersprüchen aus", erwähnt er und ich schüttle hektisch den Kopf.
Ich wedle mit den Händen und fauche: „Keineswegs gehe ich mit einem Tagebuch in der Hand zu einem Mädchen!"
„Wir brauchen deine Hilfe mit diesem Gegenstand, Daphne", murmle ich und würde Blaise am liebsten den Hals umdrehen.

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Misfit
FanfictionDenke an einen Löwen. Woran denkst du genau? An ein prachtvolles Geschöpf, dessen Loyalität grenzenlos ist? Nun, denke an eine Schlange. Was siehst du? Ein hinterlistiges Tier, dessen Anwesenheit dir bloß schaden kann? Doch, lasse dich nicht blenden...