25. Kapitel

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Es war mitten in der Nacht, als ich ein Knacken hörte. Die Mädchen hatten ihr Lagerfeuer gelöscht, sodass es bloß noch glimmte und schliefen fest in ihren Schlafsäcken. Wo sie die her hatten wusste ich nicht, vermutlich hatte ANGST sie ihnen mitgegeben, von ihnen waren sie auch bestimmt hergeschickt worden. Wieder knackte es. Ich sah mich um und hätte beinahe geschrien, als ich eine Person vor mir erkannte.

"Psssst.", machte das Mädchen. "Sie dürfen nicht aufwachen!" Es war das Mädchen mit den rotblonden Haaren, die mich vorhin angelächelt hatte. "Hmmhhhwbj!", machte ich. "Oh natürlich, sorry. Aber sei leise, okay?" Vorsichtig nahm sie mir das schmutzige Tuch aus dem Mund. "Wer bist du und was wollt ihr von mir?", zischte ich.

"Ich bin Sonya und es tut mir leid. Wir wurden von ANGST hierher geschickt, sie sagten wir hätten zwei Wochen Zeit um die Brandwüste zu durchqueren, sonst würde sich der Brand in uns zu schnell ausbreiten und das Heilmittel würde nicht mehr wirken!", erklärte sie leise. Ich sah sie verdutzt an. "Ihr habt alle den Brand, ihr seid infiziert?" Sie nickte leicht irritiert. "Ja, das haben sie uns gesagt!" Ich lachte leise. "Tja, dann seid ihr verloren. Es gibt kein Heilmittel für den Brand!"

Geschockt sah sie mich an und ich erklärte ihr das was Brenda mir erzählt hatte, dass der Brand von der Regierung entwickelt worden war um Menschen mit voller Absicht sterben zu lassen, dass ihnen aber ein Fehler unterlaufen war und es kein Heilmittel gab.
"Aber das kann nicht sein. Janson hat uns ein Heilmittel versprochen!" Ich zuckte mit den Schultern. "Ein versprechen das er nicht halten kann!", sagte ich möglichst kalt. "Es sei denn...", mir war eine Idee gekommen.

"Es sei denn was?", fragte Sonya aufgeregt. Ich schüttelte den Kopf. "Ach nichts." Sonya verdrehte die Augen. "Na los, sag schon!" Ich lächelte bedauernd. "Wohl eher nicht dir. Ihr habt mich an eine Pfahl gebunden, gefesselt und behandelt mich wie eure Gefangene. Da erzähle ich euch nicht so gerne Theorien, die euer Leben retten könnten." Sie seufzte. "Natürlich nicht. Ich würde es ja auch nicht tun!", sagte sie und klang dabei ziemlich aufrichtig. "Naja, ich geh dann mal wieder. Ich muss noch was schlafen und mental auf deine Hinrichtung vorbereiten!" Ich erstarrte.

Hinrichtung. Sie lächelte und winkte mir zum Abschied. "Okay, warte kurz.", rief ich leise. Mit einem durchtriebenen Grinsen drehte sie sich wieder zu mir. "Ich höre?"
"Wir machen es so. Ich erzähl dir meine Theorie und du sagst mir, warum ihr mich gekidnappt habt und wie ich hier wieder wegkomme!" Sie überlegte einen Moment, dann nickte sie und wollte mir die Hand geben, bis sie merkte, dass meine Hände neben meinem Körper gefesselt waren. "Ups!", sie kicherte.

"Sorry. Aber okay, abgemacht!" Ich holte tief Luft. "Was, wenn ihr den Brand gar nicht habt? Was wenn dieser Janson euch nur Angst machen und dafür sorgen wollte, dass ihr euch anstrengt rechtzeitig zurück kommt? Wenn sie Angst hatten, dass ihre Immunen weglaufen oder so. Ihr seid wichtig, etwas besonderes, sie wollten euch nicht verlieren, nicht an die Brandwüste oder irgendwelchen anderen, ANGST wollte vielleicht einfach nur einen Bezug zu euch aufstellen, damit ihr einen Grund habt zu ihnen zu kommen. Weil sie angeblich als einzige ein 'Heilmittel' haben?", je länger ich redete, desto mehr überzeugte ich mich selbst von der Theorie und fand sie immer einleuchtender.

"Wie lange lauft ihr hier schon rum? Denn nach einer gewissen Zeit treten Anzeichen, also Symptome auf. Ich bin mir nicht genau sicher, aber ich glaube Stimmungsschwankungen, Schwierigkeiten beim Konzentrieren und irgendwann das Gerede von wirrem Zeug gehören dazu!" Aus irgendeinem Grund tauchte plötzlich Newt vor meinem Inneren Auge auf. Schnell schüttelte ich den Kopf um den Gedanken zu vertreiben, Newt war immun, das hatte er gesagt. Also nicht richtig, Brenda hatte es gesagt, aber das... hieß ja nicht, dass es weniger stimmte. Newt konnte nicht infiziert sein!

Ich konnte genau sehen wie es in Sonyas Hirn ratterte. "Naja, speziell habe ich das bei keinem beobachtet!" Ich warf ihr einen vielsagenden Blick zu. "Du könntest wirklich recht haben. Vielleicht sind wir alle gar nicht krank!", jubelte sie. "Psssst, du hast selbst gesagt, die anderen dürfen nicht aufwachen!" Sofort hielt sie sich die Hand vor den Mund, aber ich konnte ihr Grinsen trotzdem sehen. Zwar wollte ich es nicht zugeben, aber ein wenig freute ich mich für sie, es musste eine unglaubliche Erleichterung sein, eine Hoffnung gegen eine Krankheit zu haben, bei der man dachte, sie stecke die ganze Zeit über schon in einem drin.

"Die Theorie muss ich morgen unbedingt Harriet erzählen!", sagte sie begeistert. "Ja und dann sag, dass sie von mir kommt und dass sie mich als dank ihr befreien soll! Oder du tust so, als wäre es deine gewesen und lässt mich jetzt frei!" Sonya wurde wieder ein wenig ernster und schüttelte den Kopf. "Sorry, aber das kann ich nicht. Wenn ich dich jetzt freilassen würde, wüsste Harriet sofort Bescheid. Wir hatten heute schon eine Auseinandersetzung und ob du's glaubst oder nicht, ich hab mich für dich eingesetzt und wollte dich freilassen!" Ich seufzte.

Sonya war schon schwer in Ordnung, aber das änderte nichts an der Tatsache, dass ich immer noch hier festgebunden war. "Aber warum genau habt ihr mich überhaupt mitgenommen? Woher kanntet ihr meinen Namen?"
"Janson hat uns einmal gesagt, wir sollten die Brandwüste durchqueren, aber auch, dass wir dich finden und mitbringen sollten, da uns sonst das Heilmittel verweigert werden würde!" Ich verstand immer noch nicht ganz.

Warum war ich so wichtig, dass er mich unbedingt wiederhaben wollte? Brenda hatte uns wahrscheinlich einige Tage gerettet, bevor die Mädchengruppe losgezogen war, da dieser Janson ihnen vorher ein Foto von mir gezeigt haben musste. "Ich weiß auch nicht genau warum ausgerechnet du. Janson meinte, du wärst besonders wichtig und eine Anwärterin auf die Auserwählte." Sonya zuckte die schultern. Jetzt ratterte es hinter meiner Stirn.

Auserwählt, das hatte ich irgendwo schon einmal gehört... Ja genau, als Brenda uns vor... ich wusste gar nicht mehr genau, vor wie langer Zeit- auf jeden Fall, als sie uns aus dem Gebäude der Schöpfer geholt hatte, hatte sie uns erklärt, dass ANGST uns in die Brandwüste schicken würde, damit wir neue Variablen bekämpfen und sie den Auserwählten bestimmen konnten. Dem jenigen sollte dann das Hirn für ihre Forschungen entnommen werden. Ich erschauderte.

Janson wollte mich also wiederhaben, weil ich eine Anwärterin auf den Posten der Auserwählten war. Verdammter Klonk. Ich wollte nicht auf ihrem Op Tisch enden und mein Hirn ihrer Wissenschaft spenden. Nicht den Leuten, die für den Tod von Chuck und Tom und vielen anderen Lichtern verantwortlich waren. "Du weißt was das bedeutet, hab ich Recht?", fragte Sonya, sie hatte mich durchschaut. Ich nickte und gab wieder das von mir, was Brenda mir erklärt hatte.

Sonya saß mit aufgerissenen Augen und aufgeklappten Mund vor mir. "Boah, was du alles erzählst wirft echt kein gutes Licht auf ANGST!"
Ich schüttelte den Kopf, das tat es nicht und ich war heilfroh, dass Brenda uns rechtzeitig daraus befreit hatte. "Hör zu, ich werd gleich Morgen mit Harriet reden, ihr alles erzählen was du gesagt hast und sie überreden dich freizulassen. Sie ist ein guter Mensch, sie wird das alles verstehen und wenn nicht, musst du mit ihr reden."
"Okay!"

Sie stand auf und wünschte mir eine gute Nacht. "Warte, Sonya!", zischte ich und sie drehte sich noch einmal um. "Danke!" Sie lächelte. "Kein ding!", dann ging sie auf die schlafenden Mädchen zu und kroch in ihren Schlafsack. Wäre sie nicht sozusagen eine Feindin, wären wir bestimmt Freunde.
Die Nacht zog sich wie Kaugummi, doch im stehen war es mir nicht vergönnt ein wenig schlaf zu finden. Also blieb ich die Nacht über wach und wartete darauf, dass die anderen Mädchen aufwachten.

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