27. Kapitel

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Am Tag darauf wurden wir wieder von Jorge geweckt. "Los, aufstehen, muchachos?", rief er. "Wir haben noch ein ganzes Stück vor uns. Dadurch, dass wir Cassandra gesucht haben, haben wir Zeit verloren. Wertvolle Zeit und die müssen wir jetzt wieder aufholen!" Stöhnend rappelten wir uns auf, packten unsere Sachen zusammen und gingen weiter. Langsam wurden unsere Wasser und Nahrungsvorräte knapp und wir legten nur noch wenige Pausen ein.
Newt hatte zwar versucht mit mir zu sprechen, aber ich hatte ihn ignoriert und lief neben Brenda und Minho. Das war keine sonderlich Spaßige Angelegenheit, da die beiden bei jedem Wort des anderen kicherten und anfingen sich beim gehen zu küssen. Natürlich freute ich mich für sie, dass sie beide jemandem gefunden hatten, aber das hieß nicht, dass ich die Worte "Wüstenbabe, heißer als die Sonne" und noch weitere Sprüche gerne ertrug. Zu gerne wäre ich neben Newt gelaufen, aber so schnell würde er mich nicht weich kriegen.
"Seht mal, was ist das?", rief Bratpfanne am frühem Abend. Ich versuchte meine Augen anzustrengen, doch ich konnte nichts sehen. Erst nach ein paar weiteren Metern erkannten auch die anderen, was Bratpfanne gesehen hatte. Es war eine Art Dorf, mit riesigen, verlassen aussehenden Häusern. "Das ist aber nicht Denver, oder?", fragte Minho. Jorge schüttelte den Kopf. "Nein, das ist nicht Denver. Das muss irgendeine kleine Vorstadt sein, vermutlich mit mehr Cranks als irgendwas anderem!" Ich schluckte. "Aber es führt kein Weg vorbei, außerdem müssen wir dringend unsere Vorräte auffüllen, vielleicht können wir das da tun!", überlegte Brenda und Jorge stimmte ihr zu. Wir gingen gerade auf die verlassene Stadt zu, die noch ein gutes Stück von uns entfernt lag, als wir plötzlich ein donnern hörten. Als wir uns umdrehten, konnten wir die nächste Gefahr entdecken. Ein Gewitter. "Scheiße!", murmelte Brenda. Gar nicht so weit hinter und schlug auf einmal ein Blitz in den Boden ein. "LAUFT!", schrie Jorge und nahm sofort seine Beine in die Hand. So schnell wir konnten rannten wir auf die Stadt zu, wir waren der höchste Punkt in der Wüste, das hieß, die Blitze würden uns als erste treffen. Es donnerte noch einmal und dicht neben mir schlug ein Blitz ein, ich schrie. Verdammter Klonk, wir waren zu langsam. Neben mir lief nun Newt.
Als ich ihn ansah, stolperte mein Fuß über einen Stein und ich fiel der Länge nach hin. Newt brüllte etwas, bevor dicht neben mir ein Blitz einschlug und mich mehrere Meter nach hinten schleuderte. In meinen Ohren piepte es laut und ich konnte Newt nicht verstehen, als er sich neben mich fallen ließ und mich nach Verletzungen abtastete. Mein Handgelenk schmerzte und ich vermutete es war gebrochen, außerdem hatte ich mir bestimmt den Knöchel angeknackst und meinen linken Arm. Newt strich über meine Schläfe und ich konnte erkennen, dass Blut an seinen Fingern klebte. Er sagte etwas, bevor er mich versuchte aufsetzten. Ich stöhnte, gehen war unmöglich. Also nahm er mich in die Arme und trug mich wie ein kleines Kind und wie er es schon einmal getan hatte, als ich vor ihm weggelaufen war und mir den Fuß verstaucht hatte. Damals war alles im Gegensatz zu jetzt so einfach gewesen... Meine Augenlieder wurden schwer, doch Newt rüttelte immer wieder an mir, sodass ich nicht einschlief. Trotzdem bekam ich nur am Rande mit, wie weitere Blitze einschlugen, der Boden aufriss und wir von Brenda, Minho und den anderen getrennt wurden. Newt rannte mit mir in den Armen auf ein Gebäude zu, trat die Tür ein und legte mich sanft auf den Boden. Er beugte sich über mich und sagte etwas, doch ich hörte immer noch nur das piepen, dann wurden meine Augen schwer und ich fiel in einen tiefen Schlaf.

Ich wurde von lautem Gekreische geweckt, vorsichtig setzte ich mich auf. Mein Kopf dröhnte und meine Arme und Beine taten mir weh, aber ich war am Leben. Um meinen Knöchel und mein Handgelenk war Stoff gebunden, der aussah wie der, von Newts Tshirt. "Newt?", rief ich, aber keine Antwort. Langsam stand ich auf und sah mich um. Ich befand mich in einem Gebäude mit hohen Wänden und hölzernen Wänden. Der Raum war groß, aber nur wenig mobilisiert und wirkte ziemlich verlassen und einsam. "Newt?", fragte ich noch einmal, bevor ich ihn in einer Ecke sitzen sah. Ich ging auf ihn zu und ließ mich neben ihm nieder. "Du bist wach!", stellte er fest. Seine Stimme war kühl und wirkte gezwungen. "Ja.", antwortete ich, gefolgt von Stille. Wieso sagte er denn nichts? "Ist alles in Or...", aber er unterbrach mich. "Verdammt, gib mir ein paar Minuten. Ich kann grad nicht reden!" Er starrte wütend auf einen Punkt neben mir. "Was?!" "Gib mir ein paar Minuten! Los, GEH!", schrie er. Ich zuckte zurück, Tränen brannten in meinen Augen, aber ich drehte mich um und ließ ihn alleine. Ich wusste ehrlich nicht was mit ihm los war. Auf der Lichtung war er der süßte und liebevollste Junge gewesen, den ich je getroffen hatte, aber seit wir in der Wüste waren, schwang seine Stimmung ständig um, das ging mir ziemlich auf den Keks. Vorsichtig erkundete ich das Gebäude, erklomm eine Treppe, die hinauf in ein anderes Stockwerk führte. Allerdings wirkte dieses um einiges gruseliger, mit Spinnweben und zerstörten Möbel,weshalb ich mich wieder nach unten setzte und darauf wartete, dass Newt sich beruhigte, damit ich mich dann mit ihm streiten konnte. Draußen hatte die Sonne wieder ihren höchsten Punkt erreicht und von dem Gewitter war nichts mehr zu sehen, als Newt zu mir kam. "Wo sind die anderen?", blaffte ich ihn an. "Ich weiß es nicht!", antwortete er sanft. "Neben dir ist ein Blitz eingeschlagen und du warst verletzt, deshalb hab ich dich einfach ins erste Haus gebracht, das ich finden konnte. Die anderen sind weiter gerannt, aber ich habe keine Ahnung wohin. Der Boden ist aufgerissen und hat eine riesige Staubwolke in die Luft gesetzt, sodass ich sie aus den Augen verloren habe." "Wie lange habe ich geschlafen?", ich versuchte meine Stimme hart und kalt klingen zu lassen. "Nur einen Tag." Ich nickte, dann drehte ich mich um und ging in Richtung Tür. "Wo willst du hin?", fragte Newt besorgt. "Ich gehe die anderen suchen!" Schneller als ich gucken konnte stand er vor mir und versperrte mir den Weg. "Du kannst da jetzt nicht raus. Ich musste eben eine ganze Horde Cranks abwimmeln und von hier weg locken. Im Moment ist es zu gefährlich!" "Aber wir müssen die anderen finden. Sie suchen uns bestimmt schon und...", aber Newt schüttelte den Kopf. "Sie sind wahrscheinlich schon weiter gegangen, nach Denver und Hans suchen!" "Nein, das kann nicht sein. Sie würden nicht ohne uns gehen, mich habt ihr doch auch gesucht!" Newts Gesicht wurde traurig. "Ja, aber das war weil du alleine warst und nur weil Minho und ich drauf bestanden haben. Brenda hat schon zu oft ihre Leute zurückgelassen, als das sie es zählen konnte und Jorge wollte alle dazu überreden ohne dich zu gehen. Bratpfanne und die anderen Lichter haben aber auf mich gehört und wir haben dich gesucht. Jetzt weiß ich nicht, wieviele Lichter noch überlebt haben und nach uns suchen würden. Minho würde sich vielleicht von seiner neuen Freundin überreden lassen, dass wir bereits tot seien und sie weiter müssen!" Ich starrte ihn mit offenem Mund an. Das konnte nicht sein, die Lichter, Minho würde nie jemanden aus der Gruppe zurücklassen, das konnte ich mir nicht vorstellen. "Hör zu, Cassy. Ich muss ganz dringend mit dir reden!" Ich verzog den Mund. "Tja und was ist, wenn ich nicht mit dir reden möchte?", gab ich schnippisch zurück. "Das solltest du!", sagte er bloß und ließ sich auf den Boden nieder. Ich war hin und her gerissen, sollte ich Newt zuhören und mir vielleicht sein Benehmen von ihm erklären lassen oder ihn stehen lassen und die anderen suchen? Ich kämpfte mit mir, aber meine Neugier siegte und so setzte ich mich neben ihn. "Ich höre!" Er seufzte. "Naja, wie soll ich sagen. Da ist etwas, dass ich dir nicht erzählt habe...", er räusperte sich. "Also, es war so. Nachdem wir aus dem Labyrinth entkommen sind und du in ein separates Zimmer gesteckt wurdest, kam der Rattenmann, dieser Janson zu uns. Er sagte, er würde gerne unsere Erinnerungen wieder herstellen!" Ich keuchte auf. Unsere Erinnerungen? Das hieß, wir hätten uns wieder an unsere Familie, an unser voriges Leben erinnern können, aber bevor ich den Mund aufmachen konnte, redete Newt weiter. "Es ist nie dazu gekommen, weil Brenda uns vorher da rausgeholt hat, worüber ich auch heilfroh bin. Aber er sagte auch, dass unsere Erinnerungen düster wären, vor allem die einiger Jungs. Meine zum Beispiel." Verwirrt sah ich ihn an. Was meinte er damit? "Die Sonneneruptionen, der Brand. Er hat uns erklärt, dass wir immun wären und wegen der ganzen Hirnmessungen im Labyrinth gewesen wären, allerdings hätte es auch Jungs gegeben, die das nicht waren. Einige von uns, die infiziert waren, keine Munis!" Ich keuchte. Er wollte doch nicht etwa sagen... "Ich bin ein Crank, Cassy. Ich spüre wie der Brand nach und nach mein Hirn auffrisst und ich immer mehr die Kontrolle über mich verliere." Er lächelte schwach, aber ich konnte nicht mehr. Für brach eine Welt zusammen, Newt würde ein Crank werden, verrückt und den Verstand verlieren! Tränen stiegen in mir auf. "Bitte, Cassy, wein nicht!", versuchte er mich zu beruhigen  und zog mich in seine Arme, wobei ihm aber selbst eine Träne die Wange hinunter lief. "Wir schaffen das schon!", schniefte er. "Wussten sie es?", hauchte ich. "Wussten Minho und die anderen Bescheid?" Newt nickte schwach. "Ja, sie waren dabei, als Rattenmann es verkündet hat, aber ich wollte nicht, dass du es weißt. Ich wollte dich beschützen, hab ihnen eingetrichtert dir kein Sterbenswörtchen zu erzählen, sogar Rattenmann hat sich dran gehalten." Ich schluckte schwer. Sie hatten mich die ganze Zeit belogen, die ganze Zeit so getan, als wüssten sie auch nicht was mit Newt los ist. Der Brand erklärte seine Stimmungsschwankungen und Wutausbrüche, er erklärte alles. "Warum?", schluchzte ich und drückte ihn an mich. "Es ist schon okay.", flüsterte er und streichelte beruhigend meinen Rücken. Die Tränen strömten wie ein Wasserfall über mein Gesicht. Ich hatte alles verloren, Tom und Chuck waren tot, Minho und Brenda hatten uns verlassen und Newt würde ein verdammter Crank werden. Lange Zeit saßen wir so da, ich am weinen und Newt mich versuchend zu beruhigen.
Am Abend verschlechterte sich seine Stimmung wieder und der Brand gewann die Oberhand über ihn. Er schrie ein paar mal und schlug auf einen bereits kaputten Stuhl ein, der im Raum stand. Bis er sich beruhigt hatte dauerte es ein wenig und noch länger bis er eingeschlafen war. Erst dann erlaubte ich mir wieder die Tränen und mich in den Schlaf zu weinen.

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