28. Kapitel

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Mehrere Tage vergingen, einer schlimmer als der andere. Newts Verhalten verschlimmerte sich von mal zu mal und er war mehr wütend und genervt als lieb und fröhlich. Er schrie mich immer öfter an, rastete aus und zerschlug die verschiedensten Dinge. Die ersten Tage hatte ich minütlich aus dem Fenster geguckt und war auch rausgegangen, um Minho und die anderen zu suchen, aber nachdem ich nur knapp einer Horde Cranks entkommen war, blieb ich lieber in dem Gebäude und passte auf Newt auf. Ich wollte nicht, dass ihm etwas geschah und außerdem hatte er vermutlich recht gehabt und Minho und Brenda waren mit den anderen schon weiter im Richtung Denver gezogen.
An diesem Tag hatte Newt nich keinen einzig klaren Moment gehabt, und das obwohl der Abend schon langsam anfing zu dämmern. Er knurrte und warf einen Gegenstand wieder und wieder zu Boden, doch er schien nicht kaputt zu gehen. "Was hast du da?", wollte ich wissen. "Geht dich nen feuchten Klonk an!", presste Newt hervor. Inzwischen war ich es gewohnt, dass er so mit mir sprach und redete mir ein das es nur der Brand war. Jedesmal wenn er wieder ein wenig klar im Kopf wurde entschuldigte er sich bei mir, nahm mich in den Arm und tröstete mich. Der Brand schritt immer weiter vor, ich wusste nicht wie lange ich es mir noch ansehen konnte, wie er sich zum Crank verwandelte. Zu einem Monster. "Los, zeig schon!", ich bemühte mich um einen lockeren Tonfall. "Ich. Hab. NEIN GESAGT!!!", brüllte er und fuhr zu mir herum. Ich erschrak, als ich in seine blutunterlaufenden Augen sah. Beschwichtigend hob ich die Hände, aber er kam wütend auf mich zu gestapft. "Was willst DU von MIR?", schrie er und schubste mich. Ich fiel zu Boden und versuchte ein wenig Abstand zwischen uns zu bringen. "Schon okay, es tut mir leid. Ich... lass dich in Ruhe." Newt knurrte. "Ich hab mir bloß Sorgen gemacht und...", versuchte ich mich zu erklären, doch das schien Newt bloß noch wütender zu machen. "Sprich nicht mit mir!" Er kam weiter auf mich zu und bevor ich mich zur Wehr setzten konnte hatte er mir ein blaues Auge verpasst. Ich schrie auf. "Halt. Den. MUND!" Er trat auf mich ein. Wimmernd kauerte ich mich zusammen. Bloß der Brand, bloß der Brand. Redete ich mir ein. Das ist nicht Newt, er würde das nie tun, er würde mich nie schlagen. Es ist bloß der Brand! Ich schluchzte und als Newt sich endlich umdrehte und wegging atmete ich erleichtert aus. Ich würde das nicht noch länger durchhalten. Ein Träne aus Blut floss mir die Wange hinunter. Er hatte mich geschlagen und verlor immer mehr die Kontrolle über sich. Was wenn er eines Tages versuchen würde mich umzubringen? Oder noch schlimmer sich selbst? Ich schlug die Hände über meinem Kopf zusammen. Ich würde ihn nicht stoppen können, ihn nicht aufhalten, er wurde zum Crank und ich konnte dagegen nichts unternehmen.
Auf einmal fiel mein Blick auf ein Gerät. Es war das Ding gewesen, das Newt festgehalten und versucht hatte zu zerstören. Ich ging darauf zu und nahm es vorsichtig in Augenschein. Es sah aus wie eine Art Kamera, aber der Bildschirm hatte einen Sprung und zeigte nur Schnee. Ich schüttelte es leicht und drückte alle möglichen Knöpfe, bis ich tatsächlich ein Bild reinbekam. Vor Schreck fiel mir fast die Kamera aus der Hand. Mir lächelte die Frau mit dem streng zurückgekämmtem Haar und dem kühlen Gesichtsausdruck entgegen, die in der Kammer dabei gewesen war, als Chuck und Tom starben. Und sie war auch gestorben, einer der Männer, unserer 'Retter' hatte sie erschossen. "Hallo Cassandra.", begrüßte sie mich und das Bild begann sich zu bewegen. Es war nicht nur ein Foto, es war wie eine Art Telefon mit Kamera. "Keine Angst, ich will dir nur helfen!", sagte sie. Das hieß... sie lebte noch. Sie war nicht gestorben und auf einmal ging mir ein Licht auf. "Ich bin Doktor Ava Paige, ich weiß nicht ob du dich noch an mich erinnerst." Ich nickte leicht. "Ja, ich sehe es an deinem Gesicht, du erkennst und verstehst mich. Mein Tod war inziniert, wie du siehst. Euere Retter waren meine Leute, ANGST hat euch vor euch selbst gerettet, aber leider hatten wir nicht die Gelegenheit auf eine Zusammenarbeit, da ihr eure Dummheit über euch habt walten lassen!" Ihr Stimme war ruhig, fast schon gelangweilt. "Wo sind Chuck und Tom?", presste ich die erste Frage, die mir in den Sinn kam hervor. Mitleidig schüttelte sie den Kopf. "Es tut mir leid, aber ihr Tod war nicht vorgespielt, sie mussten wirklich sterben!" Ich schluckte die Tränen hinunter und versuchte das dringende Bedürfnis mich zu übergeben zu unterdrücken. Natürlich hatten zwei der besten Menschen sterben müssen und ein verlogenes Miststück, das sich selbst als Doktor bezeichnete, durfte leben. Das war nicht fair. "Cassandra, hör mir zu. Wir würden gerne mit euch reden!", sagte sie. "Es gibt kein euch mehr, kein uns!", schniefte ich. "Wie darf ich das verstehen?" Ich starrte sie böse an. Vermutlich wusste sie sowieso bescheid und wollte es aus einem krankhaften Grund einfach nur noch aus meinem Mund hören. "Wir haben uns getrennt. Newt und ich sind hier, die anderen woanders. In Sicherheit vor ihnen!" Ava Paige lächelte bedauernd. "Hmmmm, das habe ich mir gedacht...", murmelte sie vor sich hin. "Also sind hier nur noch du und der Crank?", hakte sie nach. Ich erstarrte. "Reden sie nicht so über Newt!" Diese Frau löste etwas Böses in mir aus, etwas das angriffslustig war und vor nichts zurückschrecken würde. "Naja, ich sehe nur den Fakten ins Gesicht!" "Wo sind sie, werden sie uns holen kommen und wieder foltern?", versuchte ich das Thema in eine andere Richtung zu lenken. "Cassandra, bitte versteh doch. Wir sind nicht die Bösen, wir wollen nur helfen." Ich gab einen angewiderten Ton von mir. "Wie lange versteckst du den Crank schon?", wollte sie wissen, aber ich schüttelte kaum merklich den Kopf. "Wie. Lange. Schon?" Ich zuckte mit den Schultern. "Ich weiß es nicht!" Ava Paige seufzte. "Du weißt, dass er mit dem Brand infiziert ist, er wird durchdrehen und zum Killer werden.", sprach sie sachlich weiter. "Es gibt nur eine Möglichkeit. Ihr befindet euch an dem alten Arbeitszentrum für Geschädigte, hab ich Recht?" Ein Klos setzte sich in meinem Hals fest und wurde immer größer. Woher wusste sie das? Als ich neulich rausgegangen war, hatte ich das Schild über der Tür entdeckt, die ich nun notdürftig vernagelt hatte, zum Schutz von Außen und damit Newt nicht weglaufen konnte und darauf hatten genau diese Worte gestanden. "Hör genau zu, im zweiten Stock hinter der Tür mit den aufgemalten Wolken befindet sich ein Raum indem ein kleiner Schrank steht. In der obersten Schublade befindet sich ein Pistole." Ich keuchte, aber die Frau redete einfach weiter. "Ich möchte, dass du sie an dich nimmst und -ich weiß, dass ist schwer für dich- aber dennoch möchte ich, dass du den Crank erschießt und von seinem Leid befreist!" Ihre Stimme war kalt und duldete kein nein, aber ihrer Aufforderung konnte ich unter keinen Umständen nachkommen. Sie erwartete von mir, meinen eigenen Freund zu töten. "Als Gegenleistung und Belohnung würden wir kommen, dich und deine anderen Freunde finden und von hier weg bringen, egal wohin ihr wollt. Ihr bestimmt das Ziel und wir werden sehen, dass ihr es erreicht. Du musst nur den Crank loswerden." Ich schüttelte den Kopf. "Nein, auf keinen Fall. Ich werde Newt nicht töten. Ich bin kein Monster, so wie ihr. Ich töte keine Menschen, schon garnicht meine Freunde!" Ich drückte wild auf die knöpfe, aber die Verbindung konnte nicht unterbrochen werden, nicht einmal als ich die Kamera mit voller Wucht zu Boden schmetterte. "Das hat keinen Zweck, ich bleibe hier, solange ich will!", sagte Ava Paige amüsiert. Ich schrie wütend auf. "Warum tun sie uns all das an? Verschwinden sie einfach und lassen sie uns in Ruhe!" "Du kennst den Grund. ANGST will ein Heilmittel finden, um den Brand zu heilen, von dem beispielsweise auch dein Freund befallen ist!" Die Tränen brannten in meinen Augen. "Jede Hilfe würde für ihn zu spät kommen, selbst ein Heilmittel würde nicht mehr helfen. Es ist zu spät.", gab ich schmerzlich zu. Mir diese Tatsache einzugestehen machte mich fertig. "Vermutlich hast du Recht, Cassandra. Aber überleg doch mal, wenn du ihn von seinem Leid erlösen würdest, könntest du mit deinen anderen Freunden fliehen und selbst nach einem Heilmittel forschen. Ihr könntet eine Menge von Leute vor dem gleichen Schicksal schützen!", aber ich schüttelte den Kopf. "Nein, Doktor!", ich sprach das Wort wie ein Schimpfwort aus. "Mich werden sie nicht dazu bringen unschuldige und liebenswerte Leute umzubringen!" Mit den Worten trat ich nach der Kamera und katapultierte sie in eine Ecke. "Cassandra?", hörte ich die Stimme von Paige, aber die ignorierte ich geflissentlich. Ich hatte wichtigeres zu tun.
Leise stieg ich die morsche Treppe hinauf in den zweiten Stock. Ich achtete darauf, wo ich hin trat, um Newt nicht auf mich aufmerksam zu machen. Er saß unten in einer Ecke zusammen gekauert und brabbelte leise vor sich hin. Vorsichtig öffnete ich die Tür mit den aufgemalten Wolken und auch die erste Schublade des kleinen Schrankes. Tatsächlich, darin lag eine Pistole. Und dazu noch eine geladene.
Behutsam nahm ich sie heraus und begutachtete sie. Ich hatte noch nie zu vor eine in meinen Händen gehalten und nach dem Tod meiner beiden Freunde, die durch den Schuss einer gestorben waren, auch nichts in der Richtung vorgehabt. Natürlich würde ich Ava Paiges Aufforderung nicht nachkommen und Newt erschießen, ich wollte sie bloß zur Verteidigung. So viele Cranks hatten schon versucht in unser Versteck zu gelangen und mich die Angst fürchten gelernt, aber mit einer Waffe in meinen Händen würde ich mich sicherer fühlen. Ich verstaute sie an meinem Hosenbund, bevor ich wieder hinunter kam. Das erste was ich sah, war Newt, der aufgebracht auf und ab lief. Schnell wollte ich mich davon schleichen, aber es war bereits zu spät, er hatte mich entdeckt. "DU!", schrie er. "DU hast mir das alles angetan!" Ich schüttelte den Kopf. "Du bist ein verdammtes Miststück, ich werd dich umbringen!", kreischte Newt, die Verrücktheit in seiner Stimme war nicht zu überhören. "Newt, bitte. Komm wieder zu dir. Ich bin Cassy, deine Freundin!" Einen kurzen Moment hielt er inne und es sah aus, als würde er versuchen, sich zu erinnern. Dann schüttelte er aber wie wild den Kopf. "Nein nein nein nein nein nein nein nein!" Er kam die Treppe hinauf. "Bitte, Newt!", wimmerte ich. Als er mich erreicht hatte, sah er mir tief in die Augen und flüsterte wieder vor sich hin. "Nein nein nein nein nein nein!" In seinen damals so schönen schokoladenen Augen, war jegliche Wärme und Liebe verschwunden und Grausamkeit und Verrücktheit gewichen. "Ich bring dich um ich bring dich um ich bring dich um!", zischte er und bevor ich noch etwas erwidern konnte stieß er mich die Treppe hinunter. Er hatte meinen Hals umklammert und landete beim Aufprall auf mir. Ich schluchzte. Mein Knöchel tat wieder höllisch weh und mein linkes Handgelenk konnte ich nicht mehr bewegen. "Newt, hör auf. Lass mich los!", kreischte ich, aber das störte ihn nicht. Er verwandelte sich mehr und mehr in ein tollwütiges Tier und schlug mir mehrere Male ins Gesicht. "Hör auf!", flüsterte ich, aber seine Antwort darauf war wieder nur:" ich bring dich um ich bring dich um!" Ich hatte verloren, ich würde einen grausamen Tod sterben. Newt schlug noch weitere male auf mich ein und kratzte an meiner Haut. Meine Fingerspitzen suchten den Griff der Pistole und ich schaffte es tatsächlich sie zu umklammern. Natürlich wollte ich ihn nicht umbringen, aber vielleicht würde er vor der Pistole zurückschrecken. Ich zog sie hervor und richtete sie auf ihn. "Lass das, Newt. Hör sofort auf oder ich schieße!", schrie ich. Newts Augen wurden groß, bevor sich ein gruseliges Grinsen auf seine Lippen schlich. "Nur zu. Ich bitte dich, beende es!" Entsetzt starrte ich ihn an. Der Plan war wohl nach hinten losgegangen. Er nahm dem Lauf der Pistole und hielt ihn gegen seine Stirn. "Los, drück schon ab. TÖTE MICH!", rief er. Verdammter Klonk, was sollte ich nur tun. Mein Blick schweifte durch den Raum und blieb an der kleinen Kamera hingen, die ironischer Weise genau in unsere Richtung zeigte. Selbst aus der Entfernung konnte ich Ava Paiges Gesicht erkennen, das aufmunternd nickte. Sie wollte, dass ich abdrückte. "MACH SCHON!", brüllte Newt über mir.
In dieser Sekunde fasste ich einen Entschluss. Newt war ein Crank und würde sowieso sterben. Zuerst würde er noch verrückter werden und dann sterben.
Mein Leben würde ohne ihn keinen Sinn mehr machen, ich hatte ihn schon verloren und der Tod würde daran nicht viel ändern. Minho und Brenda waren auch nicht mehr da, das hieß ich hatte niemandem.
Also riss ich dem Pistolenlauf von Newts Stirn und hielt ihn an meinen Kopf. "Tut mir leid!", flüsterte ich und gab ihm einen letzten Kuss, bevor ich abdrückte.

Maze Mädchen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt