20. Kapitel

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Ein paar Stunden später, der Morgen dämmerte bereits, befand ich mich alleine in einem Zimmer.
Ich wusste nicht mehr wie ich hier her gekommen war, doch jetzt lag ich in einem sauberen Bett. Ich hatte mich geweigert mir frische Sachen anzuziehen und auch gegessen hatte ich nichts, obwohl ich eigentlich mörderischen Hunger haben musste.

Die Leere in mir hatte jegliche Gefühle verschluckt.
Vor wenigen Stunden nur -oder waren es Tage gewesen?- war ich todmüde gewesen, aber jetzt wo ich in einem weichen und gemütlichem Bett lag, bekam ich kein Auge zu.
Tom und Chuck hätten es verdient das alles hier zu sehen. Das essen, die Betten und sogar Duschen gab es hier. Aber ich wollte nicht. Es kam mir falsch vor, etwas zu nutzen, dass es auf der Lichtung nicht gegeben hatte, etwas das Tom und Chuck nicht mehr nutzen konnten, nie wieder.

Ich weinte, jedoch ohne Tränen. In der Zeit zwischen dem vielen Tod in dem Labor und der langen Busfahrt hatte ich so viele Tränen vergossen, dass ich bloß noch lautlos vor mich hin jaulte und meine  Nase putze. Die Leere in mir hatte sich über mein ganzes Herz gelegt und schien auch Teile meines Kopfes zu befallen, denn ich spürte nichts mehr.

Es kam mir vor als hätte ich jegliche Gefühle von Glück und Freude, aber auch Wut und sogar Trauer verloren. Mir war alles egal. Egal was mit mir passierte, wie es weiter gehen sollte oder wo die anderen Lichter waren. Ich erinnerte mich wage daran, dass Newt ausgerastet war, als mich eine Ärztin hierher bringen wollte. Er hatte bei mir bleiben wollen, doch ich hatte den Kopf geschüttelt und war mitgegangen. Mir war alles egal.

Ich starrte an die Decke. Sie war weiß mit ein paar schwarz rot gesprenkelten Punkten darauf. Ich fragte mich, was es war und wie es dort hingekommen war, aber die Antwort interessierte mich nicht wirklich. Irgendwann starrte ich einfach durch die Decke hindurch.
Tom?, fragte ich, obwohl ich wusste, dass er nicht antworten würde, nicht antworten konnte. Ich schluckte schwer. Alles war vorbei, wir waren erledigt. ANGST hatte gewonnen. Wie würde ich ohne Chuck, ohne Tom weiter machen können? Es war sinnlos. Einfach alles!

Ich hörte mich schreien, bevor ich aufwachte. Irgendwann war ich wohl doch eingenickt, aber natürlich nicht ohne Alpträume. Ich hatte Blut gesehen, viel Blut und die Gesichter von Chuck und Tom, die mir Sachen zugeflüstert hatten. Gierig schnappte ich nach Luft und atmete sie gierig ein, bis sich erneut ein Schrei von meinen Lippen löste. Ich hatte keine Kontrolle darüber. Quietschend öffnete sich meine Tür, aber ich wollte nicht hinsehen.

Die letzten paar Stunden waren andauernd Ärzte zu mir gekommen, hatte mir Blut abgenommen, Spritzen gegeben oder mich versucht zum duschen oder Essen zu überreden- ohne erfolg. "Hey!", eine warme Hand legte sich auf meinen Rücken und jemand setzte sich  hinter mich aufs Bett. Newt. "Ich hatte...schnief.. wieder einen Alptraum und...", ich konnte nicht weitersprechen. Eine Träne löste sich aus meinen Augenwinkeln und löste eine ganze Welle von ihnen aus. Auf einmal kamen wieder welche.

"Es ist okay, du musst nicht drüber reden. Shhhhht, alles wird wieder gut. Wir schaffen auch das, wir werden da drüber stehen!", murmelte Newt in meine Haare und drückte mich an sich. Seine Wärme durchströmte auch mich und löste ein wenig die Kälte von mir. Ich schloss die Augen, sein Geruch umhüllte mich und für einen Moment konnte ich so tun, als wären wir wieder auf der Lichtung. In Sicherheit hinter geschlossenen Toren und zusammen mit unseren Freunden.

Ich bildete mir sogar ein, Chucks Gequassel und Toms Lachen zu hören.
Es steckte eine solche Ironie hinter all dem. Als wir noch auf der Lichtung gewesen waren hatten wir alles dafür getan um von dort weg zu kommen, doch jetzt wünschte ich mir nichts sehnlicher als die Zeit zurückzudrehen.

Newt konnte ich mich anvertrauen, also ließ ich bei ihm die Gefühle zu. Den Schmerz, die Trauer und die Wut. Bei ihm konnte ich alles aus mir herauslassen, aber sobald ich mich wieder von ihm lösen würde, würde die kalte Leere zurückkehren. Ich hatte die letzten Stunden so viel Leere in mir verspürt, ich wollte Newt nicht mehr loslassen. Am liebsten würde ich ihn und auch all die schönen Erinnerungen für immer festhalten, aber fürs erste schlief ich nur in seinen Armen ein.

Maze Mädchen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt