26. Kapitel

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Als der Morgen endlich dämmerte und die Mädchen aufstanden, sah ich wie Sonya zu Harriet hinüberlief. Von weitem konnte ich nichts verstehen, aber erkennen konnte ich, dass Harriet ziemlich sauer war. Sie raufte sich die kurzen Haare und schrie Sonya an, die aber weiter auf sie einredete und sich davon nicht abbringen ließ. Dann lächelte Sonya und schaute in meine Richtung hinüber, bevor sie gemeinsam mit Harriet auf mich zukam.

"So, Sonya hat gesagt, dass du nen ganz schönen Mist von dir gibst!", begrüßte sie mich. "Hab ich nicht. Es könnte wirklich stimmen!", verteidigte sich Sonya. "Ich will es aus deinem Mund hören, erzähl mir, was du meiner Freundin gestern erzählt hast!", sagte Harriet, also begann ich von neuem meine Theorie zu erzählen, dass sie vermutlich immun waren und nicht den Brand hatten. Harriet nickte leicht. Anscheinend hatte Sonya es genauso von sich wiedergegeben, wie ich es ihr erzählt hatte.

"Naja, es könnte natürlich wirklich was dran sein. Was sollte ANGST mit uns anfangen, wenn wir nicht immun wären?", überlegte Harriet laut. "Ihr wärt uninteressant, weil ihr früher oder später wahrscheinlich sowieso Cranks werden würdet. Aber ihr seid etwas besonderes, nur weniger als ein Prozent der Menschheit ist das und sie wollen die Hirnaktivitäten der Immunen messen!" Harriet nickte. "Ich schlage vor, wir berufen eine Sitzung ein und stimmen ab was wir tun werden!", sagte sie. "Könnten ihr mich in der Zeit vielleicht losmachen? Ich würde echt gerne noch mal sitzen!", fragte ich zaghaft, doch Harriet schüttelte sofort den Kopf. "Kommt nicht in Frage, jetzt gerade bist du immer noch unsere Gefangene!" Sonya lächelte mir entschuldigend zu, bevor sie zusammen mit Harriet die anderen zusammentrommelte. Klonk, ich konnte meine Beine langsam echt nicht mehr spüren. Die Sitzung der Mädchen und Aris, so hatten sie den Jungen genannt, dauerte eine geschlagene Stunde und wurde weit von mir weg abgehalten, damit ich auch ja kein Wort mitbekam. Die Sonne bereitete sich schon darauf vor, gleich direkt über uns zu stehen, als sie endlich auf mich zukamen. "Okay.", begann Harriet und Sonya grinste mich an. "Wir haben abgestimmt und die Mehrheit hat entschieden, dass sich deine Theorie durchaus sinnvoll anhört. Allerdings können wir uns nicht sicher sein, dass du uns nicht einfach zu deinem Zweck belügst, daher werden wir trotzdem zu dem sicheren Hafen ziehen, den Janson uns genannt hat!" Ich sah sie fragend an. "Aber dich lassen wir frei. Du kannst zurück zu deinen Freunden!", rief Sonya. Ich strahlte. "Danke, das ist wirklich mehr als nett von euch. Vielen Dank!" Geschickt löste Sonya meine Fesseln und sobald ich frei war fiel ich ihr um den Hals. "Danke!", flüsterte ich ihr ins Ohr. Sie war überrascht, erwiderte meine Umarmung aber und lachte. Danach nahm ich auch Harriet in die Arme. "Vielen Dank!", sagte ich. "Ähm... gerne. Es tut uns leid, dass wir dich gefangen genommen haben.", sagte sie zerknirscht und löste sich aus meiner Umarmung. "Und auch, dass wir dich von deinen Leuten getrennt haben, wir hoffen du findest sie wieder!" Oh, daran hatte ich noch gar nicht gedacht. Ich war so erleichtert gewesen, dass sie mich frei ließen, dass ich mir keine Gedanken darüber gemacht hatte, wie ich wieder zu Newt, Minho und den anderen kommen würde. "Ähm... ja, danke!", sagte ich.
Wir verabschiedeten und, bevor sie ihre Sachen packten und sich auf den Weg in die andere Richtung machten. Es war seltsam, anfangs hatten sie mich gefesselt und mir einen Sack über den Kopf gezogen und jetzt hatte ich sie zum Abschied gedrückt. Ich kicherte leise, doch das verging recht schnell, als mir bewusst wurde, dass ich jetzt auf mich ganz allein gestellt war. Schwer schluckend machte ich die ersten Schritte, aber meine Beine waren so schwer und wackelig, dass ich mich erst einmal hinsetzte und einen großen Schluck Wasser trank, den die Mädchen mir mitgegeben hatten, zusammen mit ein paar Broten und einer dünnen Decke.
Nach circa einer halben Stunde zwang ich mich zum aufstehen und lief in die Richtung, aus der ich glaubte gekommen zu sein. Erst jetzt wurde mir die Hoffnungslosigkeit der Situation richtig bewusst. Ich befand mich mitten in der Wüste, umgeben von nichts als trockenem Boden, vertrockneten Gräsern, Bäumen und dicken Felsen. Es war ziemlich unwahrscheinlich, dass ich die Lichter auf einer so großen Fläche finden würde. Pfeifend ging ich weiter, zum einen wollte ich ein wenig die Angst vertreiben, die in mir aufkeimte, zum anderen wollte ich schon weitem zu hören sein, sodass die Lichter mich vielleicht noch hörten, bevor sie mich sahen. Aber mit der Zeit wurde ich immer einsamer. Ich holte die Decke heraus und warf sie über mich, um mich vor Sonne und Staub zu schützen. Schon bald dämmerte es und ich hatte immer noch nichts von den Jungs gesehen. Traurig ließ ich mich neben einem Fels nieder und versuchte ein Feuer zu machen, leider ohne Erfolg. Also verschluckte mich relativ schnell die Dunkelheit und ich versuchte zu früh wie möglich einzuschlafen und meine Angst einfach zu verschlafen. Erstaunlicherweise gelang mir das sogar, da meine Beine so erschöpft waren und ich die ganze letzte Nacht keinen Schlaf abbekommen hatte. Meine Augen fielen mir einfach zu und ich rutschte in das Reich der Träume.

Die ersten Sonnenstrahlen wärmten bereits meine Wangen, als ich aufwachte. Ich war ein wenig stolz, ganz ohne Alpträume geschlafen zu haben. Nachdem ich einen großen Schluck Wasser getrunken und mein Brot gegessen hatte, macht ich mich wieder auf den Weg. Es war deprimierend, dass alles gleich aussah und ich nicht einmal wusste, ob ich überhaupt in die richtige Richtung lief. Bis die Mittagssonne über mir brannte, hatte ich nichts ungewöhnliches entdeckt, doch jetzt sah ich in der Ferne Gestalten herumlaufen. Ich rief nicht, aus Angst es könnte irgendwelche Fremde sein, die vielleicht gefährlich waren, aber je näher ich kam, desto genauer konnte ich die einzelnen Lichter erkennen. "Newt! Minho! Brenda!", schrie ich. "Ich bins, hallo!" Mit wedelnden Armen lief ich auf sie zu. "Das ist Cassandra!", hörte ich Brendas Stimme. Die Lichter kamen mir entgegen gerannt. "Du hast es geschafft, wie bist du erwischt?", rief Minho, noch bevor ich bei ihnen angekommen war. Er war der erste den ich erreichte und dem ich um den Hals fiel. "Sie haben mich laufen lassen!", erklärte ich und umarmte Brenda. "Wie, die haben dich laufen lassen?", hakte Brenda nach. Ich wollte mich auf Newt stürzen und ihn küssen, aber er zog sich vor mir zurück, umarmte mich nicht einmal. "Der ist schon den ganzen Morgen so!", erklärte Minho auf meinen enttäuschten Blick. "Newt, ich bin wieder da! Freust du dich nicht?", fragte ich und versuchte die Tränen, die in mir aufstiegen zu unterdrücken. "Doch, natürlich!", murrte er. Was war mit ihm los? "Erzähl uns alles!", sagte Minho und zog mich von Newt weg. Um mich davon abzulenken, dass Newt mich nicht hatte begrüßen wollen, erzählte ich Minho, Brenda, Jorge und auch noch anderen Lichtern ausführlich von meiner Gefangenschaft. Von Sonya und Harriet und das sie eigentlich total nett waren, vor allem Sonya. Die freuten sich wenigstens darüber, dass ich wieder da war.

Wir wanderten weiter, bis es dunkel wurde und wir ein Lagerfeuer machten. Newt saß weiter abseits von uns und hatte noch keine vernünftige Unterhaltung mit mir geführt. Als sich die Lichter erschöpft hinlegten ging ich zu ihm hinüber. "Hey!", begrüßte ich ihn. "Hi", gab er etwas gezwungen von sich. "Was ist los mit dir? Warum freust du dich nicht, dass ich wieder da bin?" Er brummte. "Tu ich doch." Ich lachte, aber es klang hohl und war nicht echt. "Nein, tust du nicht. Und ich will wissen warum!" Er zuckte nur mit den Schultern. Ich wartete auf eine Antwort, doch es kam keine. "Hab ich was falsch gemacht, oder...", versuchte ich, doch er brummte wieder nur genervt. "Es ist nichts. Mir geht es gut und noch besser würde es mir gehen, wenn du mich jetzt einfach in Ruhe lassen würdest!" Das war wie ein Schlag in die Magengrube. "Wie du willst!", fauchte ich und stapfte in Richtung Brenda, wo ich mich hinlegte. Ich fragte mich was nur mit Newt nicht stimmte und warum er so gemein zu mir war. So behandelte man seine Freundin nicht. Mit diesen Gedanken schlief ich ein.

Maze Mädchen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt