8. Kapitel

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Die Zeit war so eine überflüssige und extrem nervige Sache. Wollte man bloß für ein paar Stunden die Augen schließen und seinen Frieden finden, waren diese schon nach gefühlten Sekunden wieder vorbei, doch wartete man auf etwas, wie ich heute Abend auf die Versammlung der Hüter,schien die Zeit kaum vorbei gehen zu wollen. Sie kroch nur langsam, in kleinen Schritten vorwärts, die für mich die reinste Qual waren. Ich frühstückte mit Chuck und wurde danach Winston zugeteilt. Der war leider Schlitzer, ein ziemlich ekliger Beruf. Zuerst zeigt er mir die ganzen Vierbeiner, Ziegen, Esel und auch Schweine. Wir füttern sie gemeinsam, aber reden gehört nicht mit zu seinen Lieblingsbeschäftigungen. Er war die ganze Zeit über sehr schweigsam und schüchtern, aber dafür unterhielt ich mich mit Wau, einem total süßen Labrador der in den Ställen kläffend auf und ab lief. Er hing sich an unsere Fersen und wich uns nicht mehr von der Seite. Die erste Stunde bei Winston war noch ganz in Ordnung, zwar ein wenig langweilig, aber um einiges besser, als das was danach folgte. Winston holte eine noch ziemlich junge Ziege aus dem Gehege, band sie an einem Balken fest und holte eine Axt. "Was machst du da?!", fragte ich ihn entsetzt, doch er zuckte bloß mit den Schultern. "Bratpfanne braucht halt was zum kochen. Was glaubst du denn, was wir die ganze Zeit essen?" Ich schluckte schwer. Die kleine Ziege scharrte mit den Hufen, doch im nächsten Moment schwang Winston seine Axt und ließ sie auf die Mitte des Halses der Ziege zu rasen. Gerade noch rechtzeitig hielt ich mir die Augen zu, hörte allerdings das widerliche Geräusch als Winston den Knochen durchbrach und die Ziege ein letztes Krächzen von sich gab. Stumpf fiel ihr Kopf auf den Boden. Als ich zwischen meinen Fingern hindurch lugte sah ich eine riesige Blutlache vor mir und blickte direkt in die toten Augen der kleinen Ziege. Tränen so wie Galle stiegen in mir auf. Ich entschuldigte mich kurz bei Winston ehe ich die Tür aufstieß und in Richtung Waldrand lief. Dort lehnte ich mit den Armen an einen Baum und erbrach mich.
Es schüttelte mich und Tränen flossen über meine Wangen, solange bis ich mich völlig leer fühlte. Ich hustete noch einmal und wischte mir die Tränen weg. Wie kaltherzig konnte man nur sein? Schlitzer war auf jeden Fall kein Beruf für mich! Ich würde demnächst auch darauf achten, kein Fleisch mehr zu essen.
Winston hatte Verständnis dafür, dass ich nach dem Schlachtungsprozess nicht mehr bei ihm zuschauen wollte. Er sagte, dass es den meisten so ging. Was für eine Überraschung.
Also saß ich den halben Nachmittag an eine der Tore gelehnt und dachte über Gott und das Leben nach. Tom? Fragte ich nach einer Weile. Wo seit ihr, wie lange braucht ihr noch und wann kommt ihr? Ich war so aufgeregt und konnte es kaum erwarten vor den Hüter zu sprechen und sie von meiner Meinung zu überzeugen. Cass, wir sind im Labyrinth, das dürfte eigentlich keine Überraschung für dich sein.
Meine Mundwinkel zuckten. Ja, ich weiß, aber wie lange braucht ihr noch so ungefähr? Bohrte ich nach.
Wir kommen wenn es soweit ist, wenn wir hier fertig sind! Super Antwort.
Jetzt hör auf so ungeduldig zu sein und tu irgendwas sinnvolles!
Ja aber ich hab nichts zu tun! Entgegnete ich.
Bist du nicht irgendeinem Hüter zugeteilt? Erkundigte sich Tom.
Doch. Winston. Tom hast du gesehen, was der mit den Tieren macht? Das ist sowas von kaltherzig und gehört verboten!
Ich spürte Toms kichern. Oh ich weiß was du meinst. Ich war auch schon bei Winston, dass ist echt widerlich was der da für uns tut.
Für uns? Meine Stimme wurde ein wenig schrill. Das, das darf er nicht tun, wir müssen ihn stoppen...
Cass, die Lichter brauchen was zu essen. Die Box kommt nicht mehr rauf, also geht es hier ums überleben! Wir haben Glück, dass wir noch ein paar Tiere haben, bald gehen uns die Vorräte aus und dann... naja ich weiß auch nicht. Ich schluckte. Das war die größte Sorge der Lichter. Deshalb mussten wir einen Ausweg finden, da uns sonst die Lebensmittel ausgingen und wir elend verhungern würden.
Cass, bitte überdenk deine dumme Idee noch einmal! Glaub mir, das hier draußen ist nichts für dich.
Ich schnaubte. Ach, Tom. Mit dir kann man wirklich nicht gut reden.
Und damit beendete ich unserer Gespräch. Ich fand es wirklich goldig wie Newt und Tom sich um mich sorgten und mich beschützen wollten, doch irgendwie war es auch ganz schön nervig. Ich konnte auf mich selbst aufpassen und eigene Entscheidungen treffen.
Den restlichen Nachmittag verbrachte ich mit Langeweile, Gedanken an meine kleine Rede und rumschlendern. Manchmal konnte einer der Lichter meine Hilfe gebrauchen und ich packte bereitwillig mit an, doch der Abend ließ trotzdem auf sich warten.
Als es endlich dunkel wurde und die Läufer in den kartenraum rannten, breitete sich in mir ein mulmiges Gefühl aus. Aufregung, gemischt mit Vorfreude und Angst.
Die Tore hatten sich bereits geschlossen, als die Hüter und ich uns in einem kleinen Raum zusammenfanden. Jedem der Hüter war ein Stuhl im Halbkreis zugeteilt, ich saß ihnen gegenüber, wie eine Angeklagte. "Also ihr Deppen, wir sind heute hier, weil...", Newt der die Ansprache hielt zögerte kurz und sah mich an. "Weil Cassy einen bestimmten wunsch hat." "Ich will Läuferin werde !", verkündete ich stolz. Einige Hüter warfen mir irritierte blicke zu. "Setzt dich wieder, Cassy. Du darfst nur sprechen wenn du gefragt wirst." Ich nickte entschuldigend und zog meinen Stuhl wieder an mich heran. "Ja. Cassy will Läuferin werden und das Labyrinth erkunden und uns helfen einen Ausweg zu finden. Sie wird uns jetzt eine kurze Erklärung liefern, dann gibt jeder dazu seine Meinung ab und am Ende stimmen wir darüber ab, ob sie ein paar Probe Tage als Läufer bekommt und sich für den Job eignet." Alle im Raum nickten. Dann wurde das Wort an mich übergeben und ich erklärte den Hütern was ich auch meinen Freunden gesagt hatte. Das ich etwas verändern wollte und so weiter. Die Lichter hörten mir aufmerksam zu, Newt bedachte mich von der Seite mit bösen Blicken, die ich jedoch geflissentlich ignorierte. Stattdessen sah ich zu Gally, der mir bekräftigend zunickte. Als ich fertig war brach Gemurmel unter den Jungen aus. Newt brauchte einen Moment um sie zum schweigen zu bringen. "Also, Bratpfanne, fang du an." Bratpfanne kratzte sich an seinem Bart. "Also ich sehe keinen Grund Cassandra nicht ins Labyrinth zu lassen. Ich meine wir sind doch keine Rassisten und wollen Mädchen gegenüber nicht unfair sein, von daher, wenn sie unbedingt will... Meine Stimme hat sie!" Er zwinkerte mir zu und ich lächelte ihn dankbar an. "Winston!" Der Schlitzer räusperte sich. "Naja, ich weiß nicht. Sie ist halt ein Mädchen, unser einziges. Wollen wir das direkt ins offene Messer laufen lassen? Ich hab gesehen, als sie heute bei mir war, dass sie mit viel Blut und so nicht gut klar kommt, deshalb wäre Schlitzer keine gute Wahl für sie und ich weiß nicht ob das Labyrinth da das richtige ist. Andererseits hat sie mich die ganze Zeit mit irgendwelchem klonk zugetextet, dass sie alle jobs bis jetzt neppig findet und keiner zu ihr passt. Vielleicht ändert das Labyrinth ja ihre Meinung. Also ich weiß noch nicht, ich höre mir erst noch die anderen Sachen an und stimme dann ab." Newt nickte Winston zu und ein leichtes Lächeln schon sich auf sein Gesicht. Mich ärgerte es bloß.
Ein paar weiter Lichter stimmten Bratpfanne zu, andere Winston, indem sie sich noch nicht sicher waren und einige Clint, der strikt gegen meine Pläne war. "Sie unser einziges Mädchen, das sollten wir nicht in Labyrinth schicken. Vielleicht brauchen wir sie hier noch und überhaupt. Wir können nicht alle Frischlinge Läufer werden lassen!" Auf meinen Zwischenruf, dass ich mit großer Wahrscheinlichkeit die letzte war, die auf die Lichtung geschickt wurde, ging er nicht weiter ein und ich fing mir einen bösen Blick von Newt ein. Als Gally an der Reihe war, hielte alle scheinbar die Luft an und warteten gespannt auf seine Aussage. "Meiner Meinung nach.", began Gally und erhob sich. "Sollten wir Cassandra unterstützen. Ihr Möglichkeiten geben sich zu beweisen und vielleicht Veränderungen zu vollenden. Ich stehe ganz klar hinter ihr und werde ihr helfen ihren Plan Läuferin zu werden umzusetzen." Als er sich setzte zwinkerte er mir verschwörerisch zu was ich mit einem kleinen Lächeln erwiderte und Newt mit einem finstern Blick quittierte.
Nun hatten alle Hüter ihren Senf dazugegeben, alle bis auf Newt. "Ich muss mich, so leid es mir tut, Cassy, Clint anschließen. Wir dürfen dein Leben nicht aufs Spiel setzten mit einem so lächerlichen Kram. Wir brauchen dich hier und nicht tot und da draußen." Das waren seine letzten Worte. Ich starrte ihm böse entgegen, doch diesmal versuchte er mich zu ignorieren. "So also, alle die dafür sind, dass Cassy eine Probezeit als Läuferin erhält heben nun die Hand." Bratpfannes schnellte sofort nach oben, gefolgt von Minhos und Gallys. Ich hob meine auch, nur für den Fall der Fälle, doch als Newt den Kopf schüttelte, ließ ich sie wieder sinken. Nachdem Newt die drei Jungen, die hinter mir standen beim Namen gennant hatte, hob auch noch Winston zögerlich seine. "Gegen eine Probezeit ist ja nichts einzuwenden.", murmelte er. Vier waren also für mich. "Und jetzt heben alle die Hand die gegen Cassys Pläne sind!", sagte Newt und hob sogleich seine Hand. Auch Clint und Zart waren dagegen, doch sie waren in der Minderheit. Ich würde Läuferin werden. Ein breites Grinsen stahl sich auf mein Gesicht, als Newt meine Probezeit für morgen offiziell bekannt gab und die Hüter entließ. Ich wartete bis ich draußen war, doch dann konnte ich mich nicht mehr beherrschen und fing an zu singen, tanzen, auf und ab zu hüpfen und zu quietschen. "Wehe das machst du morgen auch.", sagte Minho. Ich fiel ihm um den Hals. "Nein, ich doch nicht. Niemals. Aber vielen Dank für deine Unterstützung!"
Minho lächelte. "Geh heute früh schlafen, für morgen musst du ausgeschlafen sein!"
Ich nickte, bevor ich in Richtung Gehöft rannte. Dort standen wie erwartet Tom und Chuck und warteten auf die Entscheidung der Hüter. "Und?", fragte Tom und sprang auf. "Ich habs geschafft!", rief ich überglücklich. "Ich kriege eine Probezeit als Läuferin!" Chuck umarmte mich Stürmig. "Super!" Tom stand etwas bedröppelt daneben. "Glückwunsch.", murmelte er, aber die Reaktion hatte ich ja erwartet. Warum sollten meine besten Freunde hier, sich auch über meinen Erfolg freuen? Aber immerhin Chuck lächelte mir zu.
Als wir uns am Abend schon früh hinlegten, war für mich an Schlaf nicht zu denken. Ich war viel zu aufgeregt, morgen das Labyrinth endlich von drinnen sehen zu können. Erst spät in der Nacht fand ich endlich ein wenig unruhigen Schlaf.

Hallo Menschen!
Ich freue mich wirklich, wenn ihr bis hier durchgehalten habt und auch diese Worte noch lest. Wenn das der Fall sein sollte, lasst mir doch gerne eure Meinung zu diesem Kapitel da<3
Hab euch lieb

Maze Mädchen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt