Überraschender Besuch

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Hayley

Das vehemente Klingeln an meiner Wohnungstür brachte mich dazu, mich aus meinem kleinen Nest heraus zu kämpfen. Seit vier Wochen hatte ich bei niemandem mehr gemeldet. Louis und Niall wussten was Sache war, Maya vermutlich auch. Aber ich schämte mich zu sehr um bei Emma oder gar Grace rate zu suchen. Die beiden ließen sich nie etwas zu Schulden kommen.

Es war schwer einen Fehler einzugestehen, wenn deine gegenüber nahezu perfekt waren. Deshalb hatte ich mich verkrochen und suhlte mich in meinem Elend. Nebenher arbeitete ich an ein paar Grafiken für kleine Aufträge. Die wirklich großen bekam ich noch nicht, weil ich nicht lange genug in meiner Agentur war.

Grade hatte ich es mir aber mit Harry Potter gemütlich gemacht und war ganz versunken in den fünften Teil. Auch wenn ich diese blöde Schickse einer Lehrerein am liebsten umgebracht hätte, ich fand es wichtig, dass das Hungermonster in mir von Anfang an in die richtige Richtung gelenkt wurde.

Müde schleppte ich mich zur Wohnungstür und sah zuerst durch den Türspion. Vor meiner Haustür stand niemand anderes als Niall. Perplex starrte ich einfach weiter durch den Spion und fragte mich, was er hier wollte. Er hatte mir doch klar und deutlich zu verstehen gegeben, dass er so nicht weiter machen konnte.

„Hayley, mach auf. Ich weiß, dass du grade vor der Tür stehst." Niall klopfte ein paar Mal gegen die Tür und ich taumelte einige Schritte zurück. Ich musste erst ein paar Mal tief durchatmen, bevor ich bereit war, den Mann meiner Träume hinein zu lassen.

Langsam öffnete ich die Tür und blinzelte ihn ein paar Mal an. Als würde er verschwinden wenn ich das nur oft genug täte. „Hey", begrüßte ich ihn mit kratziger Stimme.

„Hey." Niall fuhr sich verlegen durch sein blondes Haar und brachte mich damit völlig aus dem Konzept. Diese kleine Geste genügte, um mein Herz quasi schmelzen zu lassen. Sie brachte aber auch gleichzeig so viele Schuldgefühle zum Vorschein, dass ich innerlich taumelte.

Ich wollte mich ihm an den Hals werfen, ihm sagen wie leid mir das alles tat und ihm um Vergebung anflehen, notfalls auf Knien vor ihm zu Kreuze kriechen. Aber das konnte ich nicht, oder vielmehr ich durfte es nicht. Niall jetzt zu berängen wäre wohl das dümmste, was ich tun könnte. Damit würde ich ihn nur noch weiter von mir wegtreiben.

„Lässt du mich rein?"

Verlegen trat ich einen Schritt beiseite und ließ ihn meine Wohnung betreten. Früher war es unsere Wohnung und ich fühlte mich schlecht, weil Niall noch immer die Miete zahlte, aber ich würde ihm ganz bestimmt jeden Cent zurückerstatten, sobald ich wieder flüssig war. In meinem neuen Job verdiente ich ganz gut und ich konnte von Zuhause aus arbeiten, was momentan und in den nächsten Monaten ein nicht zu verachtender Vorteil war.

Es war mir etwas unangenehm, dass er so ohne Vorwarnung hier aufgetaucht war. Die Wäsche türmte sich im Bad, das Wohnzimmer war unaufgeräumt, dreckiges Geschirr nahm nahezu die gesamte Spüle ein und auch unser Schlafzimmer hatte schon mal bessere Zeiten gesehen.

Hätte er vorher angerufen, hätte ich wenigstens den gröbsten Dreck beseitigen können, aber jetzt fühlte ich mich wie eine der Harz-IV Empfänger, die ich täglich im Assi TV bewundern konnte.

Erst seitdem ich das Haus kaum noch verließ hatte ich festgestellt, was für ein Schrott sowohl im deutschen, als auch im englischen Fernsehen ausgestrahlt wurde. Die Einschaltquoten waren allerdings astronomisch hoch, wie mir die Statistiken verrieten. Es war eine Schande für die heutige Gesellschaft.

„Wie...wie geht es dir", entwich es mir. Grade so konnte ich mich zurückhalten und behielt meine Mimik unter Kontrolle. War meine Stimme schon lange so heiser?

Imperfect PerfectionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt