Kapitel 4: Der Eine

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Runter vom Hügel in den Wald kamen die drei auf einen Pfad, der in Richtung Burg führte. Norlan hatte genug davon, von dem angeblichen Prinzen am Arm hinter sich hergezogen zu werden und versuchte krampfhaft sich von seinem eisernen Griff loszuwenden: „Woah halt, erklären Sie mir erst mal, was hier vor sich geht!"

Plötzlich hielt der Prinz an, dachte kurz nach und drehte sich um: „Wilhelm, wann denkst du werden wir ankommen, wenn wir im Schritttempo zu meinem Vater gehen?" Nach dieser Frage drehte sich Wilhelms Kopf fragend dem Himmel entgegen. Trotz den vielen Ästen und Zweigen, konnte er dennoch die exakte Position, der Sonne ausmachen. Er war geübt in solchen Dingen: „Hmm...Keine Sorge, mein Lord, wenn wir in keine Schwierigkeiten geraten, sind wir noch vor Sonnenuntergang hinter den Toren, der Burg."

Darauf ließ Lucius Norlans Arm los: „Na gut, denn gehen wir. Bleib dicht bei uns und wage es ja nicht den Weg zu verlassen." forderte der junge Prinz Norlan auf. Auf seinem Unterarm waren rote Flecken vom festen Griff, des Prinzen zu sehen: „Ja, alles klar, geht in Ordnung. Aua. Nun würden Sie mir verraten was hier-"

„Nein, zuerst möchte ich wissen, wie du denkst, hier gelandet worden zu sein. Du sagtest, du kämest nicht aus Dyarach?" fragte Lucius. So erklärte Norlan Lucius unter Vogelgezwitscher (oder was auch immer das für Kreaturen waren) in aller Ruhe von seinem Leben in Furroday und den Alpträumen. Der Prinz staunte nicht schlecht, als ihm bewusst wurde, dass neben ihm kein Lügner, sondern jemand aus einer scheinbar anderen Welt ging: „Interessant. Du scheinst wirklich nicht von hier zu sein. Wenn das alles stimmt, könntest du der Eine sein."

Norlan wunderte sich: „Der Eine? Wie meinen Sie das?" Er wollte gerade loslegen Norlan alles zu erklären, doch ein Rascheln in einem kleinen Gebüsch am Wegesrand, hielt ihn davon ab: „Was war das?" fragte Lucius und machte eine zeigende Geste mit der Hand, die Wilhelm signalisieren sollte, sich die Sache mal genauer anzusehen. Der Leibwächter zog sein großes Schwert und trat mit langsamen, schleichenden Schritten an das raschelnde Gebüsch. Als er nur noch wenige Meter davon entfernt war, hörte es auf einmal auf.

Angespannt stand Wilhelm nun da. Wartend auf die noch so kleinste Regung. Er war sich nach ein paar Minuten voller Warten sicher, dass es nur ein Tier gewesen sein musste und steckte sein Schwert zurück in die Halterung seines Gürtels, als er es plötzlich doch nochmal rascheln hörte. Blitzschnell zog er wieder sein Schwert hervor, doch alles, was aus dem Gebüsch kam, war eine kleine mausähnliche Kreatur mit acht Beinen, zwei kurzen Schwänzen und dem behaarten Körper und Kopf einer Maus oder Ratte.

Als sie Wilhelm in seiner strahlenden Rüstung sah, erschrak sie und verschwand mit einem leisen Piepsen. Erleichtert ließen alle drei einen Seufzer von sich.

„Hmpf. Da ist nichts." sagte Wilhelm und steckte sein Schwert wieder ein. Gerade als er dem Gebüsch den Rücken kehrte, hörten die drei ein lautes „JETZT!" und von scheinbar allen Seiten zeigten sich teils vermummte Gestalten, die Menschen zu sein schienen.

Die Räuber kamen mit allen möglichen Waffen: Schwertern, Dolchen, Äxten, Speeren. Es mussten mehr als zwei Dutzend gewesen sein. Wilhelm erkannte die Gefahr sofort und schlug, während er sein Schwert erneut zog, einem Banditen direkt ins Gesicht, welcher daraufhin bewusstlos zu Boden fiel.

„Norlan, nimm dir das Schwert von dem Banditen dort!" Lucius zeigte auf das Schwert, das neben dem bewusstlosen Banditen lag. Norlan wusste nicht, was er tun sollte. Das konnte doch nicht echt sein? In der Hoffnung, dass dies alles nur ein schlechter Scherz war, nickte er darauf und sprintete so schnell wie möglich dorthin. Gerade als er nach dem Schwert greifen wollte, kam ein Bandit geradewegs auf ihn zu. Ein Pfeil jedoch wendete das Blatt. Dem nun toten Räuber steckte ein Pfeil genau neben dem Ohr im Kopf. Er fiel zu Boden und schnell sammelte sich Blut auf dem trockenen Waldboden.

Norlan war geschockt. Da wurde eben tatsächlich jemand getötet! Das war kein Fake. Er hatte selbst gesehen, wie sich der Pfeil in den Kopf stieß. Zitternd am ganzen Körper spürte er, wie ihm schlecht wurde. In ihm kochte langsam aber sicher das Adrenalin hoch. Schnell schaute er zu Lucius, der ihm kurz drauf zunickte. Er nickte zurück und nahm das Schwert endlich in seine zitternden Hände. Wenn das nur ein Traum war, denn könnte er bitte jetzt aufwachen.

Mit bewundertem Blick schaute er sich um und beobachtete noch einen Augenblick Lucius und Wilhelm. Lucius, welcher mit Schnelligkeit und Reflexen jedem Angriff auswich und sich mit seinem eleganten, vergoldeten Bogen durch seine Gegner schoss und Wilhelm, welcher jeden Angriff erfolgreich parierte und sein Schwert mit unglaublicher Kraft auf die Banditen sausen ließ. Sie töteten diese Leute wirklich.

Wieder gefangen, verspürte Norlan auf einmal einen Willen. Das Adrenalin löste etwas aus, was er sich selbst nicht erklären konnte. Ein Verlangen. Das Verlangen zu töten. Der Schock und die Übelkeit schienen wie weggeblasen, nach der Erkenntnis, dass das nur ein weiterer Traum sein konnte. Er schloss die Augen und atmete tief ein und aus. Jetzt ging es nur noch um eins: Töten oder getötet werden. Die angreifenden Räuber, die es auf ihn abgesehen hatten, waren nur noch wenige Meter entfernt.

Mit beiden Händen am Griff des Kurzschwertes, rappelte er sich auf und stürzte er sich mit einem zornigen Blick in die Horde der verbliebenden Räuber. Seine Reflexe ließen ihn jeden Schlag ausweichen und sein Wille zu töten, ließ ihm das Schwert ohne Gnade durch die Herzen der Angreifer stoßen. Er spürte es. Er spürte, wie eine ungeahnte Kraft seinen Körper durchfloss.

Ein Bandit nach dem Anderen fiel zu Boden. Als auch nur noch eine Hand voll Angreifer vorhanden war, fand Norlans Kraft allmählich ein Ende. Er wurde so schwach, dass er einmal vergaß einem Angriff auszuweichen und wurde knallhart von einem Dolch am rechten Oberschenkel getroffen. Schreiend fiel er auf die Knie und ließ das Schwert auf den Boden fallen. Ihm wurde schwindelig. Er sah, wie der Bandit lachend zum tötenden Schlag ausholen wollte, bis ihn plötzlich ein Pfeil traf. Tot war er. Es wurde ihm immer schwärzer vor Augen, so, als würde er gleich in Ohnmacht fallen. Das Letzte, was Norlan hörte, bevor er bewusstlos vor Erschöpfung wurde, war Lucius' Stimme: „Wilhelm, wir müssen ihn sofort zu Vater bringen! Er ist es..."     

Kylak's WarWo Geschichten leben. Entdecke jetzt