Im Galopp preschte das Heer zur brennenden Festung, vorbei an Lichtungen und weiteren Wäldern.
„Wie...wie ist das möglich?" schrie Lucius entsetzt.
Die Zeit, die sie zur Festung brauchten, vergaß Norlan schnell und starrte fassungslos auf den schier endlosen Rauch, der hinter den teils stark beschädigten Mauern aufstieg. Waren sie doch zu spät? In einiger Entfernung sahen sie hunderte, wenn nicht sogar tausende von den scheinbaren Angreifern. Sie umzingelten die Festung, griffen von allen Seiten an. Die Schwärze der Nacht wurde von fliegenden Feuerbällen verfälscht. Es glich einem Inferno.
„Wilhelm, Fina, ihr kommt mit mir! Isaac, du greifst mit Norlan und Anna, die linke Seite an! Flankiert sie!"
Norlan glaubte nicht richtig zu hören. Anna sollte mit angreifen? Sie war doch erst verdammte 12 Jahre alt! Krieg hin oder her, aber dies schien ihn schon große Sorgen zu bereiten.
„Verstanden, Mylord!" antwortete Isaac.
„In der Mitte aufteilen!" rief Lucius zu den Soldaten hinter ihnen. Das Heer teilte sich wie ein Reißverschluss entzwei und die zwei entstandenen Einheiten folgten ihren Anführern nach links und rechts. Doch Norlans Blick richtete sich nicht nach vorne, sondern folgte der nun immer schmaler werdenden Silhouette Finas. Flüchtig sah sie nochmal zu ihm herüber bevor sie im Schutz der Dunkelheit verschwand. Hoffentlich würde ihr nichts geschehen.
„Mir nach!" rief Isaac und die Soldaten formierten sich in Form einer Traube zu einer geballten Kraft aus scharfem Stahl und spitzen Lanzen. Norlan wandte sich nach vorne und erblickte die Horden gegnerischer Ritter, Bogenschützen und Magiern. Je näher sie jedoch den Angreifern kamen, desto mehr wurde klar, dass diese Krieger komisch zu sein schienen. Die Verteidiger auf den Mauern bewiesen sich im Schein der flackernden Flammen als menschliche Schützen Dyarachs, im Gegensatz zu ihren Widersachern. Es war, als wären sie Schatten. Unwirkliche Gestalten in rostigen, alten Rüstungen, welche man in der Dunkelheit nicht genau erkennen konnte.
„Norlan, hör mir zu!" rief ihm Isaac zu seiner Linken zu „Wir werden sie jetzt volle Breitseite attackieren! Du bleibst dicht an meiner Seite, klar?"
„Ja, keine Sorge! Aber Isaac, was sind das für-"
„ANGRIFF!" Isaacs Stimme verschluckte seine Frage. Kampfwütig schrien die Soldaten auf ihren schnaufenden Rössern und erhoben ihre Kriegsgeräte, stürmend in die feindlichen Linien. Norlan zog sein Schwert, Isaac seinen Kriegshammer und Anna machte sich bereit den Gegnern ordentlich einzuheizen, wortwörtlich.
Die Berittenen änderten ihre Formation schlagartig. Anscheinend wollten sie die Angreifer förmlich als eine große Kette einkesseln, dachte Norlan. Als er zu beiden Seiten blickte wurde ihm bewusst, welche Ausmaße diese Kette annahm. Filmgleich erstreckte sich die Front über mehrere hundert Meter, klappernden Rüstungen und wehender Fahnen.
Das Überraschungsmoment war auf ihrer Seite. Die zahlenmäßig unterlegenen Krieger schauten sich ungläubig um, als eine Schwadron königlicher Soldaten immer näher rückte.
Wenig später erreichten die ersten Soldaten, mitunter Norlan, Isaac und Anna, die bewaffneten Schatten. Norlan musste aufhören zu denken, wie Fina es gesagt hatte. Sie trainierte ihn seine Ängste zu unterbinden und sich eher auf den Kampf, als auf das schlechte Gewissen jemanden getötet zu haben, zu konzentrieren. Er musste kalt bleiben.
Auch wenn es ihm nicht leicht fiel, rauschte seine Klinge mit großem Schwung durch die Körper und Köpfe dutzender Kämpfer und eine schwarze Substanz blieb auf Norlans Schwert, die kurz darauf zu verdampfen schien. Während er einen um den anderen Krieger zu Fall brachte, weckten Zweifel in ihm. Was waren das für Wesen? Nur kurz abgelenkt, achtete er nicht auf einen darauffolgenden Angreifer, der mit seinem Speer in den Hals seines Pferdes stach. Es starb augenblicklich und warf ihn auf den harten Boden.
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Kylak's War
FantasyDas Schicksal einer Welt liegt im Herzen eines Helden ~ Der Krieg verwandelt das einst so schöne Reich Dyarach voller Magie, fremdartigen Kreaturen und ungeahnten Möglichkeiten in ein Schlachtfeld voller Elend, Blut und Tod. Als Auserwählter einer P...