Die Sonne schien Norlan mitten ins Gesicht. An einem so schönen Sommertag sollte er also in den Krieg ziehen. Verschwendung, dachte er. Er trat aus den Toren des Bergfrieds und sah, wie sich alle schon auf die bevorstehende Reise zur Ostfestung vorbereiteten. Nicht weit weg sah er Lucius und Wilhelm. Die Bürger schienen so beschäftigt, dass sie sie gar nicht sonderlich beachteten, als seien sie wie jeder andere auch.
Wilhelm hatte eine Liste in der Hand und hakte nacheinander die Dinge ab, die Lucius ihn bestätigte, während er nebenbei sein Pferd besattelte: „Proviant?"
„Haben wir."
„Waffen?"
„Alle bereit."
„So...wie sieht es mit der Route aus, mein Herr?"
„Durch's Tal, über den Hon, und dann die normale Ostroute. So sparen wir mehr Zeit, aber geh zu Anna und frag', was sie davon hält."
„Schon erledigt, Mylord!" nickte Wilhelm und stampfte an Norlan vorbei. Der Riese begrüßte ihn sogar mit einem kalten „Morgen" und er grüßte zurück.
Eine Aufgabe, sich irgendwie nützlich machen, das brauchte er jetzt. Lucius war hierbei wohl sein bester Ansprechpartner: „Guten Morgen, Lucius!" begrüßte er ihn.
„Ahh, guten Morgen, Norlan!" Lucius schwenkte seinen Kopf kurz nach hinten und machte den Sattel fest.
„Hast du irgendwas für mich zu tun?"
„Ja, Isaac hat dich vorhin gesucht. Geh mal zu ihm rüber." Er deutete auf Isaacs prachtvolle Schmiede.
„Gut, danke!" sagte Norlan und ging über den Hof zur Schmiede. Isaac klopfte währenddessen schon fleißig auf dem stählenden Amboss herum bis er ihn bemerkte und abrupt aufhörte: „Da bist du ja! Guten Morgen, mein Junge!"
„Guten Morgen, Isaac! Was möchtest du?" fragte er. Isaac legte den Schmiedehammer beiseite und stieß das heiße Stück Eisen in ein Becken voll Wasser. Das glühende Licht erlosch und rief eine große Menge Dampf, begleitet von einem leisen Zischen hervor. Erst, als er es wieder aus dem Wasser hob, wurde erkennbar, dass es die Klinge eines kurzen Schwertes war.
„So, das war die Letzte für heute. Den Rest mach' ich...wenn ich lebend wieder zurück komme." sagte er lachend und stellte die Klinge in eine kleine Halterung. Er wischte den Schweiß von seiner Stirn und sah rüber zu Norlan: „Ich möchte dir etwas geben, komm mal mit!"
Mit einer einladenden Handbewegung öffnete er die Tür zu seinem Haus und ging nach rechts zu einer sich auf dem Boden befindenden Klappe mit einem gewaltigen Schloss dran. Aus seiner Hosentasche holte er einen, wie Norlan fand, viel zu kleinen Schlüssel hervor und schloss es auf. Ein von Dunkelheit gefluteter Keller erstreckte sich durch eine kurze Treppe nach unten.
„Norlan, gib mir mal bitte die Fackel da an der Wand!" bat Isaac ihn und deutete auf diese hinter Norlan, doch er verneinte und zauberte eine kleine, aber helle Lichtkugel hervor.
„Na gut, so geht's auch." grinste Isaac und ging hinunter in den Keller. Die Lichtkugel begleitete jeden von Norlans Schritten auf der knarzigen Holztreppe. Im Keller selbst schien nicht viel zu sein. Ein paar Werkzeuge, kaputte Waffen und verstaubte Holzbretter. Weiter hinten, in der linken Ecke des quadratischen Raumes befand sich jedoch etwas, was von einem weißen Tuch verdeckt war. Isaac ging genau darauf zu und griff nach dem Tuch: „Weißt du, eigentlich wollte ich sie meinem Sohn schenken, sobald er erwachsen geworden ist, aber du brauchst sie im Moment viel eher."
Ruckartig riss er das Tuch runter, woraufhin beiden eine leichte Staubwolke ins Gesicht flog. Norlan hustete ein wenig, doch Isaac störte das nicht. Unter dem Tuch befand sich eine Truhe mit einem weiteren Schloss. Natürlich hatte Isaac den richtigen Schlüssel aus seiner anderen Hosentasche parat und öffnete es mit einem leisen Klicken. Norlan hatte derweil schon seine Lunge von diesen listigen Staubkörnchen befreit und blickte gespannt auf die Kiste. Mit beiden Armen hob Isaac den Deckel der Kiste hoch. Drin war ein schwarzer Stoff. Nein, viel mehr, als das. Stolz präsentierte Isaac sein Geschenk an Norlan in seinen kräftigen Armen: „Frihosiusleder. Das strapazierfähigste und widerstandsfähigste Leder in ganz Dyarach, kombiniert mit Stahl, geschmieden aus einem Meteorkern. Hält schon so manchen Schwertschlag ab und dämpft ihn zusätzlich! Ich hab sie noch mit etwas Fell vom Saidorma, damit sie warm hält."
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Kylak's War
FantasyDas Schicksal einer Welt liegt im Herzen eines Helden ~ Der Krieg verwandelt das einst so schöne Reich Dyarach voller Magie, fremdartigen Kreaturen und ungeahnten Möglichkeiten in ein Schlachtfeld voller Elend, Blut und Tod. Als Auserwählter einer P...