Kapitel 9.3: Freunde

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Der Pfeil traf Norlan genau auf die rechte Schulter, prallte ab und fiel zu Boden: „Ahh, das tut verdammt nochmal weh!" keifte er.

„Ich hab doch gesagt, konzentrier' dich!" rief Lucius mit großer Entfernung zu Norlan. Eigentlich war es ein schöner, sonniger Sommertag in Dyarach. Es war nicht so warm, wie in seiner Welt, was auch kein Problem darstellte, aber es war dennoch angenehm. Das einzig Nervige war das Blenden der Sonne in seinen Augen und die Folge, die daraus resultierte, war ein stumpfer Schmerz an den Stellen, auf die Lucius mit seinem goldenen Bogen, zielte und traf. Nach dem anstrengenden Muskeltraining mit Isaac und der heute langweiligen Trainingseinheit über Heilkunde mit Anna, in welcher er ihr heute endlich das Buch zurückgab, musste er auch noch versuchen diesen nervigen Pfeilen mit breitem stumpfen Kopf auszuweichen und das trübte seine Stimmung.

„Lucius, können wir kurz..." Norlan stoppte, als ihn ein weitere Pfeil diesmal an der linken Schulter traf und atmete schmerzhaft aus: „...eine Pause machen?"

Lucius bekam schon ein wenig Mitleid und hing seinen Bogen über den Rücken. Erleichtert ließ Norlan sich ins Gras des großen Trainingsplatzes, hinter dem Bergfried, fallen. Mit geschlossenen Augen bemerkte er gar nicht, wie Lucius sich ihm näherte: „Ist wohl nicht dein Tag, was?" sagte er und setzte sich neben Norlan ins Grüne. Er richtete sich auf und schaute mit einem Auge zu Lucius: „Nein, nicht wirklich."

Lucius stütze sich nach hinten mit seinen Armen und betrachtete die Grashalme, welche sich im sanften wind biegten: „Weißt du, ich hätte nie gedacht, dass du das wirklich durchziehst."

„Was?" fragte Norlan.

„Na, ich meine das Training, das Töten und vor allen Dingen, dein Schicksal zu akzeptieren. Von heute auf morgen ein Krieger zu sein. Ich wurde dort hineingeboren, aber du musstest dein gesamtes Leben umkrempeln." sagte er noch immer auf den Boden blickend.

„Das stimmt, aber darf ich dir was anvertrauen?" fragte Norlan schüchtern.

„Klar, was immer du willst." antwortete Lucius und schaute ihn mit seinen grauen Augen an.

„In meiner Schule wurde ich immer sehr gehänselt. Nicht weil ich schwach war, sondern ich denke mal einfach, weil ich mich nicht traute etwas zu sagen. Ich weiß, es klingt echt erbärmlich, aber das war mein Alltag. Anstatt mich zu wehren, ließ ich es einfach zu, aus Angst vor den Konsequenzen. Gerade, wenn man keine Freunde auf der neuen Schule hatte, war man so gut wie geliefert. Es den Lehrern zu sagen brachte auch nichts, weil sie mir entweder nicht glaubten oder mich schlichtweg nicht ernst nahmen und ignorierten. Deswegen hab ich mir immer vorgestellt, wie es wäre, ein echter Held zu sein. Ein Held, den die Leute anhimmelten und verehren. Jemand mit so großer Macht, dass er jeden bezwingen könne. Weißt du, was ich meine? Naja und deswegen konnte ich mich wohl so schnell hier einfinden."

„Du meinst, du hältst an deinem Traum fest?"

„Ja, das tue ich." bestätigte Norlan.

Lucius lächelte: „Dein Herz ist echt stark. Glaub mir, eines Tages wirst du ein Held sein und wir werden zusammen auch den Traum meiner Mutter verwirklichen."

Da fiel es Norlan wieder ein. Er hatte bis jetzt nicht ein einziges Mal Lucius' und Finas Mutter gesehen. Neugierig fragte er nach: „Danke. Ach ja, apropos deine Mutter...wo ist sie eigentlich?"

Sein Lächeln verging schlagartig und seine glänzenden grauen Augen blickten traurig gen Himmel: „Weit weg."

Norlan wusste zuerst gar nicht, was er damit meinte. Sobald er Lucius jedoch näher betrachtete, fielen ihm seine traurigen Gesichtzüge aus, was ihm vom Schlimmsten ausgingen ließ:„Oh, sie ist..."

„Tot, richtig."

Ihm stockte der Atem:„Das...tut mir echt leid."

„Ist schon gut, du hättest es eigentlich schon lange wissen sollen. Meine Mutter starb bei Finas und meiner Geburt. Mein Vater sagt, es sei ihr größter Wunsch gewesen, dass die Leute in Dyarach friedlich leben können. Das Xobar kam, konnte aber keiner ahnen. Darum werde ich alles in meiner Macht Stehende tun, um den Wunsch meiner Mutter gerecht zu werden und Dyarach weiterhin vom Krieg zu verschonen. Also wirst du uns hoffentlich helfen diesen elendigen Krieg zu gewinnen!" schmunzelte Lucius.

Norlans Mundwinkel verzogen sich zu einem kleinen Grinsen: „Natürlich, wir schaffen das schon!" sagte er voller Enthusiasmus.

Lucius klopfte ihm auf den Rücken: „Danke, mein Freund. Das bedeutet mir wirklich viel."

Norlan war auf einmal glücklich. Er wusste in seiner Welt nie wirklich, was es hieß Freunde zu haben und nun hatte er auf einmal Mehrere. Dyarach schien ihm langsam aber sicher ein besseres Zuhause zu sein. Er legte seine Hand auf die Schulter von Luicus: „Dafür sind Freunde doch da!"


Kylak's WarWo Geschichten leben. Entdecke jetzt