9 Sides Of You

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Den Rest des Trainings war ich gar nicht mehr so richtig dabei und grübelte nach. Die anderen trainierten weiter ihre Reaktion aber diesmal im ernsten und mussten einander gegenübertreten. Einige wurden verletzt und mussten ins Krankenzimmer. Als das Training vorbei war ging ich ohne ein Wort duschen und zog mich um. Mit Nala hatten wir abgemacht, dass ich als Erster gehen kann, und sie erst reinkommt, wenn ich meine Sachen fertig hatte. Trotzdem schloss ich zur Sicherheit ab. Als wir dann beide fertig waren, verabschiedeten wir uns von den anderen. Als Diego zu mir kam, sah ich auf den Boden, irgendwie bin ich immer noch in Gedanken versunken. „Kai, hör zu ich mag es nicht mit dir zu streiten, du bist wie ein kleiner Bruder für mich.", er machte eine kleine Pause, „Du bist immer noch sauer oder?" „Nein, aber ich will nicht dass ich ein schlechtes Verhältnis zu Riko habe. Es hat sich so angehört als wäre das alles komplett falsch, dabei kann ich nichts dafür.", murmelte ich leise, damit es niemand hört. „Es ist nichts falsch, du brauchst nur Zeit um es auch wahr haben zu können.", antwortete er mir darauf, „Also ist alles okay?" Ich sah ihn an. Er wollte wirklich nicht mit mir streiten. Genauso wenig wie ich mit ihm. Ich nickte und lächelte ihn leicht an.

Er lächelte zurück und sagte, dass er rechtzeitig kommt. Dann joggten Nala und ich wieder zurück zum Hauptquartier. Ohne auch nur ein Wort zu wechseln erreichten wir es nach einer halben Stunde. Ich verschwand sofort im Proberaum, ohne mir Gedanken darüber zu machen, etwas zu essen. Die anderen waren auch schon alle da. „Diego kommt rechtzeitig, wir müssen uns keine Sorgen machen. Wollt ihr noch einmal proben oder es lieber dabei belassen und von Anfang an gleich alles geben? Mit Diego proben wir so oder so noch mal. Da könnt ihr euch warm machen.", fragte ich die Gruppe. „Mir wär's lieber es jetzt dabei zu belassen.", meinte Joe. Der Rest nickte nur zustimmend. „Leute, wir brauchen eure Aufmerksamkeit.", Sasha klatschte in die Hände und wir alle sahen ihn mit vollstem Interesse an. „Eure Anzüge sind hier. Kai haben wir schon gefragt. Jungs mit dunkelblauem Blazer und Krawatte mit Hose. Und die Mädchen mit dunkelblauer Bluse und schwarzem Rock. Tragt sie wie ihr wollt. Den Gürtel habt ihr alle selber. Bitte zieht sie an bevor wir von hier verschwinden, damit sie uns ins Theater reinlassen. Wir haben angeben lassen, dass wir in unseren Anzügen kommen, deshalb ist es auch so wichtig.", erklärten Sasha und Sergey abwechselnd. „Gut. Wenn ihr es verstanden habt, geht was Essen und wir treffen uns dann um halb sechs.", beendete ich den Vortrag. Wieder nickten alle und verschwanden aus dem Raum.

Nur Riko blieb bei mir. Riko... „Ist alles okay?", fragte ich ihn. „Ich bin aufgeregt.", gab er zu, „Und ich darf keinen Pullover tragen." Ich lachte kurz auf. „Das ist es, was dich wirklich stört oder?" Er nickte leicht eingeschüchtert. Ich ging zu ihm hin, er versuchte mir auszuweichen aber landete mit dem Rücken an der Wand. Ich klappte seine Kapuze nach hinten, während er mich mit einem Blick ansah, den ich nicht definieren konnte. „Ich weiß nicht was du hast, es sieht so doch viel besser aus.", murmelte ich. Er wurde ein kleines bisschen rot. „Kai...", er beugte sich ein bisschen vor. Mein Herz setzte fast aus.

Und er musste niesen. Oh Schande, was war das gerade für ein Gefühl!? Ich trat von ihm weg und fing an zu kichern. „Was ist so lustig?", wollte er wissen und schniefte leicht. Mein kichern schwoll zu einem Lachen an. „Das sah grad so genial aus. Du hast kurz geschielt und wie ne Katze geniest.", mein Bauch tut schon weh. „Das ist nicht witzig!", rief er verzweifelt und boxte mir leicht in die Schulter. „Doch ist es!", entgegnete ich und lachte weiter. Riko zog seine Kapuze wieder über und ging aus dem Zimmer. Ich hörte auf zu lachen. „Riko warte!", ich lief ihm hinterher überholte ihn und versuchte ihm ins Gesicht zu sehen. Er wich mir aus. „Bist du beleidigt?", fragte ich mit einem Grinsen im Gesicht und zog an seiner Schulter um ihm dann ins Gesicht sehen zu können. Seine Wangen waren komplett rot und er sah auf den Boden. „Nein bin ich nicht.", brummte er. Ich ließ ihn los und hörte auf zu grinsen. „Du bist so ein schlechter Lügner.", meinte ich und steckte meine Hände in die Hosentaschen. „Bin ich nicht." „Doch bist du. Du bist der schlechteste Lügner den ich kenne.", entgegnete ich. „Wer weiß?", murmelte er und beschleunigte seinen Schritt. Ich ging ihm hinterher. Das ging nach hinten los. „Riko. Tut mir leid.", sagte ich leise. Er drehte sich zu mir um und lächelte leicht. „Schon okay." Nichts ist okay Riko. Ich will wissen was los ist.

Wir gingen in den Essraum und setzten uns zu Sasha und Sergey. Nach dem Essen gingen wir uns Umziehen. Die Kleidung lag schon in unseren Zimmern. „Sie haben sich echt Mühe gegeben.", meinte Riko und ich musste zugeben. Sie sahen besser aus als ich Gedacht hatte. Wir zogen uns in aller Ruhe um, doch als ich den Blazer überzog, merkte ich sofort dass es mir in dem Ding zu warm sein wird. Also ließ ich die obersten Knöpfe offen und band die Krawatte drüber, ließ sie aber auch locker, weil es sonst bescheuert aussehen würde. Ich drehte mich zu Riko um. Er hatte es ordentlich angezogen und sah mich nervös an.

„Willst du das wirklich so tragen?", fragte er mich. „Naja, es wird halt ziemlich warm.", versuchte ich es und kratzte mich verlegen am Hinterkopf. „Aber dann sieht man deinen Oberkörper...", machte er weiter und sah auf den Boden. „Es stört doch niemanden. Sollen die halt. Wenn mir heiß ist kann ich nichts-", versuchte ich zu erklären doch Riko unterbrach mich. „Ich will das aber nicht!", sagte er laut und sah mir ernst in die Augen. Mir wurde warm. Schon wieder. „Also mach das zu.", er ging zu mir hin und knöpfte mir alles wieder zu und zog die Krawatte enger. Das machte er mit leicht geröteten Wangen und trat dann zufrieden lächelnd weg. „Kleine Nervensäge...", brummte ich woraufhin Riko nur kurz lachte. Schließlich wurde es Zeit zu gehen und wir zogen unsere Gürtel über. Wir gingen noch kurz in den Proberaum um meine Gitarre zu holen und trafen uns an der Eingangstür mit den anderen. Auch ihre Anzüge sahen gut aus. Waren ja im Prinzip alles dieselben. Sasha und Sergey hatten ihre obersten zwei Knöpfe aufgeknöpft und ihre Krawatten waren locker. Ich sah zu Riko rüber, der die anderen nur leicht anlächelte.

Ich hob meine Hand zu meinem Blazer, doch er durchschaute mich sofort. „Versuch es gar nicht erst.", ermahnte er mich. „Ach und bei ihnen macht es dir nichts aus?", protestierte ich. „Sie sind eben nicht du.", meinte er und lächelte mich an. Ich seufzte, „Gehen wir." Als wir beim Theater ankamen, sahen wir sofort, dass die Räume voll waren und Diego wartete vor dem Eingang auf uns. „Hey.", begrüßten wir uns Gegenseitig und Diego sah Riko und mich ein wenig länger an. Er weiß als einziger was da bei mir abgeht wenn ich in Rikos Nähe bin und es frustrierte mich, das nicht einmal ich das wusste.

Wir begaben uns in unseren Proberaum und probten die Lieder von Diego. Dann war es endlich soweit. „Auf einen guten Auftritt", wünschte ich noch mal jedem der an mir vorbeiging und auf die Bühne trat. Riko blieb noch kurz stehen. „Wage es nicht, die Knöpfe zu öffnen.", flüsterte er mir zu und ging zu seinem Schlagzeug. Die Vorhänge waren noch geschlossen, trotzdem hörte man jetzt schon das Publikum schreien. Ich stellte mich mit meiner E-Gitarre auf die Bühne, das Mikro vor mir und Lucy stand mit ihrem eigenen Mikro neben mir. Wir nickten einander noch gegenseitig zu und ein Mann auf der anderen Seite kündigte die '9 Sides Of You', also unsere Band an und der Vorhang ging auf.

Downed AngelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt